In letzter Zeit wird zunehmend auch die Durchführung und Zulassung der so genannten Embryonenspende in Deutschland diskutiert, die wir als Embryonenadoption bezeichnen. Das ist Anlass für den Verein Spenderkinder, hierzu Position zu beziehen, denn auch die so gezeugten Kinder sind Spenderkinder. Die folgende Stellungnahme basiert auf einer Online-Befragung unserer Mitglieder, an der etwa ein Drittel teilgenommen hat, und einem Fragenkatalog, den wir für eine Anhörung beim Deutschen Ethikrat beantwortet haben.
Embryonenadoption ist keine Win-win-Situation, sondern eine ethisch und psychosozial herausfordernde Situation
Die Zulassung oder vermehrte Durchführung der Embryonenadoption in Deutschland wird teilweise vehement gefordert und dabei unkritisch als „Win-win-Situation“ beschrieben. Typisch dafür ist folgende Darstellung: „Infertilen Paaren kann hierdurch ihr Kinderwunsch erfüllt werden, die „Eltern“ der überzähligen Embryonen werden aus ihrem moralischen Dilemma befreit, vielleicht lebensfähige, aber von ihnen nicht mehr benötigte Embryonen der Vernichtung anheimzustellen, und – das ist entscheidend – die Embryonen selbst erhalten eine Chance zum Weiterleben.“1
Diese Darstellung birgt jedoch die Gefahr, die psychosozialen und ethischen Herausforderungen dieser Art der Familiengründung zu unterschätzen.
1. Was ist Embryonenadoption?
Unter Embryonenadoption verstehen wir die Weitergabe von bei In-vitro-Fertilisationen entstandenen Embryonen, die ursprünglich den Kinderwunsch der genetischen Eltern realisieren sollten, an andere als die genetischen Eltern.2
Den Begriff „Embryonenspende“ für diese Form der Familiengründung lehnen wir ab und finden wegen der Parallelen zur Adoption den Begriff „Embryonenadoption“ passender. Insbesondere stehen hinter den Begriffen „Spende“ und „Adoption“ unterschiedliche Konzepte, wie die Beziehungen zwischen den Beteiligten aussehen werden.3 Die Verwendung des Begriffs „Spende“ spiegelt die Intention der Reproduktionsmedizin wider, die Weitergabe des Embryos – wie bei Samen- und Eizellspenden – lediglich als Möglichkeit der Erzielung einer Schwangerschaft und nicht als eine gesonderte Form der Familiengründung zu viert (d.h. mit zwei genetischen und zwei sozialen Elternteilen) zu sehen.
Außerdem ist der Begriff der „Spende“ mit positiven, sozial anerkannten Assoziationen an eine „gute Tat“, „Großherzigkeit“ etc. verknüpft. Tatsächlich erwächst die Weitergabe überzähliger Embryonen aber aus einem moralischen Dilemma heraus, dessen Handlungsalternativen „Vernichten“ oder „Weitergeben“ beide ethisch bedenklich sind.
Bei der Frage, ob es ethisch geboten ist, die Embryonen durch Weitergabe an andere Paare nicht sterben zu lassen, muss berücksichtigt werden, dass es sich bei dem Großteil der in Deutschland in Reproduktionszentren gelagerten Embryonen nicht um Embryonen im Rechtssinn handelt, bei denen die Zellverschmelzung schon stattgefunden hat, sondern um so genannte Vorkerne, auch bezeichnet als imprägnierte Eizellen oder 2-PN-Zellen. Bei diesen ist das Spermium zwar bereits in die Eizelle gelangt, doch die Kerne von beiden Zellen sind noch nicht miteinander verschmolzen. Das genetische Material der Eltern ist daher noch getrennt, die Befruchtung wird durch das Einfrieren gestoppt. Auf diese Weise können Mediziner viele Eizellen in einem Zyklus befruchten, ohne gegen die im Embryonenschutzgesetz verbotene Vorratshaltung von Embryonen zu verstoßen.4 Da die eigentliche Verschmelzung der Zellen noch nicht stattgefunden hat, ist es nicht ganz fernliegend, dass es sich hierbei noch nicht um menschliches Leben handelt, dass geschützt werden muss. Für andere bedeuten dagegen vielleicht auch Vorkerne schon menschliches Leben, weil die Verschmelzung von Ei- und Samenzelle nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, ohne beide Zellen zu zerstören und die Zellverschmelzung stattgefunden hätte, wenn die Zellen nicht eingefroren worden wären.
Bei einer ausdrücklichen Zulassung würde die Embryonenadoption ein erlaubtes reproduktionsmedizinisches Verfahren darstellen, das auch bei der Unfruchtbarkeit beider Eltern oder der Frau die Einleitung einer Schwangerschaft ermöglicht und das außerdem eine hohe Erfolgsrate bietet und vergleichsweise kostengünstig ist.5
Es ist umstritten, ob die Embryonenadoption derzeit in Deutschland nach dem Embryonenschutzgesetz erlaubt ist.6 Trotz dieser rechtlichen Unklarheit und der fehlenden rechtlichen Regelungen des gesamten Verfahrens vermittelt das so genannte Netzwerk Embryonenspende jedoch bereits Embryonen (Kritik am Netzwerk Embryonenspende).
2. Embryonenadoption und Samenspenden sind nicht gleichzusetzen
Aus Sicht einer deutlichen Mehrheit unserer Mitglieder (78 % der Teilnehmenden an unserer internen Befragung) bestehen deutliche Unterschiede zwischen einer Samenspende und einer Embryonenadoption. Die meisten unserer Mitglieder stellen sich diese Zeugungsart als schwieriger für den auf diese Weise entstandenen Menschen vor und sind daher froh, nicht auf diese Weise entstanden zu sein.
Als bedeutendsten Unterschied zur Samenspende wird gesehen, dass das Kind bei einer Embryonenadoption mit beiden Elternteilen nicht biologisch verwandt ist. Das ist ein gravierender Unterschied zur Familiengründung durch Fremdsamenspende und stellt eine Parallele zur Adoption dar.7
Auch treffen Menschen aus Embryonenadoption, die ihr Recht auf Kenntnis ihrer genetischen Abstammung in Anspruch nehmen, nicht wie durch Samenspende gezeugte Menschen auf einen Spender und mögliche Halbgeschwister, sondern auf eine komplette Parallelfamilie, in der es Vollgeschwister und ein genetisches Elternpaar gibt. Ihnen wird sich die Frage stellen, wie es gewesen wäre, wenn sie bei ihrer leiblichen Familie hätten aufwachsen können, und warum sie in eine andere Familie gegeben wurden.
Als weiteren bedeutenden Unterschied sehen unsere Mitglieder, dass bei der Embryonenadoption nicht nur eine Keimzelle gespendet wird, sondern ein vollständiger Embryo. Ein Embryo wird vielfach bereits als Mensch gesehen.
Es gibt natürlich auch Gemeinsamkeiten zwischen Embryonenadoption und Samenspende: Eine Embryonenadoption ist wie auch die Samenspende ein Verfahren der künstlichen Befruchtung, mit denen ein Kind erzeugt wird, dessen Geburtseltern (teilweise) nicht seine genetischen Eltern sind. Sowohl bei durch Samenspende als auch bei durch Embryonenadoption gezeugten Menschen können negative Gefühle wegen des Aspekts bestehen, abgegeben und von den genetischen Eltern nicht gewollt worden zu sein.8
Sowohl eine Familiengründung durch Samenspende als auch eine durch Embryonenadoption stellt nicht nur die Befriedigung eines Kinderwunsches dar, sondern einen dynamischen und lebenslangen Prozess für alle Beteiligten. Es ist wichtig, die sozialen Eltern darüber aufzuklären, dass ihr auf diese Weise entstehendes Kind im Wissen um seine Entstehungsweise aufwachsen sollte.9 Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird es im Laufe seines Lebens Kontakt zu seinen genetischen Elternteilen aufnehmen wollen.10 Dieses Interesse ist auch von Adoptivkindern bekannt und unabhängig von der Beziehung zu den sozialen Eltern.11
3. Besondere Herausforderungen der Embryonenadoption
A Aus Sicht der durch eine Embryonenadoption gezeugten Kinder
Insbesondere aus der Perspektive der durch Embryonenadoption gezeugten Kinder bestehen große Herausforderungen aufgrund dieser Zeugungsart.
aa Fremdheitsgefühle – gehöre ich hier hin?
Bei Menschen, die durch eine Embryonenadoption gezeugt werden, sind genetische und soziale Eltern vollständig verschieden. Das kann zu Fremdheitsgefühlen gegenüber den sozialen Eltern führen12, während durch eine Eizell- oder Samenspende gezeugte Menschen zumindest mit einem genetischen Elternteil aufwachsen und sich an diesem orientieren können.
bb Herausforderung durch gespaltene Mutterschaft
Im Gegensatz zu Samenspende-Kindern werden Embryonenadoption-Kinder von einer anderen als der genetischen Mutter ausgetragen. Während die austragende Mutter dies häufig als positiven Aspekt bewertet, bedeutet es für das Kind den Umstand einer gespaltenen Mutterschaft. Dies möchte das deutsche Embryonenschutzgesetz ausdrücklich verhindern, da vermutet wird, dass dieser Umstand die Identitätsfindung des Kindes erschwert.13 Auch unsere Mitglieder schätzen in unserer internen Umfrage eine gespaltene Mutterschaft als schwieriger ein als die gespaltene Vaterschaft, da zwei Mütter entscheidend zur Entstehung des Menschen beitragen und eine eindeutige Unterscheidung in biologische Mutter und soziale Mutter nicht möglich ist. Dieser Zusammenhang erhöht außerdem den Grad der Künstlichkeit der Entstehungsweise dieser Menschen.
cc Zweite Wahl?
Bei Kindern, die als Embryonen abgegeben werden, besteht als Unterschied zu durch Samenspende gezeugten Menschen der Aspekt, dass es sich bei ihnen um die übrig gebliebenen Embryonen handelt, die nicht für gut genug befunden wurden, um sie der genetischen Mutter zum Austragen einzupflanzen.
dd Verletzung durch Abgabe durch die genetischen Eltern
Bei Menschen, die mit einer Samen- oder Eizellspende gezeugt wurden, wird eine der Keimzellen gespendet, damit daraus Leben entstehen kann. Bei einer Embryonenadoption wird dagegen bereits beginnendes Leben abgegeben. Es ist davon auszugehen, dass die Wahrnehmung eines Embryos als ein individuelles Wesen eher dazu führt, dass Embryonenadoption-Kinder ihre Abgabe weitaus persönlich verletzender erleben, als durch Samenspende gezeugte Kinder die Abgabe der Keimzellen durch den Samenspender.
Dadurch ergeben sich wichtige psychosoziale Parallelen zur Situation adoptierter Menschen:
Viele Adoptierte äußern, dass es wichtig für sie ist, den Grund zu verstehen, weswegen ihre leiblichen Eltern sie abgegeben haben. Es ist fraglich, ob z.B. der Grund, dass die Familienplanung abgeschlossen war, von durch Embryonenadoption gezeugten Menschen als Notwendigkeit für ihre Abgabe akzeptiert wird. Hinzu kommt, dass auch die Erzeugung der Embryonen kein Zufallsgeschehen war, sondern beabsichtigt. Die genetischen Eltern wünschten sich also durchaus ein oder mehrere Kinder und entschieden sich dafür ein Verfahren in Anspruch zu nehmen, das die Entstehung „überzähliger“, von den genetischen Eltern nicht gewünschter Embryonen, in Kauf nimmt. Das Elternpaar hat also von vornherein einkalkuliert, dass mehr Embryonen entstehen als dass sie Kinder austragen und versorgen möchten. Der Embryo, bzw. der daraus erwachsende Mensch erhält dadurch einen Objektstatus. Über ihn wird verfügt. Er wird erzeugt, verwendet, verworfen oder weitergegeben. Das ist per se eine Kränkung für ein Subjekt, ein Angriff auf seine Würde als Mensch.
B Herausforderungen für die genetischen Eltern
Ein Samenspender hat von vornherein die Absicht, seine Keimzellen einem Paar mit Kinderwunsch zu spenden. Bei einer Embryonenadoption wollten die genetischen Eltern zunächst ihren eigenen Kinderwunsch erfüllen. Erklärt das Paar die eigene Familienplanung für abgeschlossen, obwohl noch zuvor erzeugte Embryonen vorhanden sind, ergibt sich für das Paar ein moralisches Dilemma, wenn es die Vernichtung der erzeugten Embryonen oder der bereits imprägnierten Eizellen moralisch ablehnt.
Studien zu den abgebenden Eltern von Embryonenadoptionen ergaben, dass diese die Embryonen in stärkerem Maße als bereits existierendes Leben, einen Teil von sich oder bereits als ihre Kinder ansehen, als dies bei Keimzellspendern der Fall ist.14
Entscheiden sich die abgebenden Eltern für eine Weitergabe, müssen sie sich bewusst sein, dass ein Kind, das genetisch vollständig ihr eigenes ist, bei einer anderen Familie aufwächst. Die vom Netzwerk Embryonenspende betonte Solidarität durch die Weitergabe des Embryos an ein Paar, das sich bisher vergeblich ein Kind wünscht, übersieht diese emotionalen Herausforderungen an die abgebenden Eltern und suggeriert, einen Embryo könne man weitergeben wie ein nicht mehr gebrauchtes Kleidungsstück. Darüber hinaus ist der Fall denkbar, dass das abgebende Paar seinen eigenen Kinderwunsch mit einer In-vitro-Fertilisation nicht erfüllen konnte und Embryonen übrig bleiben, weil die Frau zum Beispiel gesundheitlich nicht mehr in der Lage dazu ist, ein Kind auszutragen. Die Umsetzung des aus Kindersicht wünschenswerten Kontakts im Sinne einer offenen Adoption kann dann eine ganz besonders große Herausforderung sein.
C Unterschied der Embryonenadoption zur Samenspende aus Sicht der Empfängereltern
Die sozialen Eltern eines durch Embryonenadoption erzeugten Kindes haben – wie bei einer Adoption – eine symmetrische Beziehung zum Kind, weil sie beide nicht mit dem Kind genetisch verwandt sind. Bei einer Keimzellspende ist die Beziehung dagegen asymmetrisch, da ein sozialer Elternteil gleichzeitig auch genetischer Elternteil ist. Diese ungleiche Ausgangsposition kann Spannungen zwischen den Eltern begünstigen.15
Aus Adoptivfamilien ist bekannt, dass es den sozialen Eltern häufig schwer fällt, auch den genetischen Eltern von Adoptivkindern einen wertschätzenden, würdigen Platz zu geben ohne sich zu ihnen in Konkurrenz zu fühlen. Dies ist jedoch wichtig, damit das Kind in keinen Loyalitätskonflikt zwischen den beiden Elternpaaren gerät, sondern alle Beteiligten nebeneinander anerkennen kann.16 Bei der Familiengründung durch Samenspende wird der genetische Vater des Kindes von den sozialen Eltern ebenfalls häufig als potenter Konkurrent des sozialen Vaters wahrgenommen,17 was immer noch viele Eltern davon abhält, ihre Kinder über ihre Entstehungsweise aufzuklären.
Bei der bei einer Embryonenadoption vorhandenen kompletten Parallelfamilie mit genetischem Elternpaar und leiblichen Vollgeschwistern ist zu vermuten, dass bei den empfangenden Eltern in noch stärkerem Maße Konkurrenzgefühle entstehen können. So äußern soziale Eltern in Embryonenadoptions-Familien in Studien die Befürchtung, dass eine Aufklärung der Kinder die bisherigen sozialen innerfamiliären Beziehungen zerstören könne.18 Entsprechend haben Studien ergeben, dass die Aufklärungsbereitschaft der sozialen Eltern in Embryonenadoptions-Familien noch geringer als bei Samenspenden ausfällt19, die Aufklärungsbereitschaft sich jedoch erhöht, je mehr Informationen über die abgebenden Eltern erhältlich sind.20
4. Embryonenadoptionen sollten – wenn überhaupt – nur unter strengen Voraussetzungen zugelassen werden
Wegen diesen erheblichen Herausforderungen an die so gezeugten Kinder, aber auch an die abgebenden und empfangenden Eltern, sehen wir eine mögliche Zulassung der Embryonenadoption sehr kritisch.
Diese Haltung beruht insbesondere auch auf den eigenen Erfahrungen der Mitglieder unseres Vereins: Durch eine Samenspende gezeugte Menschen sehen sich einer schwierigeren Familiensituation ausgesetzt als Menschen, die bei ihren genetischen Eltern aufwachsen. Die Familiengründung mit Hilfe eines Dritten wird von den Eltern oft ausgeblendet oder unterschätzt. Viele Spenderkinder werden nicht über ihre Zeugungsart aufgeklärt und erfahren diese, wenn überhaupt, nur zufällig oder in ungünstigen Situationen, wie einem Familienstreit oder erst im Erwachsenenalter. Möchten sie mehr über ihre genetische Abstammung erfahren, treffen sie oft auf Unverständnis oder negative Emotionen ihrer Eltern sowie auf Reproduktionsmediziner, die die Daten der Spender – rechtswidrig – nur unzureichend dokumentiert haben. Hinzu kommt, dass von ihnen Verständnis für die Situation ihrer Eltern erwartet wird und sie teilweise auch das Gefühl haben, diese schonen zu müssen und ihnen nicht die Belastung aufbürden zu können, dass sie sich für ihre Abstammung interessieren.21
Wir vermuten, dass die Situation für durch Embryonenadoption gezeugte Menschen noch schwieriger ist. Wegen dieser Herausforderungen an die Identitätsfindung spricht sich eine knappe Mehrheit unserer Mitglieder (46 %) grundsätzlich gegen die Zulassung der Embryonenadoption in Deutschland aus. Die andere große Gruppe (36 %) tendiert ebenfalls eher zu einem Verbot, kann sich aber eine Zulassung unter strengen Bedingungen vorstellen.
Dazu gehören:
A Frühe Aufklärung der Kinder und Auseinandersetzung der Eltern mit fortbestehender Unfruchtbarkeit
Studien zu Embryonenadoptions-Familien haben noch geringere Aufklärungsquoten als bei Familien erkennen lassen, die mit Hilfe einer Samenspende entstanden sind.22 Die so gezeugten Menschen werden sehr häufig möglicherweise nur durch Zufall, auf jeden Fall aber zu spät von ihrer Zeugungsart erfahren. Dieses Verhalten zeigt, dass die Eltern sich wenig mit ihrer Unfruchtbarkeit und den Herausforderungen einer Familiengründung zu viert auseinandergesetzt haben und ihren Kindern auch nicht selbstbewusst als „nur“ soziale Eltern gegenüber auftreten können.
Das bestätigt die Ansicht unseres Vereins, dass es nicht der richtige Weg ist, Familiengründungen mit Hilfe von Dritten (oder wie bei der Embryonenadoption mit Hilfe eines anderen Paares) alleine der Reproduktionsmedizin zu überlassen. Diese behandelt solche Methoden der Familiengründung vornehmlich wie ein medizinisches Problem, das durch eine Schwangerschaft gelöst wird, und nicht als einen dynamischen, unbegrenzten und lebenslangen Prozess für alle Beteiligten. Hinzu kommt außerdem das finanzielle Interesse der Reproduktionsmedizin, die entsprechenden Behandlungen und Untersuchungen vornehmen zu können. Daher bedarf es deutlicher rechtlicher Regeln, die diese Formen der Familiengründung größtenteils der Entscheidungsfreiheit der Reproduktionsmedizin entziehen.
Der Verein Spenderkinder fordert daher, dass Eltern, die ihr Kind mit Hilfe einer Eizell-, Samenspende oder durch Embryonenadoption bekommen, zur Aufklärung ihrer Kinder verpflichtet werden. Wie andere Verpflichtungen auch, die in das familiäre Umfeld eingreifen (zum Beispiel das Recht auf gewaltfreie Erziehung), wird die Durchsetzung dieses Rechts schwierig sein. Trotzdem würde die ausdrückliche gesetzliche Verpflichtung eine Leitwirkung auf die Eltern ausüben. Die rechtliche Verpflichtung sollte außerdem durch weitere Maßnahmen wie die Eintragung der genetischen Eltern im Geburtenregister und einer eingehenden psychosozialen Beratung flankiert werden.
B Parallelen zur Adoption erfordern intensive psychosoziale Beratung vor und nach der Geburt
Familiengründung mit Hilfe von Dritten – insbesondere aber die Embryonenadoption mit ihren sehr deutlichen Parallelen zur Adoption – sollten von einer intensiven psychosozialen Beratung sowohl vor als auch nach der Geburt des Kindes begleitet werden. Im internationalen Vergleich ist dies in Neuseeland der Fall.23 Konkret informiert werden sollte über die Notwendigkeit der Aufklärung des Kindes über seine Entstehungsweise sowie die zukünftige Situation, dass das Kind interessiert an einem Kontakt zu den genetischen Eltern sein kann und ein Recht hat, zu erfahren, wer diese sind. Außerdem sollte in Beratungsgesprächen auf mögliche Spannungen aufgrund der mangelnden Verwandtschaft zu dem Kind und die notwendige Auseinandersetzung mit der eigenen Unfruchtbarkeit eingegangen werden.
Idealerweise sollte das Kind im Wissen um seine Entstehung aufwachsen um eine kontinuierliche Identitätsentwicklung zu ermöglichen.24 Das bedeutet, Fragen des Kindes zu seiner Entstehung von Anfang an altersgemäß aber ehrlich zu beantworten. Erste Fragen dazu treten in der Regel im Kindergartenalter auf. Eine Geheimhaltung der Entstehungsweise kann auf die Dauer nicht nur eine Belastung für die Eltern darstellen, sondern bedeutet auch eine Bevormundung des entstandenen Menschen, die Werte wie Aufrichtigkeit und Gleichwertigkeit der Familienmitglieder untergräbt.
Adoptionsbewerber werden intensiv auf die Herausforderungen einer Adoption vorbereitet und auch nach der Adoption weiterhin betreut. Dies findet bei Eltern, die ihre Kinder mit einer Eizell-, Samenspende oder durch Embryonenadoption bekommen, nicht statt. Wir erwarten daher, dass eine verbesserte psychosoziale Beratung auch zu einer verbesserten Aufklärungsquote führen wird. In Großbritannien sind Reproduktionsärzte und -kliniken außerdem verpflichtet, Wunscheltern darauf hinzuweisen, dass sie ihre Kinder über ihre Entstehungsart aufklären sollten.
C Offenes Verfahren der Weitergabe
In Neuseeland kann eine Embryonenadoption nur in einem offenen Verfahren durchgeführt werden, bei dem die abgebenden und die empfangenden Eltern Kontakt zu einander aufnehmen.25 Ein ähnliches Verfahren sieht das christlich geprägte Snowflake Programm in den USA vor.26 Das deutsche Netzwerk Embryonenspende praktiziert mit einer Anonymität von abgebenden und empfangenden Eltern das Gegenteil.
Ein offenes Verfahren vermittelt sowohl abgebenden als auch empfangenden Eltern sichtbarer und spürbarer die Herausforderungen dieser Art der Familiengründung.
Für die abgebenden Eltern kann die Offenheit die Abgabe sowohl erschweren als auch erleichtern. Sehen die abgebenden Eltern die Weitergabe der Embryonen vor allem als Spende und Akt der Solidarität (so die Darstellung des Netzwerks Embryonenspende), zwingt die bewusste Auseinandersetzung mit den Empfängereltern sie dazu, sich damit auseinanderzusetzen, dass ein von ihnen gezeugtes Kind tatsächlich entstehen kann und bei anderen Eltern aufwachsen wird. Gleichzeitig kann für die abgebenden Eltern aber die Möglichkeit, Wünsche über die Empfänger zu äußern oder sie auszuwählen, auch die Entscheidung erleichtern, die Embryonen abzugeben, da sie die Embryonen bereits als ihre Kinder wahrnehmen und Einfluss darauf haben möchten, in welchem Umfeld sie aufwachsen.27
Für das durch Embryonenadoption entstandene Kind kann die Möglichkeit der abgebenden Eltern, Wünsche über das Empfängerpaar zu äußern, das Bewusstsein vermitteln, dass seine genetischen Eltern sich um sein Wohlergehen sorgten und daran interessiert waren, dass es ihm gut geht. Dabei sollte jedoch beachtet werden, dass die Zuordnung zu den sozialen Eltern für das Kind auch bei einem Mitspracherecht der abgebenden Eltern eine willkürliche Entscheidung bedeutet. Es bleibt immer die Frage im Raum, wie ein Aufwachsen bei den genetischen Eltern und leiblichen Geschwistern gewesen wäre.
D Notwendige langfristige Dokumentation beider genetischen Elternteile und Auskunftsrecht
Für durch Embryonenadoption gezeugte Menschen ist die Kenntnis und Dokumentation der genetischen Eltern möglicherweise noch wichtiger als für durch Samen- oder Eizellspende gezeugte Menschen, weil bei ihnen soziale und genetische Elternschaft vollständig voneinander getrennt sind.
Aus den Erfahrungen von durch Samenspende gezeugten Menschen mit der problematischen Dokumentationspraxis der Reproduktionsärzte empfehlen wir außerdem, dass es bei der Embryonenadoption, wenn sie überhaupt zugelassen werden sollte, deutliche Regeln zur langfristigen und auch unabhängigen Dokumentation beider Elternteile geben muss. Die problematische Dokumentationspraxis der Reproduktionsärzte wird derzeit fortgesetzt: So hat das Netzwerk Embryonenspende zumindest in der Vergangenheit vertreten, nur über den leiblichen Vater Auskunft geben zu müssen, weil Mutter nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch nur die Frau sei, die das Kind geboren habe.28
Wie bei Adoptionen sollte die Identität der genetischen Eltern im Geburtenregister festgehalten werden. Dies würde auch die Bereitschaft der Eltern erhöhen, ihre durch Embryonenadoption gezeugten Kinder über ihre Entstehungsart aufzuklären. Einen Auszug aus dem Geburtenregister fordern fast alle Standesämter für die Anmeldung einer Eheschließung .29 Daher ist es sehr wahrscheinlich, dass das Kind die Tatsache der Entstehung durch eine Embryonenadoption an einem bestimmten Zeitpunkt seines Lebens erfährt. Diese Tatsache – zusammen mit der intensiven Adoptionsbetreuung – führt dazu, dass bei Adoptierten etwa 90 % der Kinder über ihre Abstammung aufgeklärt werden. Alternativ wäre ein nationales Register denkbar, bei dem die Personalien der Spender festgehalten werden und an das sich Betroffene mit ihrem Auskunftsanspruch wenden können. Dieses Register hat jedoch den Nachteil, dass es – anders als die Eintragung im Geburtenregister – keinen Anreiz für die Eltern darstellt, die Kinder über ihre Abstammung aufzuklären.
Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 28. Januar 2015 ist das Recht auf Kenntnis der Abstammung nicht von einem bestimmten Alter abhängig. Entsprechend sollten Menschen aus Embryonenadoption ebenfalls von Anfang an Auskunft über die Identität ihrer genetischen Eltern erhalten können. Es wäre wünschenswert, dass wie bei Adoptierten der Kontakt von den Adoptionsvermittlungsstellen begleitet werden kann.
E Verhinderung direkter oder indirekter Kommerzialisierung zur Wahrung der Menschenwürde
Obwohl Reproduktionsmediziner bei allen Formen der Familiengründung zu dritt oder viert ausschließlich das Wort „Spende“ benutzen, wird oft eine Aufwandsentschädigung gezahlt, die einer Kommerzialisierung entspricht. So geben zumindest einige frühere Samenspender an, dass sie vor allem auf Grund des finanziellen Anreizes gespendet haben.
Dies stellt für die so gezeugten Menschen eine Kränkung und weitere Ablehnung dar und beeinträchtigt ihre Würde als Mensch. Dies gilt in noch stärkerer Form für die Embryonenadoption, wo nicht „nur“ eine Keimzelle gespendet wird, sondern ein Embryo weitergegeben wird. Eine Kommerzialisierung der Embryonenadoption sollte daher unbedingt verhindert werden. Diese versteckt sich teilweise nicht nur in einer direkten Aufwandsentschädigung. So erhalten Frauen in Großbritannien teilweise In-vitro-Fertilisationen zu reduziertem Behandlungsgebühren, wenn sie sich bereit erklären, überzählige Eizellen zu spenden. Bei der Embryonenadoption sollten die empfangenden Eltern daher höchstens die Kosten für erforderliche Untersuchungen bei den abgebenden Eltern übernehmen, nicht jedoch die Cryokonservierung oder den Aufwand der Hormonstimulation für die ursprüngliche In-vitro-Fertilisation, bei der die Embryonen entstanden sind.
F Bereits zugelassene Verfahren sollten zunächst so geregelt werden, dass die Rechte der hierdurch gezeugten Menschen geschützt werden
Vor der Überlegung, ob weitere Formen von künstlicher Befruchtung zugelassen werden, durch die Spenderkinder erzeugt werden, sollte beachtet werden, dass die rechtliche Situation in Deutschland in den 45 Jahren, in denen Samenspenden in Deutschland erlaubt sind, noch immer nicht zufriedenstellend geregelt ist (siehe die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen Das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung vom 18.05.2015). Bevor weitere Verfahren der Reproduktionsmedizin zugelassen werden, sollten zunächst die bereits legalisierten rechtlich so geregelt werden, dass die Rechte der dadurch entstehenden Menschen geschützt und realisierbar werden können.
Bis dies soweit ist, sollte die Einhaltung des Embryonenschutzgesetzes durch Ordnungs- und Strafverfolgungsbehörden sichergestellt werden, damit Reproduktionsmediziner wie das Netzwerk Embryonenspende nicht weiterhin vollendete Tatsachen schaffen und dabei die in der Vergangenheit bei Samenspenden gemachten Fehler wiederholen.
- So Martin Löhning, Zivilrechtliche Aspekte der Samenspende de lege ferenda, Zeitschrift für Rechtspolitik 2015, 76, S. 77, dessen Artikel sich auch im Übrigen nicht durch Verständnis für die psychosozialen Herausforderungen von Familiengründungen durch Reproduktionsmedizin auszeichnet. [↩]
- Teilweise wird der Begriff „Embryonenspende“, den wir Embryonenadoption nennen, jedoch auch für die Kombination von einer Eizellspende mit einer Samenspende verwendet. Im Unterschied zur ersten Variante wird hierbei der Embryo gezielt für die nicht-genetischen Eltern erzeugt. Diese Variante wird im Folgenden nicht gemeint. [↩]
- vgl. Blyth, E., Frith, L., Paul, M. S. & Berger, R. (2011). Embryo Relinquishment for Family Building: How should it be conceptualised? International Journal of Law, Policy and the Family, 25 (2), 260–285, S.260. [↩]
- Siehe auch Lea Wolz, Embryo zur Adoption freizugeben, Stern Online, 24.06.2015. [↩]
- Keenan, J. A., Gissler, M. & Finger, R. (2012). Assisted reproduction using donated embryos: outcomes from surveillance systems in six countries. Human Reproduction, 27 (3), 747–752, S. 747. [↩]
- Kern des rechtlichen Streits ist, ob die Weiterkultivierung eines Vorkerns mit der Absicht der Übertragung auf eine andere Frau eine nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Embryonenschutzgesetz verbotene „Befruchtung“ zur Übertragung an eine andere Frau darstellt. Den Verbotstatbestand als erfüllt sehen Taupitz J., Hermes B., Eizellspende verboten – Embryonenspende erlaubt? Neue Juristische Wochenschrift 2015, 1802-1807, S. 1807; sowie Börgers, N. & Frister, H. (2010). Rechtliche Probleme im Zusammenhang mit der Kryokonservierung von Keimzellen; für die Legalität des Verfahrens spricht sich Monika Frommel, die zum Netzwerk gehört, in einem für das Netzwerk erstellten Rechtsgutachten aus. [↩]
- Börgers, N. & Frister, H. (2010). Rechtliche Probleme im Zusammenhang mit der Kryokonservierung von Keimzellen. [↩]
- vgl. z.B. Textor, M. R. (1988). Offene Adoption von Säuglingen. Unsere Jugend, 40, 530-536; Haar, R. (2010). Eltern unter Druck: Beratung von hilflosen und überforderten Eltern. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht. [↩]
- z.B. Blyth, E., Langridge, D. & Harris, R. (2010). Family building in donor conception: parents’ experiences of sharing information. Journal of Reproductive and Infant Psychology, 2 (28), 116-127, S. 124f.; Rumball, A. & Adair, V. (1999). Telling the story: parents’ scripts for donor offspring. Human Reproduction, 5 (14), 1392-1399, S. 1397. [↩]
- Beeson, D., Jennigs, P. & Kramer, W. (2011). Offspring searching for their sperm donors: how family type shapes the process. Human Reproduction, 9 (26), 2415–2424, S. 2419; Hertz, R., Nelson, M. & Kramer, W. (2013). Donor conceived offspring conceive of the donor: The relevance of age, awareness, and family form. Social Science & Medicine, 86, 52-65, S.56; Scheib, J., Riordan M. & Rubin S. (2005). Adolescents with open-identity sperm donors: reports from 12–17 year olds. Human Reproduction, 20, 239-252, S. 248; Blake, L., Casey, P., Jadva, V. & Golombok, S. (2014). ‘I Was Quite Amazed’: Donor Conception and Parent–Child Relationships from the Child’s Perspective. Children & Society, 28, 425-437. [↩]
- Oelsner, W. & Lehmkuhl, G. (2008). Adoption: Sehnsüchte – Konflikte – Lösungen. Düsseldorf: Patmos. [↩]
- Carroll, H.: Donor IVF baby who says ‚I wish I’d never been born‘ – Daily Mail 25.06.2014. [↩]
- Siehe Gesetzesbegründung zum Embryonenschutzgesetz, Bundestag-Drucksache 11/5460, 1989, S. 7. [↩]
- Paul, M.S., Berger, R., Blyth, E. & Frith, L., (2010). Relinquishing Frozen Embryos for Conception by Infertile Couples. Families, Systems & Health, 28 (3), 258-273, S. 264, 267; Blyth, E., Frith, L., Paul, M. S. & Berger, R. (2011). Embryo Relinquishment for Family Building: How should it be conceptualised? International Journal of Law, Policy and the Family, 25 (2), 260–285, S. 277; de Lacey, S. (2005). Parent identity and ‘virtual’ children: why patients discard rather than donate unused embryos. Human Reproduction, 20 (6), 1661–1669, S. 1661. [↩]
- Scheib, J., Riordan, M., Rubin, S. (2003). Choosing identity-release sperm donors: the parents’ perspective 13-18 years later. Human Reproduction, 5 (18), 1115-1127, S. 1118; Owen, L. & Golombok, S. (2009). Families created by assisted reproduction: Parent-child relationships in late adolescence. Journal of Adolescence 32, 835-848, S. 846. [↩]
- Oelsner, W. & Lehmkuhl, G. (2008). Adoption: Sehnsüchte – Konflikte – Lösungen. Düsseldorf: Patmos. [↩]
- Kirkman, M. (2004). Genetic Connection And Relationships in Narratives Of Donor-Assisted Conception. Australian Journal of Emerging Technologies and Society 1 (2), 1-21, S. 12; Lalos, A., Gottlieb, C. & Lalos, O. (2007). Legislated right for donor-insemination children to know their genetic origin: a study of parental thinking. Human Reproduction 6 (22), 1759–1768, S. 1766. [↩]
- MacCallum, F. & Golombok, S. (2007). Embryo donation families: mothers‘ decisions regarding disclosure of donor conception. Human Reproduction, 22 (11), 2888-2895, S. 2888 [↩]
- MacCallum, F. & Keeley, S. (2008). Embryo Donation Families: A Follow-Up in Middle Childhood. Journal of Family Psychology, 22 (6), S. 799–808, S. 805; MacCallum, D. (2009). Embryo donation parents‘ attitudes towards donors: comparison with adoption. Human Reproduction, 24 (3), 517-523, S. 517. [↩]
- MacCallum, D. (2009). Embryo donation parents‘ attitudes towards donors: comparison with adoption. Human Reproduction, 24 (3), 517-523, S. 517. [↩]
- Jadva, V., Freeman, T., Kramer, W. & Golombok, S. (2010) Experiences of offspring searching for and contacting their donor siblings and donor. Reproductive BioMedicine Online 20, 523–532, S. 531; Beeson, D., Jennigs, P. & Kramer, W. (2011). Offspring searching for their sperm donors: how family type shapes the process. Human Reproduction, 9 (26), 2415–2424, S. 2420. [↩]
- MacCallum, F. & Keeley, S. (2008). Embryo Donation Families: A Follow-Up in Middle Childhood. Journal of Family Psychology, 22 (6), S. 799–808, S. 805. [↩]
- Goedeke, S. & Payne, D. (2010). A qualitative study of New Zealand fertility counsellors’ roles and practices regarding embryo donation. Human Reproduction, 25 (11), 2821–2828. [↩]
- Blyth, E., Langridge, D. & Harris, R. (2010). Family building in donor conception: parents’ experiences of sharing information. Journal of Reproductive and Infant Psychology, 2 (28), 116-127, S. 124f. [↩]
- siehe zu Neuseeland Goedeke, S. & Payne, D. (2010). A qualitative study of New Zealand fertility counsellors’ roles and practices regarding embryo donation. Human Reproduction, 25 (11), 2821–2828. [↩]
- Collard, C. & Kashmeri, S. (2011). Embryo adoption: Emergent forms of siblingship among Snowflakes families. American Ethnologist, 38 (2), 307–322. [↩]
- de Lacey, S. (2005). Parent identity and ‘virtual’ children: why patients discard rather than donate unused embryos. Human Reproduction, 20 (6), 1661–1669, S. 1668. [↩]
- Das ist rechtlich allerdings unbeachtlich, denn das Bürgerliche Gesetzbuch kann als einfaches Gesetz nicht Verfassungsrecht modifizieren, aus dem das Recht auf Kenntnis der Abstammung basiert. Inzwischen (Stand 1. Juli 2015) wurden jegliche Informationen zum Recht des durch Embryonenadoption gezeugten Kindes von der Internetseite des Netzwerks Embryonenspende genommen. [↩]
- Obwohl § 12 Absatz 2 Personenstandsgesetz den Auszug aus dem Geburtenregister nicht als beizubringenden Urkunden aufzählt, fordern die meisten Standesämter diesen, um das Bestehen von Ehehindernissen wirksam überprüfen zu können. Siehe zum Beispiel das Standesamt Berlin Lichtenberg. [↩]
Leider es gibt auch Eizellenklau und Samenklau. Ich bin gegen künstliche Befruchtungen und gegen Adoptionen. Hier werden „Waisenkinder“ gezeugt, nur um das gekränkte Ego mancher Paaren zufrieden zu stellen. Keiner denkt an die Kinderrechte, sondern nur an den Gewinn den dieses Geschäft abgibt. Die Frauenärzte machen daran viel Geld. Sie nutzen sogar Ausländer aus, weil sie leichter betrogen werden können und die Deutsche Sprache nichts verstehen, geschweige den die Fachbegriffe.
Liebe Anne, liebe Stina, liebe Vereinsmitglieder von „Spenderkinder“,
es freut mich, dass ihr nach unserer gemeinsamen Diskussion vor dem Deutschen Ethikrat auf Eurer Webseite Eure Position noch mal zusammengefasst habt. Das gibt mir die Gelegenheit, hier kurz meine Kritik und den Dissens zu Eurer Einschätzung zu formulieren. Zusammengefasst: Ich finde Eure Schlussfolgerungen, die ein Verbot der Embryonenspende nahe legen, nicht überzeugend. Ich konzentriere mich hier auf zwei Punkte.
Zunächst sind die strukturellen Unterschiede (hard facts) der Embryonenadoption (Embryonenspende) zur Familiengründung mit Samenspende – und noch weiter gefasst zum „Standardnormalmodell“ der Familiengründung – gut aufgelistet, jedoch teile ich nicht Eure Schlussfolgerungen und negativen Bewertungen. Sie basieren auf Prämissen, die nicht selbstverständlich – und schon gar nicht in der Zukunft – so gelten müssen, wie ihr es nahe legt. Warum soll beispielsweise aus den hier angeführten Unterschieden psychologisch und emotional zwangsläufig ein Fremdheitsgefühl entstehen? Warum wird geschlossen, dass sich die Kinder aus einer Embryonenadoption als zweite Wahl erleben? Ich glaube in diesen Herleitungen die implizite Voreinstellung eines Biologismus zu erkennen: genetische Unähnlichkeit und Nicht-Verwandtschaft zieht automatisch Fremdheit nach sich, eine Feststellung, die genauso wenig zwangsläufig ist, wie: Genetische Verwandtschaft führt automatisch zu einer großen Verbundenheit.
Ich bin der festen Überzeugung, dass die meisten negativen Auswirkungen und Befürchtungen, die bei einer Familiengründung mit Spendersamen gesehen werden, von grundsätzlich veränderbaren Geisteshaltungen, Ideologien und Ängsten vor dem Unbekannten und Ungewöhnlichen herrühren und nicht prinzipiell dem Faktum der Gameten- oder Embryonenspende innewohnen.
Ich bezweifele natürlich nicht, dass unser Wissen um unsere genetische Abstammung für unsere Identität in der Regel einen großen Stellenwert hat (und darum setzen wir uns als DI-Netz sehr entschieden für die grundsätzliche Zugänglichkeit identifizierender Informationen über den Samenspender ein), aber das Fehlen einer genetischen Verbindung muss keine Quelle einer Selbstentfremdung oder einer getrübten Eltern-Kind-Beziehung sein.
Zweitens: Ein weiterer kurzer Kritikpunkt an eurer Stellungnahme bezieht sich auf das Anführen von scheinbar belastbaren Zahlen: z.B. das Heranziehen hoher Prozentzahlen, hinter denen sich dann aber einstellige absolute Zahlen verstecken (Ein Drittel Rücklauf von rund 60 Vereinsmitgliedern sind 20 Umfrageteilnehmer, und davon 46% sind 9 Menschen, die ein Verbot der Embryonenspende fordern.) Oder dass der Eindruck vermittelt wird, man habe repräsentative Meinungen und Haltungen aus dem Kreis der Betroffenen. Es gibt keine repräsentativen Zahlen; und wir von DI-Netz gehen davon aus, dass eine neue Generation von Kindern, die mit Samenspende gezeugt wurden (über Hundert sind zur Zeit durch uns vertreten), durchaus andere Haltungen und Einschätzungen vertreten und vertreten werden.
Ihr habt großes gesellschaftliches Gewicht, indem ihr als sogenannte „Spenderkinder“ öffentlich in Erscheinung tretet. Dieses mutige Engagement trägt sehr zur Enttabuisierung der Samenspende und der Durchsetzung des Kenntnisrechts bei. Dafür sind wir Euch als DI-Netz sehr dankbar und wissen es als Eltern, die bewusst diesen Weg der Familiengründung gewählt haben und hier engagierte Akteure sind, sehr zu schätzen! Bedauerlicherweise haben wir auf der anderen Seite regelmäßig den Eindruck, dass bei Euch generalisierte Ableitungen dazu führen, die besonderen Wege der Familiengründung – sei es mit Samenspende, Eizellspende, Embryonenspende, Leihmutterschaft – durchweg negativ einzufärben. Und manchmal befürchte ich, dass genau dadurch die verächtliche Wahrnehmung gegenüber unseren Familien auch noch verstärkt wird. Dabei würden wir uns sehr wünschen, mit Euch zusammen der Öffentlichkeit zu zeigen, dass dieser Weg der Familiengründung gelingen kann.
Ulrich Simon vom DI-Netz e.V.
Lieber Uli,
vielen Dank für Deine ausführliche Kritik an unserer Stellungnahme, auf die wir im Folgenden eingehen möchten. Wir wissen es zu schätzen, dass Du Deine Kritik in freundlichen Worten verpackt hast, spüren aber auch Deinen Ärger dahinter. Wir möchten deshalb die Gelegenheit aufgreifen zunächst auf Deine Kritikpunkte einzugehen, bevor wir weiter unten auf bislang unausgesprochene Unterschiede in den Zielen unserer beiden Vereine eingehen.
Zunächst also zu unserer Stellungnahme, deren Ziel es war, die psychosozialen Herausforderungen der Embryonenadoption deutlich zu machen.
Wir hängen keinesfalls biologistischen Einstellungen an. Genetische Verwandtschaft führt ganz gewiss nicht zwingend zu einer besonderen emotionalen Verbundenheit und umgekehrt fehlende Verwandtschaft auch nicht notwendigerweise zu Fremdheitsgefühlen. Diese Meinung findet sich weder in unserer Stellungnahme noch sonst auf unserer Internetseite. Gleichzeitig spielt genetische Verwandtschaft für viele Menschen eine wichtige Rolle – auch für viele Eltern, die sich ihren Kinderwunsch mit einer Gametenspende erfüllen, sowie für viele der auf diese Weise gezeugten Kinder. Ein durch Keimzellspende gezeugtes Kind ist dem sozialen Elternteil genetisch fremd. Diese Tatsache kann verschiedene Gefühle bei dem sozialen Elternteil auslösen und wir finden es wichtig, diese zu thematisieren, damit sie nicht unreflektiert in die Beziehung zum Kind einfließen. Auch auf Kinderseite kann die fehlende genetische Verbindung Gefühle auslösen, wie von Adoptierten und Spenderkindern bekannt ist. Dazu haben wir Quellen in den Fußnoten angeführt, eine davon schilderte direkt die Erfahrungen eines mit einer Embryonenspende gezeugten Mädchens. Keins der von uns angeführten negativen Gefühle wie das der Fremdheit oder des Abgegebenwordenseins muss zwangsläufig auftreten. Deswegen haben wir sie als Möglichkeiten aufgeführt („kann zu Gefühlen von Fremdheit führen“). Diese möglichen negativen Gefühle zu verschweigen oder zu hoffen, dass von Geburt an aufgeklärte Kinder diese Gefühle nicht haben werden, erscheint uns aber relativierend und spekulativ.
Zu Deinem zweiten Kritikpunkt: Wir behaupten an keiner Stelle, mit repräsentativen Zahlen zu argumentieren, sondern schildern die Ergebnisse einer Umfrage unter unseren Mitgliedern. Diese Umfrage haben wir als demokratisch organisierter Verein durchgeführt, um eine Grundlage für unsere Stellungnahme zu haben. Auf unserer Startseite steht, wie viele Mitglieder wir haben und in der Stellungnahme, wie viele davon an unserer Umfrage teilgenommen haben. Wir finden es schade, wenn diese Eindrücke als unwichtig und nicht belastbar relativiert werden. Es macht auf uns den Eindruck, als würden unliebsame Meinungen erwachsener Betroffener (zumindest der einzig befragbaren und am nächsten dran Betroffenen) versucht abzuwehren anstatt sie ernst zu nehmen. Die angeblich andere Meinung der neuen Generation von Kindern, die mit einer Samenspende gezeugt wurden, beruht dagegen nicht auf einer Umfrage unter diesen Kindern, sondern auf einer Erwartungshaltung aus Sicht von Eltern, die diese Form der Familiengründung gewählt haben. Die Haltungen und Einschätzungen von jüngeren Spenderkindern interessieren uns sehr, und wir freuen uns darauf, sie in unserem Verein willkommen zu heißen und mit ihnen zu diskutieren, sobald sie volljährig sind.
Wir begrüßen es ebenfalls, dass es mit „DI-Netz“ eine Organisation von Eltern gibt, die ihre Familie mit einer Samenspende gegründet haben und die für das Recht auf Kenntnis der genetischen Abstammung eintritt sowie anderen Eltern zu Offenheit und Aufklärung rät. Auf der anderen Seite haben wir immer wieder den Eindruck, dass bei „DI-Netz“ Familiengründungen mit Samenspenden und anderen Gametenspenden durchweg positiv eingefärbt werden und negative Aspekte weder thematisiert noch anerkannt werden. Das betrifft insbesondere die immernoch sehr niedrige Aufklärungsquote von Spenderkindern und die hieraus zu ziehenden Konsequenzen, aber auch die negativen Gefühle von Spenderkindern, die auch bei einem offenen Umgang entstehen können (nicht müssen). Und gerade bei Leihmutterschaft erscheint es uns auch aus Elternsicht wichtig, zumindest zu hinterfragen, wo Grenzen zwischen Gametenspende und Menschenhandel liegen könnten. Das englische Donor Conception Network bezieht in dieser Hinsicht teilweise eindeutiger Stellung.
Der Wunsch nach Erzeugung eines besonders positiven Bildes in der Öffentlichkeit klingt auch in Eurem Wunsch an, dass wir dabei helfen sollen, der Öffentlichkeit zu zeigen, dass eine Familiengründung mit Gametenspenden funktionieren kann. Wir können verstehen, dass dies ein Anliegen der Eltern ist, die sich bewusst für diesen Weg der Familiengründung zu dritt entschieden haben und die dabei sicherlich auch Skepsis von außen erlebt haben, ob das denn gut gehen wird. Unsere Ausgangssituation ist eine andere: Wir haben erlebt, dass die psychosozialen Herausforderungen, die mit einer solchen Form der Familiengründung verbunden sind, völlig unzureichend berücksichtigt wurden und – wenn wir nicht höllisch aufpassen – auch weiterhin ignoriert oder bagatellisiert werden. Deshalb ist es uns wichtig, den Finger in die Wunden zu legen und deutlich auf die möglichen Schwierigkeiten hinzuweisen, die sonst nicht hinreichend wahrgenommen werden. Es ist nicht Ziel unseres Vereins, Werbung für Familiengründungen mit Gametenspenden zu machen. Familiengründungen mit Samenspenden können funktionieren – leider gibt es aber auch genug Fälle, in denen das nicht passiert, und diese sollten nicht verschwiegen werden. Wir möchten nicht werben, sondern für eine bewusste Entscheidung sensibilisieren.
Viele Grüße
Stina und Anne