Archiv der Kategorie: Aufklärung

DEIN PAPA IST NICHT DEIN PAPA – eine audiovisuelle Auseinandersetzung mit Familiengründung durch Samenspende

Wie würde eine Unterhaltung zwischen einem Spenderkind, einem Samenspender, einer Solomama, einem sozialen Vater und einem Reproduktionsmediziner aussehen? Die Installation „DEIN PAPA IST NICHT DEIN PAPA“ zeigt eine virtuelle Gesprächsrunde, bei der alle ihre persönliche Sicht der Dinge schildern. Denn nur wenn wir einander zuhören, können wir die Zusammenhänge besser verstehen, den eigenen Standpunkt überdenken, die eigene Haltung hinterfragen.

Sehr große Halbgeschwistergruppen sind weltweit ein Thema – ein Beitrag im Deutschlandfunk vom 11. Juni 2023

Im Deutschlandfunkbeitrag Spenderkinder auf Spurensuche. Vater, Mutter, Massenprodukt (1/2): Überall Halbgeschwister vom 11. Juni 2023 geht es um ein Thema, das auch in Deutschland immer offensichtlicher wird: DNA-Datenbanken decken auf, dass in den letzten Jahrzehnten sehr große Halbgeschwistergruppen entstanden sind.

Die Bundesärztekammer empfahl von 2006 bis 2018 eine Begrenzung auf maximal 10 Kinder pro „Spender“1 und der Arbeitskreis für Donogene Insemination, ebenfalls seit 2006, eine Begrenzung auf maximal 15 Kinder pro „Spender“2. Diese Parallelität wirft nebenbei die Frage auf, für wen die Begrenzung der Bundesärztekammer gelten sollte, wenn nicht für die Mitglieder des Arbeitskreises für Donogene Insemination.

Nach wie vor gibt es in Deutschland keine verbindliche Begrenzung. Unsere Beobachtungen deuten darauf hin, dass sowohl in der Vergangenheit als auch gegewärtig sehr große Halbgeschwistergruppen entstehen. Neben einer verbindlichen Begrenzung wünschen wir uns, dass Reproduktionsmediziner und Samenbanken offenlegen, mit wie vielen Halbgeschwistern unsere Mitglieder aus den verschiedenen Entstehungsorten rechnen können.

  1. (Muster-)Richtlinie zur Durchführung der assistierten Reproduktion – Novelle 2006. Deutsches Ärzteblatt, 103(20), A 1397. – In der aktuellen Version der „Richtlinie zur Entnahme und Übertragung von menschlichen Keimzellen im Rahmen der assistiertenReproduktion“ aus dem Jahr 2018 findet sich keine Aussage mehr zu einer Obergrenze. Grund hierfür ist, dass der Vorstand der Bundesärztekammer m Februar 2015 beschlossen hatte, die medizinisch- wissenschaftlichen Fragestellungen klar von den gesellschaftspolitischen Aspekten zu trennen. []
  2. Richtlinien des Arbeitskreises für Donogene Insemination zur Qualitätssicherung der Behandlung mit Spendersamen in Deutschland, S. 25. []

Spenderkinder: Gar nicht neugierig?

Einige Spenderkinder betonen, dass sie überhaupt nicht neugierig auf ihre genetische Herkunft sind.

Autorin dieses Textes ist Wendy Kramer. Sie ist Mutter eines durch Samenvermittlung gezeugten Sohnes und Gründerin des Donor Sibling Registry, über das Spenderkinder weltweit, z. B. mittels Spendernummer, bereits vor dem Aufkommen von DNA-Datenbanken nach genetischen Verwandten suchten. Der Text wurde im Original bei Psychology Today veröffentlicht. Mit Wendys freundlichem Einverständnis durften wir ihn für unsere Homepage übersetzen. Da die Rechtslage in Deutschland eine andere ist, als in den USA, haben wir den ersten Absatz durch eine Darstellung der deutschen Rechtslage ersetzt.

Menschen, die mit Spendersamen, -eizellen oder -embryonen gezeugt wurden, wachsen in der Regel auf, ohne einen Teil ihrer nahen genetischen Verwandten zu kennen. Die Bundesärztekammer wies zwar bereits 1970 darauf hin, dass durch Samenvermittlung entstehende Menschen ein Recht darauf haben, die Identität der genetischen Elternteile zu erfahren.1 Die Daten werden in Deutschland aber erst seit 2018 zentral gespeichert.2 Für vor 2018 gezeugte Menschen oder Menschen, die im Ausland oder durch vermittelte Eizellen oder Embryonen gezeugt wurden, ist es daher oft schwierig, ihr Recht durchzusetzen und Informationen über unbekannte genetische Elternteile zu erhalten – und dadurch auch über ihre medizinische Familiengeschichte. Das Recht auf Kenntnis ist nicht abhängig von einem bestimmten Alter, wie der Bundesgerichtshof 2015 bestätigte. Dennoch ist Kontakt zum weiteren genetischen Elternteil und zu Halbgeschwistern in der Kindheit in der Regel nicht geplant. Das bedeutet, dass Spenderkinder sich früher oder später selbst mit der Frage beschäftigen, ob sie mehr über ihre genetischen Verwandten wissen und ggf. Kontakt aufnehmen möchten.

Oft hören wir Geschichten von Menschen, die durch Samen-, Eizell- oder Embryonenvermittlung entstanden sind und die ihre Verwandten suchen und finden. Das Donor Sibling Registry hat 85.500 Mitglieder, von denen mehr als 24.000 Verbindungen zu Halbgeschwistern und/oder genetischen Elternteilen hergestellt haben. Viele weitere haben durch die Übermittlung ihrer DNA an kommerzielle DNA-Datenbanken und über private Suchen Verbindungen hergestellt. Manchmal haben auf diese Weise entstandene Menschen jedoch widersprüchliche Gefühle oder bestehen darauf, dass sie überhaupt nicht neugierig oder daran interessiert sind, ihre Halbgeschwister und/oder ihren weiteren biologischen Elternteil (den Spender/die Spenderin) kennenzulernen oder etwas über ihre Abstammung oder ihre medizinische Familiengeschichte zu erfahren. Auch wenn einige tatsächlich kein Interesse haben mögen, kann die Ambivalenz oder das völlige Desinteresse auch folgende Gründe haben:

  • Sie fühlen sich verunsichert, wie sie Beziehungen zu genetischen Verwandten gestalten sollen, die gleichzeitig Fremde sind.
  • Sie schämen sich für die Art und Weise, wie sie gezeugt wurden, und wollen es nicht wahrhaben oder darüber nachdenken.
  • Sie nehmen an, dass der unbekannte genetische Elternteil anonym bleiben möchte, obwohl die Anonymität von den Samen- und Eizellbanken vorgegeben wurde. Viele Spender*innen wollten jedoch nie anonym bleiben oder haben ihre Meinung geändert und sind froh, gefunden zu werden.
  • Sie befürchten, dass ihre Eltern durch die Neugierde verletzt oder enttäuscht werden könnten. Das gilt vor allem in Familien, in denen es nicht erwünscht ist, über Spender*in oder Halbgeschwister zu sprechen, oder wenn ihr Einfluss oder ihre Bedeutung heruntergespielt wird.
  • Ihre Eltern haben ihnen vermittelt, dass jegliche Neugier auf genetische Verwandte ausdrückt, dass die Eltern nicht perfekt oder als Eltern nicht gut genug waren.
  • Sie haben das Gefühl, dass jegliche Neugier als Verrat empfunden wird an den Eltern, die sie aufgezogen haben, insbesondere an den nicht-genetischen Elternteilen, selbst wenn diese bereits verstorben sind.
  • Sie befürchten, dass andere denken könnten, sie wären neugierig, weil sie unzufrieden mit ihrer Familie sind.
  • Ihre Eltern spielen die Bedeutung oder Wichtigkeit der unbekannten biologischen Familie des Kindes herunter oder verneinen oder verleugnen sie. Manchmal vermitteln die Eltern durch Worte oder Schweigen die klare Botschaft, dass der unbekannte genetische Elternteil oder die Halbgeschwister keine willkommene Ergänzung ihres Lebens oder des Familienkreises wären.
  • Sie befürchten, dass die Geschwister, mit denen sie aufgewachsen sind, über die neu gefundenen genetischen Verwandten nicht erfreut wären.
  • Sie befürchten, dass Freunde, Familie, Ehepartner, Partner oder andere sie dafür verurteilen würden – etwa mit Bemerkungen wie: „Diese Leute gehören nicht zu deiner Familie“, „DNA macht noch keine Familie aus“ oder „Warum dieses Fass aufmachen?“
  • Sie fühlen sich nach einem Kontaktversuch oder sogar nach Zustandekommen eines Kontakts zurückgewiesen oder verlassen. Die Zurückweisung ist in der Regel ein Hinweis auf die Grenzen der zurückweisenden Person und hat nichts mit der Person zu tun, die zurückgewiesen wird.
  • Sie haben Angst, nicht gut genug zu sein oder nicht genug geleistet zu haben.
  • Sie fühlen sich überfordert angesichts der Möglichkeit, 10, 50, 100 oder sogar mehr als 200 Halbgeschwister zu finden und dann herausfinden zu müssen, wie sich diese neuen Beziehungen mit einem bereits vollen Schul-/Arbeits-/Hausleben und Zeitplan pflegen/vereinbaren lassen.
  • Sie befürchten, nicht über die emotionale Kapazität oder mentale Stabilität zu verfügen oder einfach gerade nicht am „richtigen Punkt“ im Leben zu sein, um ein Treffen oder die Aufnahme neuer Verwandter in ihr Leben bewältigen zu können, insbesondere wenn es viele sind. Das kann auch an allgemeiner Angst liegen, neue Menschen kennenzulernen.
  • Sie befürchten, dass ihre neuen Verwandten sie nicht mögen oder von ihnen enttäuscht sein werden oder dass sie nicht genügend Gemeinsamkeiten haben werden.
  • Sie befürchten, zu erfahren, dass der biologische Elternteil, der 50 % ihrer DNA beigesteuert hat, in irgendeiner Weise Schwachstellen hat, was sich dann auf ihr eigenes persönliches Identitätsgefühl auswirken könnte.
  • Sie befürchten, dass es ihre derzeitigen Familienbeziehungen, ihr Familiensystem und ihre familiäre Stabilität beeinträchtigen könnte, genetische Verwandte kennenzulernen
  • Sie befürchten, etwas über genetisch vererbbare Gesundheitsprobleme zu erfahren.

Diese Gefühle und Befürchtungen hängen damit zusammen, wie Menschen beigebracht wird, Familie zu definieren. Wenn Kindern gesagt wird: „Diese Leute sind nicht deine Familie“, wie sollen sie dann eine eigene Vorstellung davon entwickeln, was Familie für sie bedeutet? Wenn Eltern bewusst nicht einmal über die Tatsache sprechen, dass ihre Kinder einen weiteren genetischen Elternteil haben (z. B. durch beiläufige Erwähnung verschiedener körperlicher Merkmale, Gaben, Stärken, Hobbys oder Interessen, die von der unbekannten Seite der Familie stammen könnten), vermitteln sie ihren Kindern die klare Botschaft, dass dieses Thema nicht erforscht, anerkannt oder diskutiert werden sollte.

Sind die Eltern bereit, ihre eigenen Ängste und Unsicherheiten zu hinterfragen und sogar neu zu definieren, was der Begriff „Familie“ für ihre Kinder bedeutet, die mit den Ei- oder Samenzellen fremder Personen gezeugt wurden? Manchmal bestehen Eltern darauf, dass ihre Kinder überhaupt nicht neugierig seien – und dann sieht man dieselben erwachsenen Spenderkinder im Donor Sibling Registry [Anm.: oder in anderen vertraulichen Gruppen] schreiben, dass ihre Eltern wütend oder verletzt wären, wenn sie von ihrem Wunsch wüssten, die Seite ihres weiteren genetischen Elternteils kennenzulernen.3 Dabei können Spenderkinder, die sich als einzigartige und wunderbare Mischung aus Anlage und Umwelt begreifen, sowohl die biologischen als auch die nicht-biologischen Elternteile anerkennen, ohne dass sie deren Anteile herunterspielen müssen.

Die Neugier kann im Laufe des Lebens eines Spenderkindes variieren, und die Familien können ihren Kindern zugestehen, zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich neugierig zu sein. Manche Spenderkinder sind erst neugierig, wenn sie in die Pubertät kommen und anfangen, sich damit auseinanderzusetzen, wer sie als Erwachsene sein werden. Andere sind besonders neugierig, wenn sie selbst Kinder bekommen.4 Zuweilen lässt die Neugier nach, wenn andere Dinge im Leben anstehen und Aufmerksamkeit fordern.

Desinteresse vorzutäuschen, kann eine gute Möglichkeit sein, sich selbst und andere vor Enttäuschungen und vor dem Unbekannten zu schützen. Manche Spenderkinder behaupten erst dann, kein Interesse zu haben, wenn sie erfahren, dass der unbekannte genetische Elternteil anonym bleiben möchte. Diese Reaktion schützt sie davor, sich zurückgewiesen zu fühlen. Wenn ein genetischer Elternteil Kontakt verweigert, bedeutet das jedoch nicht, dass es keine Hoffnung für die Zukunft gibt. Manche genetischen Elternteile brauchen Zeit, um zu verarbeiten, dass sie einige oder auch sehr viele genetische Kinder haben. Andere genetische Elternteile müssen vielleicht mit Familienmitgliedern verhandeln oder sie respektieren, die nicht so aufgeschlossen sind, die Spenderkinder kennenzulernen. Leider kommt es manchmal vor, dass Partner*innen oder Ehepartner*innen der genetischen Elternteile eine mögliche Beziehung zwischen Spenderkindern und ihren biologischen Eltern verhindern.

Diese allgemeinen Sorgen, Ängste und Vorbehalte gegenüber der unbekannten genetischen Familie können anerkannt und verarbeitet werden, so dass es nicht notwendig ist, jemanden davon abzuhalten, die erweiterte Familie zu erforschen.

If we know where we came from, we may better know where to go. If we know who we came from, we may better understand who we are. Anonymous

(Wenn wir wissen, wo wir herkamen, wissen wir vielleicht besser, wo wir hingehen sollen. Wenn wir wissen, von wem wir herkamen, verstehen wir vielleicht besser, wer wir sind. – Anonym)

  1. An Eizellen und Embryonen dachte man im Jahr 1970 noch nicht. []
  2. Im Samenspenderregister []
  3. Diese Befürchtung äußern auch nicht wenige Spenderkinder, die den Verein Spenderkinder kontaktieren. []
  4. Vermutlich weil ihnen die Bedeutung von Vererbung mit eigenen Kindern bewusster wird. []

ZDF-37°-Reportage „Auf der Suche nach dem leiblichen Vater“ am 16. April 2023 mit Spenderkinder-Mitglied Sandra

In der ZDF 37°-Folge „Auf der Suche nach dem leiblichen Vater“ erzählt Spenderkinder-Mitglied Sandra wie sie als Erwachsene über ihre Entstehungsweise aufgeklärt wurde. Anschließend machte sie sich auf die Suche nach ihrem Erzeuger.

Rechtliche Korrektur: Das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung galt auch schon zu Sandras Entstehungszeit. Bereits 1970 wies die Bundesärztekammer darauf hin, dass Spenderkinder ein Recht haben, zu erfahren, wer ihr genetischer Vater ist (Deutsches Ärzteblatt, 1970). Die Sendung ist bis zum 16.04.2028 über die Mediathek abrufbar.

ZDF-37°-Reportage „Lebenslügen und Familiengeheimnisse“ am 28.März 2023 mit Spenderkinder-Mitglied Britta

Spenderkinder-Mitglied Britta erfuhr als Erwachsene, dass sie durch Samenvermittlung entstanden ist. In der Reportage „Lebenslügen und Familiengeheimnisse“ in der ZDF-Reihe 37° blickt sie darauf zurück, was die Aufklärung für sie bedeutet und erzählt, wie es anschließend für sie weiterging. Neben Britta äußern sich in der Reportage auch ihre Mutter und ihr sozialer Vater zur Aufklärung, die sie mit ganz verschiedenen Gefühlen berührt. Britta betont, wie wichtig die frühe Aufklärung von Spenderkindern ist, um eine authentische Beziehung zwischen ihnen und ihren Eltern zu ermöglichen. Die Sendung kann in der ZDF-Mediathek nachgeschaut werden.

Erster Artikel über die größte Spenderkinder-Befragung in Deutschland veröffentlicht

Tobias Bauer und Anne Meier-Credner haben den ersten Artikel über die Befragung von Spenderkindern in Deutschland veröffentlicht, die mit 59 Teilnehmenden zwischen 21 und 46 Jahren die Studie mit den bislang meisten Befragten in Deutschland darstellt:

Bauer, T., & Meier-Credner, A. (2023). Circumstances Leading To Finding Out about Being Donor-Conceived and Its Perceived Impact on Family Relationships: A Survey of Adults Conceived via Anonymous Donor Insemination in Germany. Social Sciences, 12(3), 155.

Der Artikel ist frei verfügbar (open access) abrufbar auf der Journal-Website oder als PDF Version.

Der Artikel beschreibt die vielfältigen Umstände, unter denen die Teilnehmenden von ihrer Entstehungsweise erfahren haben und darüber hinaus, welche Einflüsse der Aufklärung auf die Beziehung zu verschiedenen Familienmitgliedern berichtet wurden. Die Aufklärung erfolgte teilweise bereits in der Kindheit, teilweise im mittleren Erwachsenenalter (5 bis 46 Jahre). Es wurden ganz verschiedene Aufklärungsumstände berichtet wie z.B. durch medizinische Unterlagen, bewusste Aufklärung durch ein oder zwei Elternteile und auch die Aufklärung durch DNA-Datenbanken.

Die stärkste Veränderung berichteten insbesondere spätaufgeklärte Spenderkinder nach der Aufklärung in der Beziehung zu ihrer Mutter, bei der tendenziell mehr Verantwortung für die Aufklärung als beim rechtlichen Vater wahrgenommen wurde. Die Beziehung zum rechtlichen Vater wurde tendenziell bereits vor der Aufklärung als weniger emotional und nah beschrieben. Das entspricht den Ergebnissen internationaler Erhebungen an Spenderkindern.

Wenig Veränderung wurde in der Beziehung zu Geschwistern berichtet, mit denen die Befragten aufgewachsen waren. Spannungen wurden berichtet in Bezug auf unterschiedliche Umgangsweisen der Geschwister mit der Entstehungsweise. Als wenig verändernd wurde die Aufklärung auf die Beziehung zu Partner*innen, eigenen Kindern sowie der erweiterten Familie (Onkel, Tanten, Großeltern etc.) berichtet. In der Diskussion wird insbesondere die Bedeutung psychosozialer Beratung zur Förderung von Aufklärung und der aufklärungsfördernde Einfluss von DNA-Datenbanken hervorgehoben.

Die Daten wurden im Herbst 2020 mit einem Online-Fragebogen erhoben, die meisten Teilnehmenden sind Mitglieder unseres Vereins. Es ist nicht bekannt, inwieweit sich unsere Mitglieder möglicherweise von Spenderkindern unterscheiden, die sich nicht bei unserem Verein melden. Möglicherweise haben unsere Mitglieder ein stärkeres Interesse daran, mehr über ihre Herkunft zu erfahren – möglicherweise haben sie auch mehr Ressourcen, um sich emotional mit dem Thema auseinanderzusetzen. Letzteres legen Zuschriften von Spenderkindern an unseren Verein nahe, die sich erst nach Jahren reiflicher Überlegung bei uns melden sowie Berichte über Halbgeschwister, die eine Auseinandersetzung mit dem Thema ablehnen.

Die Autor*innen haben in diesem Artikel erst einen kleinen Teil der Daten ausgewertet, weitere Artikel sind in Vorbereitung.

WDR-Sendung „Anonym gezeugt“ in der Reihe Planet Wissen am 29. September 2022 mit Spenderkinder-Mitglied Anne

In der Folge „Anonym gezeugt – Wenn Spenderkinder ihre Väter suchen“ vom 29. September 2022 ist die Psychologin und Mit-Gründerin des Vereins Spenderkinder, Anne Meier-Credner, zu Gast bei Planet Wissen und berichtet u.a. über die psychosozialen Herausforderungen von Spenderkindern. Die Sendung kann noch bis 2027 über die Mediathek aufgerufen werden.

Ergänzende Info: Das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung wurde 2013 auch für Spenderkinder bestätigt. Es gilt auch für alle vorher gezeugten Spenderkinder. Darauf wies bereits 1970 die Bundesärztekammer hin. Das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung gilt außerdem nicht erst ab einem bestimmten Alter, sondern von Anfang an. Spenderkinder, die noch nicht 16 Jahre alt sind, brauchen eine rechtliche Vertretung (z.B. durch ihre Eltern), wenn sie ihr Recht wahrnehmen möchten.

Gießener Allgemeine über Spenderkind Thorsten

Am 30. Dezember 2021 berichtete die Zeitung Gießener Allgemeine über die Aufklärung und Suche von Spenderkind Thorsten. Der Beitrag mit dem Titel „Identität beraubt: Sohn erfährt nach 43 Jahren von Samenspende und sucht nun Vater“ ist auch online frei zugänglich. Thorsten registriert sich aus Interesse an Ahnenforschung in einer DNA-Datenbank und findet dort überraschend einen Halbbruder. Damit konfrontiert er seine Mutter und erfährt die Wahrheit über seine Entstehungsweise. Er entstand in der Praxis des Gießener Gynäkologen Dr. Heinrich Müller, den Samen organisierte der Hautarzt Dr. Renfer. Die Wahrheit erlebt er als Erleichterung, weil sie für ihn vieles klärt, was er zuvor spürte, aber nicht einordnen konnte. Er macht sich auf die Suche nach seinem leiblichen Vater.

Thorstens Geschichte ist die eines Individuums und gleichzeitig typisch für die vieler Spenderkinder. DNA-Datenbanken spielen für die Aufklärung eine wichtige Rolle. Immer wieder finden Spenderkinder darüber heraus, dass etwas nicht stimmt, wenn sie Halbgeschwister oder andere nahe Verwandte finden, von denen sie bisher nicht wussten. Oft folgt dann ein klärendes Gespräch mit den Eltern, sofern diese noch leben und sich darauf einlassen. Viele Spenderkinder erleben die Aufklärung als Erleichterung, weil sie diffuse Wahrnehmungen, die sie sich nicht erklären konnten, plötzlich einordnen können.

Oft schließt sich dann die Suche nach dem leiblichen Vater an. Die ist meist mühevoll und langwierig. Ärzte, die Auskunft geben könnten, sind bereits verstorben, Unterlagen werden erst seit 2018 zentral gesichert. Spenderkinder, die früher entstanden sind, haben aber auch ein Recht, zu erfahren, wer ihr leiblicher Vater ist. Deswegen freuen wir uns sehr, wenn sich Männer, die Samen „gespendet“ haben, selbst bei uns melden oder wenn wir Hinweise von anderen Verwandten oder Angehörigen bekommen (info@spenderkinder.de oder spenderkind-giessen77@web.de).

Das Fremde im eigenen Spiegelbild – Martina im Interview mit Sunny im Oktober 2021

Im Youtube-Interview mit Sunny spricht Martina darüber, wie sie erfahren hat, dass sie ein Spenderkind ist und von ihrer Suche nach ihrem biologischen Vater. Der Blick in den Spiegel macht das Unbekannte sichtbar, aber doch nicht greifbar.

Wer hat eine Idee, wer Martinas biologischer Vater sein könnte? Er lebte 1985 (evtl. auch schon vorher) im Raum Essen, ist vermutlich groß, blond und mindestens 53 Jahre alt, eher älter. Jeder Hinweis kann helfen! Hinweise gerne an info@spenderkinder.de.