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Aufhebung der Anonymität = Aus für die Samenspende in Deutschland?

Im Urteil des OLG Hamm vom 6. Februar 2013 wurde der Reproduktionsmediziner Prof. Dr. Thomas Katzorke dazu verurteilt, Spenderkinder-Mitglied Sarah die Identität des Samenspenders preiszugeben. Als Reaktion auf das Urteil wurde insbesondere in den Internet-Foren prognostiziert, ohne Anonymität wolle niemand mehr spenden. Zahlreiche Kommentare beschuldigten uns Spenderkinder, unsere Suche nach unseren genetischen Wurzeln auf Kosten der Interessen kinderloser Paare zu verwirklichen. 

Tatsächlich ist aber das Gegenteil eingetreten: So melden sowohl die Laborleiterin der Berliner Samenbank in einem Tagesspiegel-Artikel als auch Prof. Katzorke von novum in Essen in der Frauenzeitschrift „Tina“ vom 15. Mai 2013 eine Zunahme der Spendebereitschaft in den Monaten nach dem Urteil. Auch die Hamburger Samenbank berichtet in einem Welt-Artikel vom 6. März 2013 und bei Spiegel Online am 10. Mai 2013, dass seit dem Urteil zumindest nicht weniger Spender kommen. Vielleicht war das Urteil also sogar eher Werbung für Samenspenden.

Diese Erfahrungen werden auch durch die Beispiele in anderen Ländern gestützt, in denen die Anonymität der Spender bereits vor einigen Jahren aufgehoben wurde,  zum Beispiel in Schweden (1985), in den Niederlanden (2004) und in Großbritannien (2005). In allen diesen Ländern gibt es nach wie vor genug Samenspender. In Großbritannien hat sich die Zahl der Spender seit 2004 laut einer Meldung der zuständigen Behörde HFEA sogar verdoppelt! Außerdem wird den Spendern dort seit einigen Jahren nur noch eine Unkostenpauschale von umgerechnet etwa 41 Euro pro Spende bezahlt. Die Veränderung der Rahmenbedingungen führte nicht zu einem Rückgang der Spendenbereitschaft, aber die Zusammensetzung der Spender änderte sich. Eine Studie von Shukla et al. (2013)  kam zu dem Ergebnis, dass seit 2005 mehr Singles als zuvor spenden und dass die Partnerin oder der Partner der Spender häufiger als zuvor über die Spendentätigkeit informiert war. Außerdem spendeten mehr Homosexuelle als vorher und das Hauptmotiv für die Spende war „helfen wollen“.

Wir freuen uns, dass über diese Entwicklung auch jenseits unserer Homepage berichtet wird und möchten auf den Artikel Das Ende der Samenspende in Deutschland? des Online Portals für deutsche Gesundheitsnachrichten vom 24.05.2013 sowie auf den Artikel Spenderaffäre: Ebbe in der Samenbank? vom 13.05.2013 in den DocCheckNews hinweisen.

Wer übrigens immer noch glaubt, erst das Urteil im Februar habe die Anonymität der Spender in Deutschland aufgehoben, der irrt sich: Bereits 1970 erläuterte der Justitiar der Bundesärztekammer, Rechtsanwalt Dr. Arnold Hess im Deutschen Ärzteblatt „Der Arzt, der die Insemination vorgenommen hat, kann, wenn er nicht schadensersatzpflichtig oder wegen Personenstandsfälschung straffällig werden will, die Identität des Spenders nicht verschweigen“1. Von „Aufhebung der Anonymität“ durch das Urteil kann also keine Rede sein. Vielmehr hatten die vollmundigen Anonymitätsversprechen spätestens ab 1970 keine tragfähige juristische Grundlage. Dennoch Anonymität zuzusichern war ein bisschen gewagt. Und wer wagt, gewinnt eben nicht immer.

  1. Deutsches Ärzteblatt 1970, Heft 24, S. 1982 []

Hubertus

Ja, ihr Lieben, meine Geschichte hat nun ein Ende und ich habe meinen Spender gefunden – oder eher er mich? Wow! Ich kann nach wie vor nicht in Worte fassen, wie schön es ist! Ich grinse einfach den ganzen Tag und realisiere noch nicht ganz, dass ich tatsächlich meinen Spender gefunden habe und Nummer 261 zu einer Person geworden ist. Er schrieb mir eine Email nachdem er einen Artikel gelesen hat, in dem er beschrieben wurde. Betreff: Biologischer Vater. Unser Gentest FamilyTree DNA hat es nun bestätigt und wir wissen es jetzt ganz sicher.

Das Urteil hat so polarisiert und so viele Menschen meinten, irgendwelche Kommentare und Bewertungen abgeben zu können, ohne etwas mit dem Thema zu tun zu haben. Dazu kommt dann die Angst, dass alle Recht haben könnten. Mir war die Aussage von Prof. Dr. Katzorke wieder bewusst geworden, in der er behauptet, dass der Spender gefragt wurde und hätte kein Interesse: „Der will nicht“, sagt er ganz trocken.

Wie soll ich also in Worte fassen, wie man sich fühlt, wenn sich der leibliche Vater von sich aus meldet und unglaublich freundlich und offen ist? Versucht es Euch vorzustellen und wenn ihr meint, dass es sich ungefähr so anfühlen wird – dann noch schöner. Glück, Erleichterung und Zufriedenheit. Noch nie war ich so im Reinen mit mir und meiner Entstehung. Alles macht einen Sinn. Alles erscheint richtig und alles hat sich gelohnt.

Für mich persönlich ist es ein sehr großer Erfolg, aber es ist auch von so viel symbolischem Charakter geprägt. Es ist eben nicht so, dass Spender einfach nur Spenden, Geld verdienen und nie wieder daran denken. Mit einer Samenspende spendet man Leben und das ist den meisten auch bewusst. Ich wünschte wirklich, dass jeder das erleben kann, was mir gerade geschenkt wurde.

Vielleicht denken jetzt endlich mehr Spender und Ärzte darüber nach…

 

Lieber Hubertus,
ich danke Dir von ganzem Herzen! Wirklich! Das ist so großartig! So lange habe ich nach Dir gesucht und darum gekämpft und auf einmal bist Du da. Ich war so verzweifelt, habe so viel geweint und trotzdem versucht, nie die Hoffnung aufzugeben! Du widerlegst einfach alle Vorurteile und ich wünsche jedem einen Spender, wie Du es bist!

Sarah

Artikel Wir kommen gern bei SPON

Passend zur Werbung einer Samenbank „Kommen Sie bei uns“ gab es heute (10.05.2013) einen Artikel bei Spielgel-online mit dem unglaublich originellen, doppeldeutigem Titel Wir kommen gern.

In den Kommentaren wird leider wieder hauptsächlich auf die vermeintlich zu befürchtenden Unterhaltsverpflichtungen eingegangen. Deshalb halte ich es für wichtig, zumindest an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass die Preisgabe der Identität des Spenders keinesfalls bedeutet, dass der Spender nun unterhaltspflichtig ist. Die Preisgabe der Identität verpflichtet den Spender zu gar nichts. Erst wenn der Spender vor dem Gesetz als Vater des erwachsenen Spenderkindes eingesetzt wurde (und das ist bisher in Deutschland noch nicht vorgekommen), kann es zu einer GEGENSEITIGEN Unterhaltspflicht kommen. Was dafür alles passieren muss, und dass auch wir Spenderkinder diese Möglichkeit gesetzlich ausschließen möchten, ist nachzulesen auf dieser Seite unter Die rechtliche Situation.

Studie über Samenspender in Deutschland

Eine kürzliche erschienene Studie von P. Thorn, T. Katzorke und K. Daniels bringt uns spannende Erkenntnisse über die Ansichten und Motivation von Samenspendern in Deutschland. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass fast die Hälfte der Spender zu einem Kontakt mit ihren Spenderkindern bereit ist. Dies ist angesichts des immer noch existierenden großen Tabus, was auf dem Thema „Insemination durch anonyme Spendersamen“ liegt, sowie der rechtlichen Unsicherheiten, eine erstaunlich große Zahl. (Die Studie erfasst etwa ein Drittel der gesamten Samenspender in Deutschland zum Zeitpunkt der Befragung.)

Bezüglich der Motivation Samen zu spenden gaben die meisten Männer finanzielle Gründe an. Viele Männer fügten Kommentare hinzu, wie dass sie befürchteten selber vielleicht keine Kinder zu bekommen und durch die Samenspende trotzdem Nachkommen hätten. Einem anderen war es wichtig seine Gene weiter zu geben. Auch die Möglichkeit unfruchtbaren Paaren bei ihrem Kinderwunsch zu helfen gaben viele Spender als wichtige Motivation an.

Über ein Drittel der Befragten waren für die Aufklärung der Spenderkinder durch ihre Eltern, etwa ein Drittel war sich bzgl. dieser Fragestellung unsicher und das letzte Drittel hielt es für nicht sinnvoll, die Kinder aufzuklären. Diejenigen Spender die für die Aufklärung der Kinder waren, hatten die Meinung, dies könne späteren Problemen vorbeugen und sie empfanden es als wichtig für die spätere Identitätsformung oder gaben es als ein Recht des Kindes an. Diejenigen, die gegen eine Aufklärung waren, begründeten dies mit der Befürchtung, das Kind könnte die Nachricht über seine Entstehung verwirren oder es könnten später Probleme auftreten.

43% der Samenspender gaben an bereit zu sein von ihren Spenderkindern später kontaktiert zu werden, 22% waren sich unsicher, ob sie das wollte und 35% waren dieser Idee gegenüber abgeneigt. Einer erklärte z.B. er würde gerne viele seiner Spenderkinder treffen, würde es aber ihnen überlassen, wie viel Kontakt sie wünschten. Diejenigen die es ablehnten kontaktiert zu werden, erklärten dass dies auch von ihrer jeweiligen familiären Situation abhänge würde. Des Weiteren zeigt die Studie, dass die Spender mit zunehmendem Alter offener für einen Kontakt mit ihren Spenderkindern sind.

Dank der Aufklärungsarbeit u.a. von Therapeuten, wie Dr. Petra Thorn, steigt die Zahl der DI-Eltern, die ihre Kinder über ihre Entstehung aufklären. Die Tatsache, dass immer mehr Spenderkinder, die über ihre Entstehungsgeschichte informiert sind, etwas über ihre genetische Herkunft wissen möchten und auch die Samenspender zu eine großen Teil dem Austausch gegenüber aufgeschlossen sind, wird höchst wahrscheinlich Auswirkungen auf die zukünftige Praxis der Insemination mit Spendersamen haben.

Nachzulesen ist die komplette Studie leider nur kostenpflichtig.

Die Ergebnisse der Studie sind für mich ein Zeichen dafür, dass die Enttabuisierung des gesamten Themas sich auch auf die Einstellung der Samenspender auswirkt. Vor zehn oder zwanzig Jahren wurde zwar noch keine Befragungen zu diesem Thema durchgeführt, aber ich gehe davon aus, dass die Antworten der Männer damals anders ausgefallen wären – also wesentlich verhaltener, was einen Kontakt zum Spendekind betrifft.

Ich denke man muss auch berücksichtigen, dass die Kliniken z.T. großen Nachholbedarf haben, was ihre Informationspflicht gegenüber den Samenspendern betrifft (die rechtliche Situation der Samenspender, wie viele Kinder durch sie gezeugt wurden, wie die Spenderkinder über das Thema denken, etc.). Wenn sie erfahren würden, wie viele Spenderkinder es gibt, denen es sehr wichtig ist zu wissen, wer ihr Spender war, oder dass es kaum negative Erfahrungen gibt, wenn DI-Eltern ihre Kinder über ihre Entstehung aufklären, dann würden evtl. mehr Männer einem Kontakt zustimmen. Vielen ist vielleicht auch einfach nicht klar, dass die Spenderkinder keinen „Vater“ suchen oder sonstige Ansprüche stellen (geschweige denn Geld fordern).

Und die Tatsache, dass das Alter eine Rolle spielt bei der Offenheit eines Mannes für den Kontakt zum Spenderkind, ist nicht zu unterschätzen. Ich denke, dass sich viele in jungen Jahren keine großen Gedanken über das Thema machen. Wenn sie dann älter werden und evtl. selber Kinder bekommen, nimmt das Thema erfahrungsgemäß noch mal einen ganz anderen Stellenwert ein. Von vielen habe ich auch gehört, dass ihnen erst durch ein persönliches Erlebnis (was dann auch entsprechend wahrscheinlicher mit zunehmenden Lebensalter ist), wie z.B. eine adoptierte Person im nahen Bekanntenkreis, klar wird, wie wichtig es ist, dass man etwas über seine genetischen Wurzeln erfahren kann. Dana

Beitrag über einen Spender in den USA

Gestern kam im ZDF-Auslandsjournal der Beitrag Suche nach den unbekannten Kindern. Leider habe ich erst kurzfristig davon erfahren, sonst hätte ich natürlich hier darauf hingewiesen. Der Beitrag handelte von einem Spender und dem durch ihn gezeugtem zehnjährigen Kind und ihre Beziehung zueinander, seit sie sich vor 3 Jahren über das US-Register gefunden haben. Es war eine sehr schöne Geschichte, denn inzwischen sind der Spender und die Mutter Freunde und er trifft die durch ihn gezeugten Kinder regelmäßig, obwohl er am anderen Ende des Landes lebt.

Was mich etwas geärgert hat, war dass es in einem Nebensatz so dargestellt wurde, als könnte jedes so gezeugte Kind in Deutschland natürlich die Identität des Spenders erfahren. Gerade das ist ja nicht so, und im Gegensatz zu den USA können sich die Eltern hier oft noch nicht einmal den Spender aussuchen oder bekommen keine weiteren Informationen über ihn wie die Krankengeschichte und die Hobbys, so dass man überhaupt nichts über den Spender weiß.

Kontakt zu einem ehemaligen Spender der Uniklinik Essen

Vor drei Wochen hat sich eine ehemaliger Spender der Uniklinik Essen bei mir gemeldet. Er hat einen Zeitungsartikel über mich gelesen und sich sein eigenes Kind in einer solchen Lage vorgestellt. Wir haben auch schon miteinander telefoniert und er ist wirklich sehr nett. Leider kann er nicht mein Spender sein, da er ziemlich wahrscheinlich noch nicht 1979 gespendet hat. So ganz genau weiß er das aber natürlich nicht mehr nach über 25 Jahren. Auf die Frage hin, ob er denn nicht Angst hätte, irgendwie doch gerichtlich als Vater festgestellt zu werden, meinte er nur verschmitzt, dass bei ihm nicht so viel zu holen sei. Immerhin konnte ich ihn aber an zwei andere Spenderkinder vermitteln, bei denen zumindest der Zeitraum hinkommen könnte. Es wäre so toll, wenn es zumindest einem von uns gelingen würde, den Spender zu finden. Aber immerhin zeigt dies ja, dass nicht alle Spender total entsetzt angesichts eines möglichen Kontakts zu den Kinder sind, wie manche Menschen nur zu gerne behaupten. Und vielleicht liest ja auch mein Spender einmal einen Bericht über mich oder findet die Internetseite und meldet sich bei mir.

Leider ist es aber sehr schwierig, nur anhand von Fotos zu erkennen, ob man irgendwie verwandt sein könnte, besonders wenn noch der Altersunterschied und ein anderes Geschlecht dazu kommt. Ich überlege auch bei den Fotos der anderen Spenderkinder manchmal, ob es vielleicht sein könnte, das wir verwandt sind. Aber das wäre schon ein großer Zufall, und viele Ähnlichkeiten bildet man sich vielleicht auch nur ein. Wirklich Gewissheit würde nur ein Gentest bringen, und die sind mit um die 600 Euro sehr teuer und bei möglichen Halbgeschwistern meines Wissens auch nur dann halbwegs zuverlässig, wenn die Mütter gleich mitgetestet werden, was das Ganze noch teurer macht. Stina

Kontakt zu einem Spender

Vor ca. 2 Wochen hat mich ein Mann angeschrieben, der als Student in den achtziger Jahren Samen gespendet hat. Leider kann er nicht mein Erzeuger sein, da ich zu diesem Zeitpunkt schon geboren war. Ich habe mich jedenfalls sehr darüber gefreut, dass er heute das Recht der so gezeugten Kinder auf Kenntnis ihrer genetischen Abstammung befürwortet und es gut fände, wenn ein Suchdienst in Deutschland eingerichtet würde, über den sich Spender und Kinder finden könnten. Ein Projekt, das ich auf jeden Fall auch toll fände, aber was viel Arbeit erfordern würde.

Ich hoffe, dass mein Spender genau so verantwortungsvoll denkt. Und der Kontakt zeigt, dass das Argument der Ärzte, die Spender wollten nie etwas von den Kindern wissen, so einfach nicht stimmt. Die einzige Befürchtung des Spenders war, dass das Erbe seiner eigenen Kinder bei einer massenhaften Vaterschaftsanfechtung der Spenderkinder geschmälert werden könnte. Das wiederum zeigt, dass gesetzlich wirklich ein Regelungsbedarf besteht. Stina