Archiv der Kategorie: Rechtliches

Rechtliche Themen und Fragen, Gerichtsverfahren, Gerichtsentscheidungen

Samenspende als Fall in Boston Legal

In der US-amerikanischen Serie Boston Legal habe ich die erste wirklich gute Darstellung der Problematik von Samenspende für die Kinder gesehen. Die Folge heisst "Geschwisterliebe" (Englisch: The bad seed) und ist die 5. Folge der 5. Staffel. Auf Anwalt Jerry Espensen kommt seine Schwester zu, die ihren sechzehnjährigen Sohn mit einer Samenspende bekommen hat. Dessen erste Freundin ist durch eine Samenspende der selben Klinik gezeugt worden und sieht im ähnlich. Um herauszufinden, ob die beiden Halbgeschwister sind, erheben sie Klage gegen die Klinik auf Herausgabe der Unterlagen. In der mündlichen Verhandlung beruft sich die Klinik vor allem auf die mit den Müttern getroffenen Anonymitätsvereinbarungen. Daraufhin sagt der Sohn, dass er nie irgendeinen Vertrag unterschrieben hat, jetzt aber die Konsequenzen des Handelns derer tragen muss, die den Vertrag geschlossen haben. Das Gericht verurteilt die Klinik wegen der Anonymitätsvereinbarungen lediglich zur Auskunftserteilung darüber, ob die beiden Jugendlichen den gleichen Spender als genetischen Vater haben – im Ergebnis leider ja.

Hier besteht übrigens ein großer Unterschied des amerikanischen zum deutschen Recht: im deutschen Recht können Verträge nicht zu Lasten Dritter, des Kindes, geschlossen werden. Anonymitätsvereinbarungen sind daher unwirksam. Insgesamt aber, besonders wegen der Darstellung der Auswirkung auf die Kinder, die beste Darstellung die ich bisher gesehen habe. Ein bisschen schade finde ich nur, dass es gleich an dem Tabu-Thema Inzest aufgezogen wurde, denn das Recht auf Kenntnis der Herkunft besteht nicht nur wegen der Möglichkeit, sich zufällig in den Halbbruder zu verlieben.
Stina

Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen

Leider habe ich letzte Woche die Nachricht bekommen, dass das Bundesverfassungsgericht meine Verfassungsbeschwerde
nicht zur Entscheidung annehmen wird. Recht haben und Recht bekommen sind doch sehr unterschiedliche Sachen … Die anderen Spenderkinder und ich sind sehr enttäuscht. Manuela hat es mit folgenden Worten sehr gut ausgedrückt: "Ich fühle mich bevormundet in diesem Rechtssystem – damals wie heute bestimmen Dritte über unser Schicksal, aber Verantwortung will dann schlussendlich keiner tragen." Ganz so schlimm ist es insgesamt nicht, denn ich kann immer noch eine Zeit lang auf normalem Wege ohne Prozesskostenhilfe eine Klage einreichen. Das werde ich mir jetzt überlegen und mir dazu viel Rat einholen.

Eine Begründung für die Nichtannahme gab es nicht, deswegen kann ich nur rätseln, woran es gelegen hat. Eine Begründung wäre aber gerade wichtig gewesen, um zu wissen, wann man als betroffenes Kind einen Anspruch gegen die Klinik hat, dass diese die Daten aufbewahren kann. Ich vermute aber, dass bei Kindern, die nach 1989 und dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Kenntnis der genetischen Abstammung ein deutlich strengerer Maßstab angelegt wird. Trotzdem bleibt das Problem, dass ausdrücklich nichts gesetzlich geregelt ist. Stina

Bundestag verabschiedet Gesetz zur Vaterschaftsfeststellung

Der Deutsche Bundestag hat am 21.02.2008 ein Gesetz beschlossen, durch welches die genetische Feststellung, von wem ein Kind abstammt, unabhängig von einer Vaterschaftsanfechtung ermöglicht wird. Durch das Gesetz erhalten Vater, Mutter und Kind jeweils gegenüber den beiden anderen Familienangehörigen einen Anspruch auf Klärung der Abstammung. Die Betroffenen müssen dann in eine genetische Abstammungsuntersuchung einwilligen und die Entnahme der erforderlichen Proben dulden. Davon unabhängig ist eine eventuelle Vaterschaftsanfechtung (Mutter ist immer die Frau, welche das Kind geboren hat). Die Neuregelung wird spätestens am 31.03.2008 in Kraft treten.

Ich finde an dem Gesetz sehr begrüßenswert, dass es auch dem Kind die Möglichkeit gibt, seine Abstammung klären zu lassen. Das ist besonders wichtig für Kinder aus einer donogenen Insemination oder einer Eizellenspende, die Zweifel an der genetischen Vaterschaft eines Elternteils haben und deren Eltern sich unkooperativ verhalten. Hoffentlich wird diesen Eltern durch das neue Feststellungsrecht noch einmal klar, dass ihr Kind tatsächlich ein Recht auf Kenntnis seiner genetischen Abstammung hat, welches sie durch ihr Verhalten verletzen. Stina

Positive Änderungen durch europäische Gesetzgebung

Zwar ist der deutsche Gesetzgeber bei Samenspenden lange untätig geblieben, aber eine Verbesserung ist zumindest durch die europäische Gesetzgebung in Aussicht. Die Richtlinie 2004/23/EG schreibt für Samenspenden eine 30jährige Aufbewahrungsfrist nach der Behandlung vor und sieht Sanktionen für Zuwiderhandlungen vor. Das Bundeskabinett hat dies in einem Gewebegesetz berücksichtigt, das momentan noch im Bundestag behandelt wird. Zwar ist dies von einer wirklichen Regelung noch weit entfernt, aber zumindest wird nach der Verabschiedung des Gesetzes kein Arzt mehr die Spenderdaten nach nur 10 Jahren vernichten können. Mehr darüber unter "Rechtliches”, die Dokumente habe ich bei “Links und Literatur” aufgeführt.

Außerdem habe ich mich sehr über das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom vergangenen Mittwoch (13.02.2007) gefreut. In dem Fall ging es um einen Mann, der durch einen heimlich durchgeführten Vaterschaftstest erfahren hat, dass er nicht wie angenommen der genetische Vater seiner Tochter ist. Die Gerichte hatten ihm wegen des heimlich durchgeführten Tests, der eine Rechtsverletzung an dem Kind darstellt, eine Vaterschaftsanfechtung verwehrt. Das Bundesverfassungsgericht hat dies bestätigt, aber zur Verwirklichung des Rechts des Vaters auf Kenntnis der Abstammung seines Kindes den Gesetzgeber aufgefordert, ein Verfahren allein zur Feststellung der Vaterschaft anzubieten. Mich hat an dem Urteil gefreut, dass es das Recht auf Kenntnis der Abstammung, das besonders wichtig ist für Kinder aus einer Samenspende, noch einmal deutlich bestätigt hat. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass das Bundesverfassungsgericht eine Grundrechtsverletzung in der Unterlassung des Gesetzgebers gesehen hat, zur Verwirklichung des Rechts auf Kenntnis der Abstammung ein entsprechendes Verfahren anzubieten, denn Unterlassungen werden nur ganz selten und nur bei schwerwiegenden Verletzungen als Grundrechtsverletzung gesehen. Das bedeutet aber, dass das Fehlen von Schutzbestimmungen für Kinder, die aus einer donogenen Insemination enstanden sind, ebenfalls eine Grundrechtsverletzung darstellt. Diesen wird nämlich ebenfalls ein Verfahren verwehrt, nach welchem sie die Identität des Spenders feststellen können, dazu kommt die missverständliche Regelung bezüglich der Aufbewahrungsfristen und eine besondere Schutzbedürftigkeit. Nicht zuletzt hoffe ich aber, dass durch das Urteil vielen der “nichtaufklärenden” Eltern noch einmal bewusst geworden ist, dass das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung existiert und wie einfach heute heimliche genetische Tests einzuholen sind. Diese können nicht nur von einem Elternteil, sondern auch gut vom Kind ausgehen.

An sonstigen Veränderungen an der Seite habe ich Psychologisches um eine Studie ergänzt und die “Links und Literatur” Sektion um einige Zeitungsartikel, von denen es auch eine online-Version gab. Vielen Dank an alle, die mich auf diese Artikel aufmerksam gemacht haben! Immer mal wieder bearbeite ich “Meine Geschichte”, um manche Sachen besser hervorzuheben oder richtig zu stellen. Leider passiert es gelegentlich, dass Leute Teile meines Lebens, die ich hier kurz anspreche (wie die Trennung meiner Eltern), aufgreifen und in die Richtung uminterpretieren, dass diese der eigentliche Grund sind, weswegen ich so unglücklich über die Art meiner Zeugung und das Verhalten meiner Eltern bin. Ich kann dazu nur sagen, dass ich immer noch regelmäßig eine Psychologin sehe und wir recht intensiv darüber nachdenken, weswegen ich wie reagiere. Ich weiß, dass diese Leute das vermutlich nur deswegen tun, um ihr eigenes Handeln zu rechtfertigen und sich mit meiner Meinung nicht auseinandersetzen zu müssen, weil sie sehr unbequem für sie ist. Trotzdem ist das etwas anstrengend, weil ich auch nicht die Notwendigkeit sehe, mein ganzes Leben im Internet und erst recht nicht gegenüber diesen Leuten erklären zu müssen. Die meisten Leser akzeptieren das aber durchaus und ich habe bisher viele nette und anregende Mails bekommen.
Stina