BGH bestätigt Recht von Spenderkindern auf Kenntnis ihrer Abstammung

Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe, das höchste deutsche Zivilgericht, hat heute entschieden, dass auch durch Samenspende gezeugte Menschen ein Recht auf Kenntnis ihrer Abstammung und damit auf Auskunft über die Personalien des Samenspenders haben (mehr dazu in unserer Besprechung der Urteilsbegründung). Diese Entscheidung ist nicht überraschend – sie war stets herrschende Meinung in der juristischen Literatur und entspricht der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm aus dem Februar 2013, die ebenfalls große Medienbeachtung fand. Auch hatte der BGH das Recht auf Kenntnis der Abstammung in mehreren Urteilen jüngst betont.

Ein Meilenstein ist es trotzdem, und der Verein Spenderkinder freut sich natürlich sehr über dieses Urteil. Damit steht unwiderruflich fest, dass auch durch Samenspende gezeugte Menschen das Recht auf Auskunft über ihren genetischen Vater haben. Auch nach dem Urteil des OLG Hamm vom Februar 2013 hatten Spenderkinder, die Auskunft von der Klinik ihrer Eltern über den Samenspender verlangten, teilweise das Problem, dass Ärzte sich darauf beriefen, dass die Frage noch nicht höchstrichterlich vom BGH geklärt ist. Diese Argumentation hat sich nun erledigt und es wird hoffentlich für Spenderkinder einfacher werden, ihren Auskunftsanspruch durchzusetzen. Ungeklärt bleiben nach wie vor Schadensersatzansprüche wegen der Vernichtung von Daten.

Wir hoffen nun, dass dieses BGH-Urteil ein Signal an die Politik sendet, die umfassende Regelung von Samenspenden endlich tatkräftig anzugehen, damit die Rechte der betroffenen Kinder effektiv geschützt werden. Wie der Verein Spenderkinder sich das vorstellt, kann in unseren Forderungen nachgelesen werden.

Wir begrüßen, dass der BGH festgestellt hat, dass es keine Altersgrenze für diesen Auskunftsanspruch gibt. Auch jüngere Kinder können schon ein Interesse an ihrem biologischen Vater haben. Eine Altersgrenze könnte – wenn überhaupt – nur mit einem Gesetz eingeführt werden, dass auch die Interessen von Spenderkindern berücksichtigt und schützt. Dazu gehört eine langjährige Sicherung der Unterlagen und eine bessere Vorbereitung der Eltern auf diese Form der Familiengründung zu dritt. Zum Schutz der Samenspender müssen außerdem Unterhalts- und Erbansprüche gesetzlich ausgeschlossen werden.

Wir bedanken uns bei den Eltern der beiden Klägerinnen, dass sie die Klärung durch den BGH veranlasst haben!

5 Gedanken zu „BGH bestätigt Recht von Spenderkindern auf Kenntnis ihrer Abstammung

  1. felps

    Ich bin gespannt wie sich das entwickelt und ob in Zukunft noch Menschen zum Spenden gehen. Denn nun wissen sie, dass sie belangt werden können. Glückwunsch dazu.
    Seid doch froh das Menschen spenden und ihr auf der Welt seid. Von wegen Identitätsfindung der Kinder. Geldgeilheit mancher Eltern wird das Problem werden !!

    1. stina Beitragsautor

      Felps, Du findest also dass wir unsere Grundrechte nicht geltend machen sollten, weil wir froh sein sollten dass wir überhaupt existieren? Ich hoffe Du siehst selbst ein, dass man so etwas nicht fordern kann. Es ist Aufgabe der Politik, Spender vor Unterhalts- und Erbansprüchen zu schützen, wenn sie es möchte, und das Problem ist schon sehr lange bekannt. Und Spenderkinder müssen nicht dankbarer sein für ihre Existenz als normal gezeugte Kinder. Denen sagt man ja auch nicht: Unterhalt? Sei froh, dass Du überhaupt am Leben bist.

  2. Anne

    Hallo Felps,
    zu Deinen Befürchtungen nur ein Hinweis auf die Situation in anderen Ländern, in denen die Anonymität bereits vor einigen Jahren/Jahrzehnten aufgehoben wurde und auch zur Situation in Deutschland, nachdem vor zwei Jahren das Oberlandesgericht Hamm bestätigte, dass Kinder aus Samenspende die Identität des Spenders erfahren können: http://www.spenderkinder.de/aufhebung-der-anonymitat-aus-fur-die-samenspende-in-deutschland/
    Abgesehen davon treten wir in unseren politischen Forderungen dafür ein, gesetzlich zu regeln, dass der Spender vor Erb- und Unterhaltsforderungen geschützt wird – und umgekehrt auch das Kind. Die Forderung müsste also lauten, mit der längst überfälligen Regelung Abhilfe und dieses Problem, das uns immer wieder üble Anfeindungen beschert, aus der Welt zu schaffen.

    1. Bright Star

      Tja, den Samenbanken gehen nun wohl die Samenspender aus. Eine große deutsche Samenbank, in einer Stadt mit dem Anfangsbuchstaben „E“ ansässig, musste wohl schon mehrere interessierte Paare abweisen. Pfeifen jedenfalls die Spatzen von den Dächern… ähm… aus div. Internetplattformen.

      Die Lösung des Problems? Genau, das (anonyme) Ausland. Dorthin weichen Kinderwunschpatienten jetzt wieder vermehrt aus und dort ist alles strikt anonym. Für immer. Keine Chance für die gezeugten Kinder, jemals an die Daten ihrer Spenden zu kommen.

      Glückwunsch, meine lieben Damen und Herren Spender“kinder“, die Sie dieses Urteil so hoch bejubeln. Der Generation Spenderkinder, die Ihnen nun nachfolgt, haben Sie einen Bärendienst erwiesen. Stellen Sie sich einmal vor, Sie müssten im fremdsprachigen Ausland, z.B. Tschechien oder Spanien, nach Ihrem Spender recherchieren. Andere Sprache, anderes Rechtssystem, weite Distanzen, die es zu überbrücken gilt usw.

      Ihr Ansinnen, den Spender vor evtl. Unterhalts- und Erbschaftsansprüchen gesetzlich freizustellen, ist zwar ehrenwert, aber leider Zukunftsmusik. Wenn überhaupt. Momentan jedenfalls hat sich die Lage hier für Samenspender drastisch verschlechtert, Auswirkungen s.o.

      Momentanen Kinderwunschpatienten und ihren zukünftigen Kindern wurde es in jeglicher Hinsicht nun schwerer gemacht. Schade. Denn die Leidtragenden werden in erster Linie die Spenderkinder von morgen sein, also jene Gruppe, die Sie eigentlich stärken und unterstützen wollen.

  3. Anja

    Hallo Bright Star,
    wenn ich Sie richtig verstehe, sehen Sie durchaus den Wunsch der Kinder, Ihren Samenspender kennenzulernen, oder?
    Was wäre denn Ihrer Meinung nach, wenn die Spenden auch in Deutschland weiterhin anonym wären? Dann gäbe es vielleicht mehr Spender, die aber de facto eben anonym sind! Wenn Sie wirklich der Ansicht sind, dass es in Deutschland einfacher ist, seinen anonymen Spender ausfindig zu machen, dann lade ich Sie herzlich ein, mir dabei zu helfen. 😉

    Fakt ist: Egal, ob die Eltern anonyme Samenspenden in Deutschland oder im Ausland nutzen – die Rechte und Bedürfnisse Ihrer Kinder werden dadurch missachtet. Es handelt sich hierbei um Grundrechte, nicht um irgendwelche Kleinigkeiten! Aus juristischer Sicht gibt es dieses Recht schon seit vielen Jahren, nicht erst seit dem kürzlich erfolgten Urteil. Anonyme Samenspenden waren in Deutschland nie erlaubt.

    Ob es nun tatsächlich weniger Samenspender gibt, kann ich nicht beurteilen. Online-Foren haben jedoch noch nie mit Seriosität geglänzt. Niemand ist gezwungen, anonyme Samenspenden oder überhaupt Samenspenden zu nutzen. Im Übrigen ist auch das Ausland nicht komplett anonym, es gibt genügend Länder, die anonyme Samenspenden ebenfalls verbieten, beispielsweise Großbritannien. Dort hat sich auch kein Spenderrückgang ereignet.
    Wer sich mit diesem Wissen dennoch für einen anonymen Spender entscheidet… – das ist dem Kind gegenüber doch ganz schön unfair, oder?

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