Gesetz zur Regelung des Rechts auf Kenntnis der Abstammung bei heterologer Verwendung von Samen am 18. Mai 2017 vom Deutschen Bundestag verabschiedet

Kurz vor Ende der Legislaturperiode hat der Bundestag am 18. Mai 2017 u.a. die Einrichtung eines zentralen Samenspenderregisters beschlossen. Ziel des neuen Gesetzes ist es, dass Menschen, die mit einer Samenspende gezeugt wurden, auf einfachem Wege erfahren können, von wem sie genetisch abstammen.1 Das geplante Register wird beim Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) eingerichtet. Dort sollen die Daten des Samenspenders und der Empfängerin 110 Jahre lang gespeichert werden. Personen, die meinen, durch eine Samenspende entstanden zu sein, können eine Anfrage an das Register stellen. Eine Ergänzung im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) soll außerdem ausschließen, dass der Samenspender als rechtlicher Vater festgestellt werden kann. Dadurch soll verhindert werden, dass Unterhalts- oder Erbansprüche gegenüber dem Samenspender entstehen könnten. Das Gesetz wird Mitte 2018 in Kraft treten und die Daten für die ab dann entstehenden Menschen speichern. Alle bisherigen Unterlagen über Samenspenden gehen nicht in das Register ein, müssen aber auch 110 Jahre lang aufbewahrt werden. Der Verein Spenderkinder hat das Gesetz bei einer Verbändeanhörung zum Referentenentwurf und einer Sachverständigenanhörung im Gesundheitsausschuss kritisch begleitet. Während wir die lange überfällige Einführung rechtlicher Regelungen zur Sicherung des Rechts auf Kenntnis der Abstammung begrüßen, trifft das Gesetz jedoch auch hierüber hinausgehende negative Regelungen für Spenderkinder und lässt wichtige Bereiche ungeregelt.

Spenderregister – wichtige Investition in die Zukunft aber kaum Verbesserung des Schutzes der Rechte bisheriger Spenderkinder

Der Verein Spenderkinder begrüßt die Einrichtung eines unabhängigen Registers. Den bisherigen Spenderkindern nützt das neue Gesetz jedoch kaum. Sie müssen sich weiter an Ärzte und Samenbanken wenden, die sich in der Vergangenheit wenig auskunftsbereit zeigten. Diese müssen noch vorhandene Unterlagen aber immerhin 110 Jahre aufbewahren. Es ist anzunehmen, dass die bereits existierenden Spenderkinder auch weiterhin die Herausgabe ihrer Unterlagen einklagen müssen.

Das Ziel „dass die genannten Personen ihr grundrechtlich geschütztes Recht auf Kenntnis ihrer Abstammung einfach und unbürokratisch umsetzen können“ wird so für die vor 2018 gezeugten Spenderkinder nicht erreicht. Das ist keine zufriedenstellende Lösung nachdem in der Vergangenheit bereits Maßnahmen zum Schutz der Rechte der entstehenden Menschen versäumt wurden. Es gibt keinen nachvollziehbaren Grund, nicht auch die bereits vorhandenen Dokumentationen in das Zentralregister zu überführen, wenn nicht die rechtswidrigerweise zugesicherte Anonymität höher geachtet wird als das Persönlichkeitsrecht des Kindes.

Keine Erfassung von Embryonenadoptionen im Samenspenderregister

Ebenfalls außen vor bleiben Menschen, die durch eine Embryonenadoption entstehen, wie sie auch in Deutschland seit 2014 vom Netzwerk Embryonenspende vermittelt werden. Auch die auf diese Weise entstehenden Menschen haben das Recht zu erfahren, von wem sie abstammen und auf eine Sicherung ihres Auskunftsrechts. Es ist daher nicht nachvollziehbar, warum das Samenspenderregister nicht auch für sie das Recht auf Kenntnis ihrer Abstammung absichern soll.

Eintragung des genetischen Vaters im Geburtsregisters für wahrheitsgemäße Abstammungsunterlagen

Nach wie vor ist davon auszugehen, dass ein Großteil der Spenderkinder nicht über seine Entstehungsweise aufgeklärt wird. Spenderkinderorganisationen fordern auch deshalb international einen Eintrag des genetischen Vaters – oder zumindest einen Vermerk über die Entstehungsweise – im Geburtsregister, wie er in Irland oder dem australischen Bundesstaat Victoria erfolgt. Ein Ausdruck aus dem Geburtsregister ist bei vielen Standesämtern zur Eheschließung erforderlich. Nur mit wahrheitsgemäßen Angaben über die genetische Herkunft können unwissentliche Ehen zwischen nahen Verwandten verhindert werden.2

Ausschluss der rechtlichen Vaterschaft des Samenspenders ist verfassungsrechtlich bedenklich – finanzielle Verpflichtungen einfachgesetzlich und auch rückwirkend ausschließen

Der Verein Spenderkinder fordert sei vielen Jahren Unterhalts- und Erbansprüche zwischen Spender und Spenderkind auszuschließen um deutlich zu machen, dass Spenderkinder keine finanziellen Interessen haben. Die vorgesehene Ergänzung im BGB, die ausschließen soll, dass der Samenspender als rechtlicher Vater festgestellt wird, halten wir zu diesem Zweck jedoch für ungeeignet und verfassungsrechtlich bedenklich. Zum Recht auf Kenntnis der Abstammung gehört ebenfalls, diese Abstammung durch öffentliche Urkunden deutlich zu machen. Mit Spenderkindern wird damit erstmals eine Kategorie von Menschen festgelegt, die ihren genetischen Vater nicht rechtlich als Vater feststellen lassen können. Darin liegt eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung. Der Verein Spenderkinder fordert stattdessen einen einfachgesetzlichen Ausschluss von Erb- und Unterhalsansprüchen, ohne die Feststellung der Vaterschaft auszuschließen. Zudem gilt der Ausschluss der Vaterschaftsfeststellung ebenfalls erst für ab 2018 gezeugte Kinder und damit nicht für bisherige Spender.3

Obergrenze erstmals überprüfbar – Möglichkeit nutzen!

Ärztliches Standesrecht sieht eine Begrenzung der durch einen Samenspender gezeugten Kinder auf 10 bzw. 15 vor um die Wahrscheinlichkeit zu verringern, dass ein durch Samenspende gezeugter Mensch unwissentlich eine Beziehung zu einem Halbgeschwister eingeht. Mit einer begrenzten Anzahl von Kindern wird ein Spender außerdem eher dazu bereit sein, Kontakt zu seinen genetischen Kindern aufzunehmen. Bei den bisherigen Vorgaben handelt es sich jedoch um eine unverbindliche Soll-Verpflichtung, die bisher nicht kontrolliert werden konnte und vermutlich häufig deutlich überschritten wurde. Mit dem zentralen Register wäre es erstmals möglich, eine Obergrenze zu überprüfen. Diese Möglichkeit sollte unbedingt genutzt werden und Verletzungen als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.

Auch Informationen über Halbgeschwister vermitteln

Viele Spenderkinder möchten gerne erfahren, wer ihre Halbgeschwister sind. Das Register könnte und sollte auch nicht-identifizierende Informationen über Halbgeschwister weitergeben (z.B. Anzahl und Geschlecht), und, wenn diese damit einverstanden sind, auch identifizierende Informationen vermitteln.

Verpflichtende, unabhängige psychosoziale Information notwendig

Das Samenspenderregistergesetz sieht vor, dass die Wunschmutter und der Samenspender über das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Herkunft informiert werden. Aus Erfahrung des Vereins Spenderkinder wäre zudem eine verpflichtende, umfassende Information von Wunscheltern und potenziellen Spendern über die psychosozialen Aspekte dieser Familienform durch eine unabhängige psychosoziale Fachkraft notwendig. Familiengründung durch Samenspende ist keine Behandlung von Unfruchtbarkeit, sondern eine lebenslange Herausforderung für alle Beteiligten.

  1. siehe Gesetzentwurf und Begründung. []
  2. siehe hierzu unsere ausführliche Begründung in dem Beitrag Eintragung des Spenders in das Geburtenregister – das Recht von Spenderkindern auf Wahrheit. []
  3. siehe nähere Ausführungen dazu in unserer Stellungnahme anlässlich der Anhörung des Gesundheitsausschusses. []