Arbeitskreis Abstammung des Bundesjustizministeriums

Heute hat der Arbeitskreis Abstammungsrecht beim Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz seine Arbeit aufgenommen. Der Arbeitskreis soll der Frage nachgehen, ob das geltende Abstammungsrecht aktuelle Lebensrealitäten noch adäquat abbildet und ob die derzeitige gesetzliche Regelung nach verschiedenen gesetzgeberischer Einzelmaßnahmen der letzten Jahre noch stimmig ist. Er besteht aus elf interdisziplinären Sachverständigen der Bereiche Familienrecht, Verfassungsrecht, Ethik und Medizin bzw. Psychologie und Vertretern der betroffenen Ministerien und einiger Landesjustizministerien. Den Vorsitz führt die frühere Vorsitzende Richterin des für das Familienrecht zuständigen XII. Senats des Bundesgerichtshofs, Frau Dr. Meo-Micaela Hahne. Bekannt geworden ist außerdem, dass Dr. Heinz Kindler vom Deutschen Jugendinstitut zu den Teilnehmern gehört.

Gleich bei dem ersten Termin stand das Thema Samenspenden auf der Tagesordnung.

Die Pressemitteilung lässt leider auf ein etwas seltsames Verständnis von Abstammung schließen: „Moderne Familienkonstellationen stellen uns vor neue Herausforderungen – gerade auch im Abstammungsrecht. Ist die Abstammung eher an die biologische oder an die soziale Vaterschaft anzuknüpfen? (…) Sollte es spezifische abstammungsrechtliche Regelungen für eine gleichgeschlechtliche Elternschaft geben? Das Abstammungsrecht, das die Zuordnung eines Kindes zu seinen Eltern regelt, ist für viele Rechtsfragen von enormer Bedeutung. “

Das wirkt so, als würde die Abstammung für völlig verhandelbar gesehen werden. Abstammung ist aber ziemlich eindeutig genetisch (und Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts legen diese Auslegung auch nahe), und da stammt man nur von zwei Menschen ab, dem genetischen Vater und der genetischen Mutter. Bislang knüpfen aber viele Sachverhalte an diese genetische Zugehörigkeit an – Sorgerecht, Erb- und Unterhaltsrecht, Staatsangehörigkeitsrecht. Der Arbeitskreis sollte sich daher eher fragen, ob man die Frage, wer die Eltern eines Kindes sein sollen, in Zukunft mehr von der Frage der Abstammung trennen sollte.

Etwas überraschend war auch die folgende Frage in der Pressemitteilung: „Muss man das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Herkunft bei Samenspenden gesetzlich regeln?“ Dieses Ziel einer gesetzlichen Regelung des Auskunftsrechts befindet sich eigentlich im Koalitionsvertrag der CDU/CSU und der SPD.

Nichts Gutes verheißt auch die Ankündigung, dass der Arbeitskreis in den nächsten zweieinhalb Jahren regelmäßig zusammentreten wird – das bedeutet nämlich vermutlich, dass in dieser Zeit überhaupt nichts gesetzgeberisch passieren wird. Danach wird das Ende der Legislaturperiode erreicht sein, so dass dann eine Reform des Abstammungsrechts sicherlich nicht mehr vor den nächsten Bundestagswahlen umgesetzt wird.

Kritisch sehen wir das besonders deswegen, weil man viele Regelungen, die uns Spenderkinder rechtlich mehr schützen würden – wie ein ausdrücklicher Auskunftsanspruch, eine Verpflichtung von Ärzten zur langjährigen Datenaufbewahrung und ein zentrales Register zur Spendervewaltung – völlig unabhängig von einer grundlegenden Reform des Abstammungsrechts regeln könnte.