Ich bin ohne Vater aufgewachsen. Den Mann, der als Vater in meiner Geburtsurkunde steht, habe ich selbst im Alter von 14 Jahren zum ersten Mal bewusst gesehen. Und auch da wurde mir erst im Nachhinein von meiner Mutter erzählt, dass das mein Vater sei. Wie sich einige Wochen oder Monate später herausstellte war dieser nur mein Vater von Rechts wegen. Mein biologischer Vater – so erzählte mir meine Mutter – wäre jemand, den auch sie noch nie kennengelernt habe. Sie und ihr ehemaliger Lebensgefährte – in der Geburtsurkunde mein Vater – haben damals einen starken Kinderwunsch gehegt. Der Wunsch sei mehr von ihm ausgegangen als von meiner Mutter. Nun hatte meine Mutter also einen Arzt in Hamburg aufgesucht, der In-Vitro Befruchtungen aus Samenspenden von anonymen Spendern durchführte.
Im zweiten Anlauf wurde meine Mutter schwanger und ich bin dann neun Monate später ans Licht der Welt gekommen. Zwei Jahre später in etwa hat sich der damalige Lebensgefährte aus unserem Leben schon verabschiedet und hat mir seinen Namen in der Geburtsurkunde da gelassen. Weitere zwölf Jahre später, also als ich meinte meinen Vater nun das erste Mal gesehen zu haben, war auch diese Illusion schon wieder passé – als ich erfuhr durch eine Samenspende entstanden zu sein.
Ich habe von da an biografisch ein paar Haken geschlagen und mich einige Jahre später nach einer schweren psychischen Krise im Rahmen einer stationären Therapie auf die Suche nach meinem biologischen Erzeuger begeben. Ohne Erfolg. Die Akten seien nach einem Wasserschaden vernichtet worden und der damals durchführende Arzt verstorben. Sein Name war Dr. Holzmann und seine Klinik in Hamburg – Winterhude.
Zu dem Zeitpunkt war ich 19 Jahre alt und habe diese Nachricht einige Jahre verdrängt. Als ich auf die Seite von Spendenkinder aufmerksam geworden bin, stellte ich erneut Nachforschungen an. Ich war mir nicht mehr darüber bewusst, dass ich schon im Alter von 19 Jahren eine Auskunft über die Aktenvernichtung erhalten hatte. Ich schrieb einen Brief an die Ärztekammer Hamburg mit einem Kuvert für den besagten Dr. Holzmann darin enthalten. Darin habe ich meine Lage geschildert – und dass ich auf der Suche nach meinem biologischen Vater sei. Die Antwort kam erst auf telefonische Nachfrage meinerseits von seitens der Ärztekammer. Erst da fiel mir ein, dass ich schon vor Jahren die selbe Auskunft schon ein mal erhalten habe.