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Andere Länder, andere Gesetze

Andere Länder, andere Gesetze – das ist selbstverständlich und trifft auch auf die Regelung von Samenspenden und anderen reproduktionsmedizinischen Verfahren in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern zu. Seit ein paar Tagen ist die Neubearbeitung von Andere Länder online, wo wir die rechtliche Lage in anderen Ländern besprechen – mit einem Fokus auf europäische Länder und das Recht von Spenderkindern auf Kenntnis ihrer Abstammung.

Bei der Neubearbeitung haben wir uns bemüht, die tatsächlichen Rechtsgrundlagen ausfindig zu machen und zu verlinken, damit alles im Original nachgelesen werden kann. Wir hoffen, dass die Verweise auf andere Länder gerade bei der Formulierung des Auskunftsrechts von Spenderkindern – das ja im Koalitionsvertrag steht – eine Inspiration sein werden – auch dafür, dass es nicht nur bei einem Auskunftsrecht bleibt, sondern die reproduktionsmedizinischen Verfahren umfassend geregelt werden. Besonders vorbildhaft sind die Regelungen in Großbritannien und der Schweiz. 

2 Aspekte finde ich besonders auffällig: Zuerst besitzt fast jedes andere europäische Land mehr Regelungen zur Reproduktionsmedizin als Deutschland. Hier gibt es nur das relativ knappe Embryonenschutzgesetz, das Eizellspenden und Leihmutterschaft untersagt und regelt, wie man mit Embryonen umgehen soll. Welchen Regelungen aber Samenspenden unterliegen und welche Rechte die Betroffenen haben, wird nur rudimentär im BGB-Familienrecht geregelt und ansonsten den Ärzten überlassen, die natürlich erhebliche Eigeninteressen haben. Das ist in fast keinem anderen europäischen Land so und ich frage mich, wie man auf die Idee kam, den Embryo besser zu schützen als die über 100.000 Spenderkinder, die ja unbestritten existierende Menschen sind.

Zweitens fällt bei einem Vergleich der rechtlichen Regelungen in Europa auf, dass es bei der Frage, ob anonyme Spenden von Fortpflanzungszellen verboten sind, ein deutliches Nord-Süd Gefälle gibt. In Schweden, Norwegen, Finnland, Großbritannien, den Niederlanden, Deutschland, Österreich und der Schweiz sind anonyme Spenden verboten. In Belgien, Frankreich, Spanien und Tschechien sind anonyme Spenden dagegen verpflichtend oder zumindest die Regel. Ich vermute, dass diese Unterschiede mit der politischen Kultur der jeweiligen Länder und auch der religiösen bzw. weltlichen Prägung zu tun haben. Die Länder, die anonyme Spenden verbieten, haben alle eine eher offene politische Kultur und sind eher evangelisch-weltlich geprägt. Etwas aus dem Rahmen fällt dabei nur Dänemark, wo Spender die Wahl haben. Vermutlich beeinflusst hier aber auch die Tatsache, dass die weltweit größten Samenbanken ihren Sitz in Dänemark haben, die rechtlichen Regelungen.

Die Länder mit anonymen Samenspenden sind dagegen eher katholisch und noch von einem konservativen Familienbild geprägt. Meine Vermutung ist, dass man in solchen Ländern eher davon ausgeht, dass die Familie vor dem Spender als Dritten geschützt werden muss (daher die Anonymität) und das Kindeswohl nicht als eigenen Belang berücksichtigt. In Frankreich laufen Samen- und Eizellspenden sogar ausschließlich über staatliche Kliniken ab – als hätte der Staat eine Pflicht, Paaren zu Kindern zu verhelfen. Der Spender hat noch nicht mal das Recht, freiwillig auf seine Anonymität zu verzichten. Italien ist einen ganz anderen Weg gegangen und hat jegliche reproduktionsmedizinischen Verfahren mit den Fortpflanzungszellen Dritter untersagt.

Spannend wird die Frage sein, wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte angesichts der sehr unterschiedlichen nationalen Regelungen das Recht von Spenderkindern auf Kenntnis ihrer Abstammung im Rahmen des Rechts auf Familie nach Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention beurteilen wird. Es ist möglich, dass sie in nicht allzu ferner Zeit einen Fall aus Frankreich bekommen werden. In der Vergangenheit hat das Gericht besonders die Rechte leiblicher Väter gestärkt – es wäre an der Zeit, dass dies auch für die Rechte leiblicher Kinder getan wird.

Film Vaterfreuden seit gestern im Kino

Samenspenden und die Verbindungen, die dadurch zwischen eigentlich fremden Menschen geschaffen werden, sind in den letzten Jahren zunehmend zur Inspiration von Filmen geworden (zuletzt: Starbuck bzw. dessen amerikanisches Remake Delivery Man, The Kids are alright, Umständlich verliebt, The Backup Plan). Seit gestern gibt es auch einen deutschen Film zu dem Thema: Vaterfreuden (Trailer) von und mit Matthias Schweighöfer, den wir uns im Rahmen eines Mini-Spenderkinder-Kinoabends angesehen haben.

Die Story: Felix (Schweighöfer) wird von seinem Bruder auf die Idee gebracht, Samen zu spenden. Kurz darauf wird er von einem Frettchen sterilisiert. Er merkt, dass er doch gerne Vater sein möchte und versucht herauszufinden, wer die Empfängerin seiner Samenspende ist. Durch illegale Mithilfe seines Bruders erfährt er, dass die Fernsehmoderatorin Maren die Mutter seines Kindes wird. Er versucht, ihr näher zu kommen – leider ist sie jedoch kurz davor, ihren Freund Ralph zu heiraten.

Auch wenn die Geschichte sich etwas klamaukartig und erwachsenenzentriert anhört, waren wir doch positiv überrascht. Zwar kommt die Perspektive der Spenderkinder – wie fühlt man sich, wenn der genetische Vater sich hauptsächlich etwas dazuverdienen möchte und man erst ab 18 (oder 16) erfahren kann, wer er ist – nicht vor. Keiner der Beteiligten macht sich irgendwelche Gedanken darüber, wie sich das Kind fühlen wird oder wie man nach der Geburt damit umgehen wird. Nur der Arzt erwähnt in einem Nebensatz, dass das Kind mit 18 herausfinden kann, wer der genetische Vater ist.

Ein paar andere Aspekte werden aber trotzdem gut dargestellt: Felix steht zu Beginn für einen Samenspender, wie ihn die Vorurteile konstruieren. Aber er entwickelt sich im Laufe des Films stets weiter. Zunächst nur das schnelle Geld, dann die Einsicht, dass wirklich Leben entstehen wird. Nach der Diagnose, dass er selbst unfruchtbar geworden ist, sind die durch seine Samenspende gezeugten Kinder die einzige Möglichkeit für ihn, noch Nachwuchs zu haben. Einige ehemalige Spender haben vermutlich ebenso keine Kinder bekommen und sie interessieren sich  (aus diesem oder auch einen anderem Grund) auch für die Spenderkinder. Als Felix feststellt, dass gar nicht sein Sperma bei Maren genutzt wurde, fällt er ein weiteres Mal in eine Krise. Nach einem Gespräch mit seinem Vater wird ihm jedoch klar, dass „eine Familie durch Liebe entsteht“ und entscheidet sich für Maren und das Kind eines anderen Samenspenders. Hier nimmt er die Rolle eines unfruchtbaren Mannes ein, der durch eine Samenspende mit seinen Frau ein Kind bekommen kann. Damit wird deutlich aufgezeigt, dass eine Familie die so entsteht, genauso glücklich werden kann, wie eine „normale“, wenn man richtig damit umgeht und sich damit auseinandersetzt.

Marens Freund Ralph steht nicht wirklich hinter der Samenspende und dem Konzept, ein genetisch nicht eigenes Kind aufzuziehen, sondern macht es eher aus Schuldgefühlen. Das sagt er seiner Freundin Maren aber erst im Streit, als sie schon durch die Samenspende schwanger ist. Das entspricht unseren Erfahrungen, dass sich die Beteiligten nicht selten unüberlegt zu einer Samenspende entscheiden, um lösungsorientiert mit ihrem Verlust umzugehen, kein eigenes Kind zu bekommen. Ebenfalls spiegelt es die oft schlechte Beziehung zwischen sozialem Vater und Spenderkind wider, weil sich der Vater nicht richtig auf das „fremde“ Kind einlassen kann. Oft zerstört gerade der Druck die Beziehung und der Mann kommt mit seiner Unfruchtbarkeit nur schlecht klar. Ralph flüchtet sich in eine andere Welt, in dem er eine Affäre beginnt und sich betrinkt.

Und zuletzt: in einer Vorschau sieht man, wie das Spenderkind im Alter von ca. 4 Jahren darüber aufgeklärt wird, was eine Samenbank ist und was das mit ihr zu tun hat – von beiden Eltern und ohne große Bedenken. Besonders der letzte Aspekt war sehr schön, und deswegen finden wir den Film auch aus unserer Perspektive ganz gelungen.

Allerdings ist nicht ganz auszuschließen, dass manche Eltern aufgrund solcher Geschichten tatsächlich denken, dass sich der Spender in ihr Leben einmischen und ein „echter“ Vater sein möchte. Ähnliche Gedanken haben wir schon aufgrund von „The Kids are alright gehört“, in dem der Spender auf einmal eine Beziehung mit der Mutter anfängt. Das könnte manche Eltern vielleicht davon abhalten, offen mit der Samenspende umzugehen und dem Kind vielleicht auch schon vor dem Alter von 16 oder 18 Jahren eine Kontaktaufnahme zu dem Spender zu ermöglichen. Alle Spender von denen ich bisher gehört habe, sehen dies aber gerade nicht so – und hoffentlich sehen auch die meisten Eltern, dass es sich hierbei um ein nettes Thema für eine romantische Komödie handelt, aber eher nicht um die Realität. Die Liebesgeschichte dient dem Film als eine Verbindung zwischen allen Beteiligten.

Alles in allem schafft der Film aber den Drahtseilakt, im Rahmen einer Komödie einen Zugang zu diesem Thema zu schaffen und regt hoffentlich einige Menschen zu Gedanken hierüber an.

Eindrücke von Eva, Sarah und Stina

Zwei interessante Beiträge im britischen Guardian

Im britischen Guardian sind zwei interessante Artikel über Samenspenden erschienen.

Who is my sperm donor father“ über das 21jährige Spenderkind Natasha Fox ist schon fast ein Jahr alt. Natasha ist das Kind einer alleinstehenden Mutter, die sich für eine Samenspende entschieden hat, weil sie nicht den passenden Mann gefunden hat. Wie fast alle Spenderkinder von diesen solo mums und lesbischen Paaren weiß sie seit dem Kleinkindalter von ihrer Entstehungsweise. Es ist spannend zu lesen, wie sie von Anfang an sehr unbefangen damit umgeht, sie sich aber ab dem Alter von 12 Jahren eine Vater-Tochter Beziehung wünscht und sie die Anonymität des Spenders schmerzt. Inzwischen sucht sie nicht mehr nach einem Vater, sondern möchte nur mehr über den Spender erfahren und ihre Halbgeschwister kennenlernen. Der Artikel zeigt, dass die von manchen Eltern geäußerte Erwartung (oder Hoffnung), ihre Spenderkinder würden sich bei früher Aufklärung nicht für den Spender interessieren, keine Grundlage hat.

In dem Artikel „I fathered 34 children through sperm donation“ vom 31. Januar 2014 erzählt ein ehemaliger britischer Samenspender, dass er sich mit eher wenigen Gedanken in den 90ern dazu entschloss. Interessanterweise änderte sich seine Perspektive dann, als er selbst Vater wurde: „Looking back I can see that becoming a father made me more conscious of the consequences of my earlier actions.“ Leider führte erst das Ende seiner Ehe dazu, dass er sich entschloss, bei der britischen Regulierungsbehörde HFEA nachzufragen, was aus seinen Spenden geworden ist. Dass er 34 Kinder gezeugt hat, kam dann doch sehr überraschend für ihn. Als er den zuerst erwähnten Artikel letztes Jahr las, entschloss er sich, gegenüber der HFEA auf seine Anonymität (die für Spender zwischen 1991 und 2004 in Großbritannien besteht) zu verzichten. „I came to feel that to deny someone the opportunity to try to find what he or she is seeking would be an act of selfishness on my part.“ Vor kurze hat das erste seiner Kinder bei der HFEA Informationen über ihn angefordert. Bleibt zu hoffen, dass es mehr ehemalige Spender wie ihn gibt.

Interview mit Sarahs Spender Hubertus

Als unsere Vorständin Sarah im Februar letzten Jahres den Prozess vor dem OLG Hamm gegen den Arzt ihrer Eltern gewann und dieser dazu verurteilt wurde, Sarah Auskunft über ihren genetischen Vater, den damaligen Spender, zu erteilen, war die Aufregung groß. Insbesondere in Kommentaren konnte man oft lesen, der Spender wolle doch gar nichts von den durch ihn gezeugten Kindern wissen, weswegen sie in sein Leben eindringen wolle.

Da hatten viele allerdings zu viel Schlechtes erwartet: Hubertus, Sarahs Spender, las einen Artikel über den Prozess und meldete sich von selbst bei Sarah. Das Urteil gegen den Arzt musste daher nicht vollstreckt werden. Inzwischen haben sich beide mehrmals getroffen und die Verwandtschaft auch über den Family Finder Test bestätigen lassen.

Wir freuen uns alle sehr, dass es für Sarah einen so guten Ausgang genommen hat und hoffen natürlich, dass es mehr Spender wie Hubertus gibt. Hubertus war so freundlich, uns für unsere Internetseite seine Perspektive als Spender darzustellen:

Aus welchen Gründen hast Du Dich damals entschieden, Samenspender zu werden?
Ich fand die Idee sehr gut einem kinderlosen Paar zu einem Wunschkind zu verhelfen und die Einnahmen waren mir als Student willkommen.

Was hat man Dir damals zu der Samenspende gesagt?
Von ärztlicher Seite: wenig. Es ging eher um die Organisation. Ich wurde darüber informiert, dass ich anonym bleibe und auch selbst nichts über die Kinder oder Eltern erfahren werde. Aber ich wurde einmal informiert, dass die Insemination erfolgreich verlaufen sei.

War es Dir damals wichtig, dass Du gegenüber den Empfängern und dem Kind anonym bleibst?
Eigentlich nicht. Andererseits war ja klar, dass die Spenden anonym verlaufen. Damals – mit Anfang 20 – war ich auch der Überzeugung, dass die genetische Abstammung keine große Rolle spielt und nur die Erziehung und das soziale Umfeld (bzw. die Prägung durch Mutter und Vater) zählt. Wissenschaft und Gesellschaft sehen das heute auch differenzierter.

Hast Du Deiner Familie und/oder Freunden erzählt, dass Du Samenspender warst?
Nein. Die Ärzte haben mir das damals ausdrücklich empfohlen. Aber seit ich Sarah kennengelernt habe, erzähle ich davon den Menschen, die mir wichtig sind.

Hast Du in den darauf folgenden Jahren manchmal an die Kinder gedacht, die durch Dich gezeugt wurden?
Ich habe mir schon manchmal Gedanken gemacht. Mich interessierte, ob es vielleicht Ähnlichkeiten gibt, es ihnen gut geht und sie in einer glücklichen Familie aufwachsen. Meine Spendernummer habe ich daher nie vergessen.

Wie hast Du davon erfahren, dass Sarah über die Klage gegen den Arzt ihrer Eltern nach Dir sucht?
Ich las zufällig einen Artikel über Sarah, in der ich meine Spendernummer las. Das war natürlich der Hammer! Und ich war mir gleich sicher, Sarahs Spendervater zu sein. Über Sarahs Suche und die Klage hatte ich vorher nichts mitbekommen.

Hat Dir das irgendwie Angst gemacht oder wusstest Du gleich, dass Du Dich bei ihr melden möchtest?
Ich wusste sofort, dass ich mich bei Sarah melden möchte und habe direkt die Redakteure des Artikels angeschrieben, um Kontakt zu Sarah aufnehmen zu können.

Warst Du aufgeregt, bevor Du Sarah das erste Mal getroffen hast?
Ja sehr, obwohl wir uns vorher geschrieben hatten und wir schon etwas voneinander wussten. Ich hatte zudem die Sorge, dass Sarah jemand ganz anderes erwartet und ich ihren Vorstellungen von ihrem Spendervater enttäuschen würde.

Habt ihr Ähnlichkeiten entdeckt?
Sarah hat direkt Ähnlichkeiten entdeckt.

Denkst Du dass ihr eine besondere Beziehung dadurch habt, dass ihr genetisch verwandt seid?
Ich denke schon. Aber wir haben uns schon gut verstanden, bevor wie genau wussten, dass wir genetisch verwandt sind.

Bist Du dazu bereit, weitere Spenderkinder von Dir kennenzulernen?
Natürlich bin ich dazu bereit. Über „Family Tree DNA“ sind meine Daten registriert.

Wie nennst Du Dich im Verhältnis zu Sarah: Samenspender, Spender, genetischer Vater oder Vater?
Ich finde, dass der Begriff “Vater” nur Sarahs Papa, dem sozialen Vater, zusteht.

Denkst du dass Samenspenden in Deutschland anders geregelt werden sollten?
Auf jeden Fall. Die rechtliche Situation von Kindern, Eltern und Spendern sollte klar geregelt werden. Spenderkindern und Spendern sollte die uneingeschränkte Möglichkeit gegeben werden, voneinander zu erfahren. Das setzt natürlich voraus, dass die Eltern ihre Kinder informieren. Die Beratung und Betreuung der Eltern sollte fester Bestandteil der Behandlung sein. Die Reproduktionspraxen sollten einer starken staatlichen Kontrolle unterliegen.

Neuer Vorstand

Spenderkinder hat gerade einen neuen, leicht erweiterten Vorstand gewählt. Bestätigt wurden Sarah als Vorständin und Babett als Stellvertreterin. Neu sind Leni für Mitgliedschaft, Anne für Öffentlichkeitsarbeit und ich für Rechtliches. Der Vorstand wird jedes Jahr neu gewählt.

Das Beispiel Großbritannien – vorbildhafte Regulierung der Reproduktionsmedizin und Achtung der Rechte von Spenderkindern

Reproduktionsärzte und Samenbanken, die nur anhand rudimentärer rechtlicher Regeln und ohne staatliche Kontrolle den Wunsch von Erwachsenen nach einem Kind bedienen und dabei meistens die Rechte der entstehenden Kinder ignorieren – so sieht die Situation momentan in Deutschland und einigen anderen europäischen Ländern aus. Dass es auch ganz anders geht, zeigt das Beispiel von Großbritannien.

Dort sind seit 2005 anonyme Samenspenden verboten – übrigens ohne dass die Zahl der Spender zurückging, sie ist im Gegenteil sogar gestiegen.

Wie sehen die rechtlichen Regelungen aus?

In Großbritannien sind neben Samenspenden auch Eizell- und Embryonenspenden und nicht kommerzielle Leihmutterschaft erlaubt. Alle diese Aktivitäten werden von einer Regulierungsbehörde mit dem Namen Human Fertility and Embryology Authority („HFEA“) überwacht. Alle Reproduktionskliniken benötigen eine Lizenz der HFEA (sec. 4, 11 ff. HFE-Act) und müssen an diese bestimmte Daten weitergeben.

Die HFEA führt seit 1991 ein nationales Register mit allen reproduktionsmedizinischen Behandlungen, den davon betroffenen Patienten, Spendern und den daraus resultierenden Geburten. Hierfür speichert die HFEA jede Nutzung von Spendern über Kliniken (sec. 31 HFE-Act). Zwar findet ein Abgleich mit Melderegistern nicht statt, um zu erfahren, ob tatsächlich ein Kind als Resultat der jeweiligen Behandlung geboren wird. Die HFEA weiß aber von fast von allen mit Hilfe von Gametenspenden gezeugten Kindern, da sie von der jeweiligen Klinik erfährt, ob die jeweilige Behandlung tatsächlich erfolgreich war. Die Kliniken sind selbst interessiert daran, erfolgreiche Behandlungen an die HFEA zu melden, da nur solche für die Erfolgsstatistik zählen, die für die jeweiligen Kliniken veröffentlicht wird. Aus diesem Grund weisen die Kliniken ihre Patienten bereits bei der Behandlung auf das Erfordernis der Informationsweitergabe an die HFEA hin und fragen auch aktiv bei den Patienten nach. Teilweise lassen sie sich über den Behandlungsvertrag auch das Recht geben, bei dem behandelnden Frauenarzt nachzufragen.

Jede Person kann ab dem Alter von 16 Jahren bei der HFEA anfragen, ob sie mit Hilfe einer künstlichen Befruchtung über eine Klinik entstanden ist und ob eine bestimmte Person, mit der sie eine intime Beziehung haben, mit ihr verwandt ist (sec. 31ZB HFE-Act). Spenderkinder können ab dem Alter von 16 erfahren, wie viele Halbgeschwister sie haben und bestimmte nichtidentifizierende Informationen über den Spender wie Geburtsdatum, Geburtsland, ethnische Zugehörigkeit, Größe, Gewicht, Augen- Haar- und Hautfarbe, Kinder erhalten (sec. 31ZA HFE-Act). Ab dem Alter von 18 können sie sich zu einer Kontaktaufnahme mit ihren Halbgeschwistern bereit erklären (sec. 31 ZE HFE-Act). Dies gilt jedoch nur für Kinder, die ab 1991 gezeugt wurden.

Spenderkinder, die durch Spenden nach dem 31. März 2005 gezeugt wurden, können ab dem Alter von 18 Jahren die identifizierenden Daten des Spenders erhalten (sec. 31ZA para 2a HFE-Act, sec. 2 para 3 Human Fertilisation and Embryology Authority (Disclosure of Donor Information) Regulations 2004). Dies wird erstmals im Jahr 2023 der Fall sein. Spenderkinder, die vor diesem Datum gezeugt wurden, erhalten nur dann identifizierende Informationen über ihren Spender, wenn ihr Spender auf Anonymität verzichtet. Bislang haben dies lediglich 126 Spender getan. Spenderkinder erhalten jedoch nicht-identifizierende Informationen über den Spender sowie die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme zu Halbgeschwistern. Spenderkinder, die vor 1991 gezeugt wurden, haben dagegen nur wenige oder überhaupt keine Informationen über ihren Spender. Für sie existiert jedoch seit 2004 ein staatlich gefördertes Register, das Donor Conceived Register (früher bekannt unter dem Namen UK DonorLink), bei dem sich Spenderkinder und Spender registrieren lassen können und per DNA-Test auf Verwandtschaft abgeglichen werden.

Spender können sich über die Anzahl, das Geschlecht und das Geburtsjahr aller mit ihrer Hilfe gezeugten Kinder informieren (sec. 31ZD para 3 HFE-Act). Ein Spender darf nur für 10 Familien verwendet werden. Dies wird durch die HFEA überwacht und Verstöße sind äußerst selten. Die Eltern erhalten auf Anfrage Informationen über die Anzahl, das Geschlecht und das Geburtsjahr von Halbgeschwistern ihrer Kinder.

Rechtlich werden die Empfänger Eltern, die Spender sind dagegen keine rechtlichen Eltern (sec. 27-29 HFE-Act). Spender und Empfänger haben keine Ansprüche gegeneinander. Dies gilt jedoch nur für Samenspenden über die von der HFEA lizensierten Kliniken, bei privaten Samenspenden kann ein Samenspender auch rechtlicher Vater werden.

Die HFEA verpflichtet die von ihr lizensierten Kliniken außerdem, Spender und Empfänger über die Auswirkungen der Behandlungen zu informieren (sec. 13 para 6 C HFE-Act). Das beinhaltet Informationen darüber, dass die Eltern ihre Kinder im jungen Alter über ihre Abstammung aufklären sollten und wie sie dies tun können. Hierzu müssen die Kliniken standardisierte Informationen verwenden und weitergeben.

Wie kam es zu diesen fortschrittlichen rechtlichen Regelungen?

1984 empfahl ein Bericht des Untersuchungsausschusses zu Menschlicher Fruchtbarkeit und Embryologie (sog. Warnock-Report) die Einrichtung einer Behörde, die IVF und Embryonenforschung überwachen sollte. Aufgrund des Human Fertilisation and Embryology Act 1990 („HFE-Act 1990“) wurde im August 1991 die Regulierungsbehörde HFEA als weltweit erste dieser Art gegründet.

Der HFE-Act 1990 sah noch eine Anonymität von Spendern vor, unter anderem weil ansonsten ein Rückgang der Spender und rechtliche und emotionale Schwierigkeiten innerhalb der Familie befürchtet wurde. Allerdings schloss die Regierung bereits zu diesem Zeitpunkt nicht aus, dass Spenderkinder in Zukunft einmal die Identität der Spender erfahren könnten.1 Auch riet der Warnock-Ausschuss von einer Geheimhaltung innerhalb der Familie ab und empfahl einen Zugang von Spenderkindern zu Basisdaten über den Spender ab dem 18. Lebensjahr.

Eine der Hauptaufgaben der HFEA war seit ihrer Gründung ist die Führung eines Registers über alle Spender, Empfänger und entstandene Spenderkinder. Spender wurden von Anfang an um zusätzliche Informationen gebeten die mit den Eltern und dem Kind geteilt werden können. Außerdem konnte jede Person im Alter von 18 Jahren eine Anfrage an die HFEA stellen, ob er oder sie mit Hilfe eines Spenders entstanden ist. Verlobte konnten anfragen, ob sie von demselben Spender abstammen.

In den 90er Jahren erschienen jedoch zunehmend Berichte von Spenderkindern, die von Problemen mit der Anonymität ihrer genetischen Eltern und der Art ihrer Aufklärung berichteten und die Ungleichbehandlung mit Adoptierten kritisierten.2 Auch das Donor Conception Network, eine im Jahr 1993 gegründete Elternorganisation, setzten sich für die Aufhebung der Anonymität von Spendern ein.3

Im Jahr 2000 klagten zwei britische Spenderkinder, Joanna Rose und EM, vor dem „England and Wales High Court“ gegen die HFEA auf Aufhebung der Anonymität der Spender wegen einer
Verletzung von Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), dem Recht auf Familienleben, und Art. 14 EMRK Gleichheit, wegen der Ungleichbehandlung in Vergleich zu adoptierten Personen. Das Gericht entscheid mit Urteil vom 26. Juli 2002 zunächst nur, dass Art. 8 EMRK einschlägig ist, behielt sich jedoch eine weitere Entscheidung bis zum Abschluss einer 2001 begonnenen Regierungskonsultation vor. Bereits diese Entscheidung stellte jedoch einen Erfolg in dem Angriff auf die Anonymität der Spender dar.

Nach Abschluss der Regierungskonsultation kündigte im Januar 2004 die Gesundheitsministerin Melanie Johnson in einer Rede an, dass die HFEA von 2005 an nur noch Spender akzeptieren würde, die mit der Bekanntgabe ihrer Identität an die von ihnen abstammenden volljährigen Kinder einverstanden wäre. Dies beinhaltet den vollen Namen, Geburtsdatum und -ort und die letzte bekannte Adresse.

Sie begründete diese Entscheidung vor allem mit der Ähnlichkeit der Situation von Spenderkindern zu Adoptierten, die Informationen über ihre Abstammung erhalten können und bei denen man früher ebenfalls davon ausging, dass die Adoption einen Bruch zu ihrer vorherigen Familie darstellte, der auch durch Informationen nicht überwunden werden sollte. Als wichtigen Grundsatz für die Infertilitätsbehandlungen setzte sie hinzu: „The interests of the child are paramount. We live in an age where, as technology continues to develop, our genetic background will become increasingly important.“ Und: „Clinics decide to provide treatment using donors; patients make a decision to receive treatment using donors; donors decide to donate. Donor-conceived children, however, do not decide to be born – is it therefore right that access to information about the donation that led to their birth should be denied to them?

Die überwiegende Zahl der Kliniken und die British Fertility Society kritisierte die Entscheidung und äußerte (im Nachhinein unbegründete) Befürchtungen, dass die Zahl der Spender um bis zu 80 Prozent sinken könnte. Melanie Johnson äußerte jedoch bereits in ihrer Rede: „We can change the culture of donation“ – was sich im Nachhinein als wahr erwies.

Die angekündigten Änderungen wurden in der Human Fertilisation and Embryology Authority (Disclosure of Donor Informations) Regulation 2004 umgesetzt.
Die HFEA revidierte gleichzeitig auch ihre interne Politik. Nachdem sie zwischen 1991 und 2005 Kliniken lediglich verpflichtete, das potentielle Interesse der Kinder an Kenntnis ihrer Abstammung zu beachten und ob die zukünftigen Eltern auf diese Fragen vorbereitet sind, verpflichtete sie nun die Kliniken, die Wunscheltern zu ermutigen, gegenüber den Kindern offen mit der Entstehungsweise umzugehen.4

Alles gut in Großbritannien?

Ist in Großbritannien nun alles perfekt für Spenderkinder geregelt? Angesichts der Tatsache, dass das Verbot anonymer Spenden erst seit 2005 gilt und Spenderkinder, die vor 1991 gezeugt wurden, keinerlei Informationen über Spender und Verwandte erhalten können, kann man das nicht sagen. Man muss auch sehen, dass für Spenderkinder, die zwischen 1991 und März 2005 gezeugt worden sind, das Recht der Spender auf Anonymität höher bewertet wird als das Recht der Spenderkinder auf Kenntnis ihrer Abstammung. Da es sich hierbei um ein Menschenrecht der Spenderkinder handelt (so ja auch das Gerichtsurteil des High Court of England and Wales) und eine Ungleichbehandlung zu Adoptierten, ist diese Wertung zweifelhaft. Viele Spenderkinder würden es außerdem begrüßen, wenn sie zu Halbgeschwistern auch schon vor dem Alter von 18 Jahren Kontakt aufnehmen könnten.

Für viele Spenderkinder ist es jedoch eine Genugtuung, dass ihr Recht auf Kenntnis der Abstammung zumindest für die Zukunft anerkannt wird und die Regierung versucht, den Interessen der vorher gezeugten Spenderkinder durch die nachträgliche Registrierung von Kontaktmöglichkeiten und der Unterstützung eines DNA-Registers zumindest ein bisschen Rechnung trägt. Allerdings sind gerade die staatlichen Zuschüsse in den letzten Jahren deutlich gekürzt worden, und dort arbeiten keine Personen mit einem sozialberatenden Hintergrund.

In Studien wird davon ausgegangen, dass die Möglichkeit, Informationen über den Spender zu erhalten, dazu führt dass Eltern offen und positiv mit dieser Form der Familiengründung umgehen.5 Daher ist davon auszugehen, dass Eltern in Großbritannien ihre Kinder häufiger aufklären als Eltern in Deutschland, wo das Recht von Spenderkindern auf Informationen über ihren Spender immer noch wenig geregelt ist und auch in den verschiedenen Kliniken deutlich anders gehandhabt wird. Auch in Großbritannien klären jedoch viele Eltern ihre Kinder immer noch nicht darüber auf, dass sie mit einer Samen- oder Eizellspende entstanden sind. Viele britische Spenderkinder würden daher begrüßen, wenn die Abstammung auf der Geburtsurkunde festgehalten würde. Hierzu gab es eine Initiative im Jahr 2008, die leider bei der Gesetzgebung bislang nicht berücksichtigt wurde. Auch die British Association for Adoption and Fostering setzt sich für dieses Ziel ein.

Ein Vorbild für Deutschland?

Für Deutschland sollte das britische System der Regulierung von Reproduktionskliniken als Vorbild dienen. Ich finde es immer wieder verwunderlich, dass man eine Methode, bei der Menschen erzeugt werden, ganz der Selbstregulierung durch die Ärzte überlassen hat, die natürlich erhebliche finanzielle Eigeninteressen haben und nicht qualifiziert dafür sind, die Auswirkungen auf den Familienbildungsprozess zu beurteilen. Aufgrund der lockeren politischen Steuerung der Reproduktionsmedizin in Deutschland befinden sich die individuellen Ärzte dagegen in einer Autoritätsposition, wie sie die Informationen über den Spender handhaben und wie sie die betroffenen Familien beraten. In der Praxis hat dies zu sehr unterschiedlichen Vorgehensweisen bei der Erfassung und Aufbewahrung der Spenderdaten geführt.6 Die Untätigkeit des Gesetzgebers ist umso verwunderlicher, als dass dem Schutz von Embryonen – also Menschen, die möglicherweise gar nicht auf die Welt kommen – ein Gesetz mit Straf- und Ordnungswidrigkeitsvorschriften gewidmet ist, das Embryonenschutzgesetz. Auch dieses Gesetz wird jedoch nicht durch Regulierung überwacht, sondern es wird nur über die jeweils zuständige Staatsanwaltschaft auf Verstöße reagiert.

Insbesondere wenn man sich die Internetseiten verschiedener Reproduktionsärzte, -kliniken und Samenbanken ansieht, stellt man fest, dass diese völlig unterschiedliche Informationen vermitteln. Viele schreiben überhaupt nichts über die psychosozialen Herausforderungen, die eine Samenspende auf die Familienbildung hat. Andere weisen gar nicht oder nur sehr zurückhaltend auf das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung hin und stellen auch die rechtliche Lage unzutreffend dar. Manche versehen dies sogar mit Hinweisen, dass ihrer Meinung nach ein Verschweigen der Samenspende das Beste für die Familie ist. Angesichts solcher unzutreffender Informationen wäre eine Regulierungsbehörde, die die Tätigkeiten der Kliniken überwacht und die Bereitstellung bestimmter standardisierter Informationen für Spender, Empfänger und Kinder durchsetzen kann, absolut wünschenswert.

Vorbildhaft sind ebenfalls die Informationsmöglichkeiten für alle Beteiligte, insbesondere dass Spender nicht-identifizierende Informationen über die durch sie gezeugten Kinder erhalten können und Spenderkindern eine Kontaktaufnahme zu Halbgeschwistern vermittelt wird.

Andere Aspekte der britischen Gesetzgebung würden wir lieber nur angepasst in Deutschland übernehmen. Wie die britischen Spenderkinder stellt für uns die Eintragung des Spenders in das Geburtenregister entsprechend der Situation bei Adoptierten die beste Lösung dar, weil dann Eltern einen sehr deutlichen Anreiz haben, ihre Kinder über ihre Abstammung aufzuklären. Bei einem zentralen Register muss man ja erst einmal auf die Idee kommen, dass man nicht von den Eltern abstammt, um über eine Anfrage dann Klarheit zu erhalten.

Ein Recht von Spenderkindern auf Erhalt identifizierender Informationen über ihren Spender nur für die Zukunft einzuführen, wäre dagegen aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich in Deutschland. Hier muss davon ausgegangen werden, dass das Recht auf Kenntnis der Abstammung von Spenderkindern gegenüber anderen Interessen überwiegt, insbesondere weil dieses Recht seit den 60er Jahren in Deutschland anerkannt ist und die entsprechenden Beschlüsse und Richtlinien der Ärztekammer seit 19707 darauf hinweisen, dass dem Spender keine Anonymität zugesichert werden kann.

  1. Blyth E (2008) Donor insemination and the dilemma of the unknown father. Bockenheimer-Lucius G, Thorn P, Wendehorst C (Hrsg.), Umwege zum eigenem Kind, Göttingen, S. 157 ff., S. 159. []
  2. Turner A, Coyle A (2000) What does it mean to be a donor offspring? The identity experiences of adults conceived by donor insemination and the implications for counselling and therapy. Human Reproduction 15 (9): 2041-2051, 2045. []
  3. Daniels K (2007) Anonymity and openness and the recruitment of gamete donors. Part 2: Oocyte donors. Human Fertility (4) 10 S. 223–231, S. 229. []
  4. Blyth E, Langridge D, Harris R: Family building in donor conception: parents’ experiences of sharing information, in: Journal of Reproductive and Infant Psychology Vol. 28, No. 2, May 2010, 116–127, S. 116. []
  5. Freeman T, Jadva V, Kramer W, Golombok S (2009) Gamete donation: parents’ experiences of searching for their child’s donor siblings and donor. Human Reproduction 24 (3): 505-516, 506. []
  6. Klotz M (2013) Genetic Knowledge and Family Identity: Managing Gamete Donation in Britain and Germany. Sociology 47: 939-956, S. 944, 946. []
  7. Deutsches Ärzteblatt 1970, 1982. []

Fernsehbeitrag Sperm Donor Tells His Fiance He May Have 70 Biological Children

Wie geht man als Spender gegenüber seiner Familie damit um, dass man möglicherweise zahlreiche Kinder erzeugt hat? Diese Frage widmet sich der US-amerikanische Fernsehbeitrag „Sperm Donor Tells His Fiance He May Have 70 Biological Children„. Der ehemalige Spender, ein sehr sympathischer Jurist, findet über das Donor Siblings Registry heraus, dass er über 70 biologische Kinder hat. Seine Verlobte hat damit Probleme, da sie selbst eine Familie mit ihm gründen möchte und befürchtet, dass er sich emotional an die Spenderkinder bindet. Er trifft dann zwei der durch ihn gezeugten Kinder im Alter von 8 und 4.

Ich kann die Bedenken der Verlobten fast ein bisschen verstehen, denn natürlich sind über 70 Kinder wirklich viel. Vielleicht würde sie anders denken, wenn es „nur“ 15 wären. Diese hohe Zahl ist auf jeden Fall ein Plädoyer dafür, dass die Zahl der Kind begrenz werden muss bzw. der Spender ein Mitentscheidungsrecht haben sollte, wie häufig sein Sperma verwendet wird. Auf der anderen Seite zeugt es von einem hohen Verantwortungsbewusstsein ihres Verlobten, dass er bereit ist, seine Anonymität aufzugeben und die Kinder zu treffen – Eigenschaften, die man sich eigentlich von seinem Partner und Vater der künftigen Kinder wünscht. Aber nicht zuletzt haben auch ihre künftigen Kinder ein Recht darauf, von ihren Halbgeschwistern zu erfahren. Und vielleicht fände die sie Vorstellung gar nicht mehr so angsteinflößend, wenn sie bei den Treffen mit den Kindern dabei wäre und alles ein bisschen mehr auf sich zukommen lassen würde – die 70 Kinder werden sich schließlich nicht alle gleichzeitig melden.

In dem zweiten Erzählstrang geht es um zwei Halbgeschwister, die sich als junge Erwachsene erstmals treffen. Diese Teil ist nur positiv, die beiden verstehen sich auf Anhieb super und sehen sich wirklich ähnlich.

Ich fand den Film sehr gut und teilweise auch sehr bewegend, auch wenn es teilweise etwas nachgedreht wirkt. Der Film ist 45 Minuten lang und auf Englisch (ohne Untertitel etc.).

2 Beiträge mit uns auf SWR2 Tandem am Donnerstag, 16. Januar 2013

Am Donnerstag, dem 16. Januar 2013 werden zwei Beiträge mit Mitgliedern unseres Vereins auf SWR2 Tandem gesendet.

Den Auftakt macht von 10:05 bis 10:30 Spenderkinder-Mitglied Clara in der Sendung „Vater unbekannt“ von Eva Lauterbach. „Clara ist 26 und schwanger, als sie die Umstände ihrer eigenen Zeugung erfährt: anonyme Samenspende. Der Schock über diese Tatsache, die ihr die Mutter in einem Café eröffnet, geht tief. „Was ist noch alles nicht wahr?“, fragt sie sich spontan.“ Es gibt einen Mitschnitt und ein Manuskript der Sendung.

Von 19:20 bis 20:00 ist Spenderkinder-Mitglied Stina im Gespräch mit Roland Wagner bei „Hörer Live„. Zuhörer können unter 07221-2000 oder per email an diskussion.tandem@swr.de Gedanken zum Thema äußern oder von eigenen Erfahrungen berichten. Man kann sich auch einen Mitschnitt der Sendung anhören.

Vortrag auf dem Symposium in Erlangen: Ein Recht auf Identität

Hier endlich der Vortrag, den ich am 22. November 2013 auf dem Symposium in Erlangen gehalten habe. Er wird im Frühjahr des Jahres auch in einem Reader zusammen mit den Vorträgen der anderen Referenten erscheinen. Sobald der Reader draußen ist, werden wir darauf natürlich noch einmal hinweisen.

Spenderkinder – ein Recht auf Identität

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich stehe hier vor Ihnen als Vertreterin des Vereins Spenderkinder, einer Interessenvertretung von durch Samenspende gezeugten Menschen. Zu meinem Hintergrund: ich bin 33 Jahre alt – sieben davon weiß ich, dass ich durch eine Samenspende an der Universitätsklinik Essen gezeugt wurde. Von der Ausbildung her bin ich Juristin und Politikwissenschaftlerin und wohne in Berlin. Auf der Internetseite unseres Vereins schreibe ich unter meinem Spitznamen Stina.

Als Vorbereitung für diesen Vortrag hat Herr Dr. Hammel mir mit auf den Weg gegeben, dass etwa 50 Reproduktionsmediziner anwesend sein werden, die mehrheitlich noch nie ein Spenderkind gesehen, geschweige denn mit ihm gesprochen haben. Insofern möchte ich mich ganz herzlich für die Gelegenheit bedanken, vor einer so relevanten Zielgruppe als unmittelbar Betroffene unsere Sicht auf Familiengründung mit Samenspenden darstellen zu können.

Jetzt sehen sie mich und stelle wahrscheinlich 3 Dinge fest: ich sehe ganz normal aus, habe keine zwei Köpfe, und ich bin eindeutig kein Kind mehr, sondern werde selbst bald Mutter. Das zeigt, dass wir Wunschkinder keine Kinder bleiben, sondern uns zu Erwachsenen mit eigenen Interessen entwickeln. Dazu gehört: wer bin ich – von wem stamme ich ab. Daher haben wir diesen Vortragstitel gewählt – ein Recht auf Identität.

Ich möchte Ihnen in diesem Vortrag die Arbeit unseres Verein vorstellen, und zwar folgendermaßen: ich werde ihnen zuerst ein paar Basisinformationen über unseren Verein und unsere Arbeitsbereiche geben. Dann möchte ich Ihnen fünf Grundaussagen vorstellen, die uns Spenderkindern in der Diskussion über Familiengründung mit Samenspende wichtig sind und die unseren Forderungen – die sie auf unserer Internetseite und in unserer Kurzdarstellung nachlesen können – zugrunde liegen. Diese sind:

1. Das Wissen um die genetische Abstammung ist Teil menschlicher Identität und ein Grundrecht.
2. Spenderkinder wurden um einen Teil ihrer Identität gebracht.
3. Reproduktionsmediziner tragen Verantwortung für die mit ihrer Hilfe entstehenden Familien und Menschen.
4. Spenderkinder-Familien sind keine ganz normalen Familien.
5. Auch der Samenspender trägt eine gewisse Verantwortung.

Zuletzt werde ich ein kurzes Fazit ziehen.

I. Der Verein Spenderkinder

Wir sind eine Interessenvertretung von durch Samenspende gezeugten Menschen in Deutschland und haben uns 2009 als nicht eingetragener Verein gegründet. In den zwei Jahren davor gab es uns bereits als losen Zusammenschluss, aber ohne rechtliche Organisation. Kennengelernt haben wir uns vor allem über die Internetseite www.spenderkinder.de.

Die Organisation als Verein bedeutet, dass wir nach innen demokratische Strukturen besitzen, einen gewählten Vorstand haben, wichtige Entscheidungen abstimmen und dass wir uns mindestens einmal jährlich persönlich treffen. Wir haben inzwischen über 50 Mitglieder zwischen 18 und 48 Jahren.

Manche finden unseren Vereinsnamen Spenderkinder etwas irreführend, weil wir alle erwachsen sind. Viele von uns stehen schon mitten im Berufsleben und sind selbst Eltern. Auf Englisch heißen Menschen wie wir „donor offspring“ oder „donor conceived. Hierfür gibt es leider keine entsprechenden deutschen Begriffe, und „Menschen die durch Samenspende gezeugt wurden“ klingt auf Dauer doch recht umständlich. Aber alle Menschen sind in der Beziehung zu ihren Eltern – wozu wir auch unseren genetischen Vater, den Samenspender zählen – ein Leben lang „Kinder“. Und genau um diese Beziehung zu dem Spender geht es uns bei diesem Namen. Er entspricht außerdem dem Namen unserer belgischen und niederländischen Pendants: donorkind.

Die Arbeit unseres Vereins erstreckt sich hauptsächlich auf drei Bereiche:

1. Öffentlichkeitsarbeit und Aufklärung

Zuerst möchten wir die Öffentlichkeit über eine Familiengründung mit Samenspende aus Sicht der hierdurch entstandenen Menschen, der unmittelbar Betroffenen, informieren. Eine der prägenden Erfahrungen für viele von uns war, dass bis vor einigen Jahren die Perspektive der Spenderkinder selbst nicht präsent war. Wir nehmen wahr, dass sich die Öffentlichkeit viel stärker mit Paaren mit Zeugungsproblemen identifizieren können – was vielleicht auch daran liegt, dass die Öffentlichkeit zum Großteil aus Erwachsenen besteht, die ebenfalls an eine Familiengründung denken oder diese hinter sich haben. Dadurch bedingt werden Kinder oft nur als Ziel und Ergebnis der Wunscherfüllung wahrgenommen. Dementsprechend werben die meisten Reproduktionskliniken mit niedlichen lachenden Babys. Zu diesem Zeitpunkt ist das Kind als Ziel präsent, nicht aber der erwachsene Mensch, der es einmal wird, mit eigenen Wünschen und Bedürfnissen.

Wir möchten daher Eltern, Ärzte und Spender dafür sensibilisieren, dass das Wissen um die genetische Abstammung wichtiger Teil der Identität von uns Spenderkindern ist – genau wie bei Adoptierten. Eltern möchten wir dazu ermutigen, ihre Kinder früh über ihre Entstehung durch eine Samenspende aufzuklären.

Das machen wir vor allem über unsere Internetseite, über die Mitwirkung an Medienberichten und auch über die Beratung per Email, da es einige Eltern gibt, die sich mit Fragen an uns wenden.

2. Lobbyarbeit

Der zweite Teil unserer Arbeit ist die klassische Lobbyarbeit – die Forderung von Änderungen, die unserer Ansicht nach im deutschen Recht erforderlich sind, um die Rechte von Spenderkindern zu schützen. Hierzu zählt insbesondere die Freistellung des Spenders von Unterhalts- und Erbansprüchen, aber auch eine verpflichtende Beratung der Eltern vor Inanspruchnahme einer Samenspende und eine stärkere Regulierung von Samenbanken und Ärzten bei der Dokumentation und Spenderauswahl, zum Beispiel bei der Zahl der durch einen Spender gezeugten Kinder.

3. Kontakt

Der letzte Teil unserer Arbeit ist die Förderung von Kontakt unter uns Spenderkindern. Wir tauschen Erfahrungen aus und suchen nach Halbgeschwistern und unserem Spender über den genetischen Test Family Finder einer US-amerikanischen Firma. Das machen wir auch international und vertiefen im Moment insbesondere die Kooperation zwischen Spenderkindern auf europäischer Ebene.
II. Was ist aus Perspektive der Spenderkinder wichtig?

Damit komme ich zum zweiten Teil meines Vortrags, nämlich den Grundaussagen, die aus der Perspektive von uns Spenderkindern wichtig sind.

1. Das Wissen um die genetische Abstammung ist Teil menschlicher Identität und ein Grundrecht

Das Wissen um die genetische Abstammung ist Teil menschlicher Identität und ein Grundrecht. Dieses Grundrecht gilt für alle – auch für Spenderkinder.

Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 1988 ausdrücklich festgestellt, dass jeder Mensch das Recht auf Kenntnis über erlangbare Informationen über seine Abstammung hat.1 Dies war aber bereits seit den 60er Jahren herrschende juristische Meinung.2 Von diesem Rechtsanspruch abgesehen ist es Teil unserer persönlichen Geschichte und damit unserer Identität, durch eine Samenspende und damit eine dritte Person außerhalb der Beziehung unserer Eltern entstanden zu sein.

Oft wird uns entgegengehalten, dass doch die soziale Familie wesentlich wichtiger für die Entwick­ lung der eigenen Persönlichkeit sei. Wir möchten soziale und genetische Verwandtschaft nicht gegeneinander aufwiegen. Unsere Eltern sind unsere Eltern, egal ob wir genetisch verwandt sind. Keines unserer Mitglieder würde sagen, dass allein die genetische Verwandtschaft entscheidend ist. Aber wir haben das Gefühl, dass sie auch wichtig ist und dass sie zu uns gehört, und dass uns durch das Unwissen um die genetische Herkunft ein Teil unserer persönlichen Identität fehlt. Dieses Wissen über die genetische Herkunft ist für die meisten Menschen selbstverständlich. Sie wachsen damit auf, müssen es nie hinterfragen und sind sich daher der grundlegenden Bedeutung nicht bewusst.

Das Wissen um die genetische Abstammung ist Teil der Identität.3 Das zeigt sich auch auf der Ebene der Eltern. Aus diesem Grund – Bewahrung der genetischen Verwandtschaft – möchten viele Menschen auch möglichst gerne ein genetisch eigenes Kind bekommen. Und Reproduktionskliniken bemühen sich, diesen Wunsch zu erfüllen. Zur Not auch mit einer Samenspende, damit wenigstens ein Elternteil mit dem Kind genetisch verwandt ist. Und aus diesem Grund bekommt man im Krankenhaus nach der Geburt auch nicht irgendein Kind mitgegeben, sondern das Eigene. Für mich ist das immer noch der am schwierigsten nachvollziehbare Teil in der öffentlichen Debatte der Samenspende: dass der Wunsch von Eltern nach einem teilweise genetisch eigenen Kind als so selbstverständlich akzeptiert wird, der Wunsch der durch Samenspende gezeugten Kinder auf Kenntnis ihrer Abstammung, der doch auf dem gleichen Grundverständnis der Bedeutung von genetischer Abstammung für ein Individuum resultiert, so wenig.4

Die Bedeutung der genetischen Verwandtschaft setzt sich bei der Kindesentwicklung fort: Kinder werden von ihrer Geburt an ständig auf Ähnlichkeit zu ihrer näheren und entfernteren Verwandtschaft abgeglichen. Jeder von uns hat sicherlich schon einmal Sprüche gehört wie: Das hast Du von Papa, der Apfel fällt nicht weit vom Stamm oder Вlut ist dicker als Wasser. Bei all diesen Sprüchen fragen wir Spenderkinder uns jedoch: von wem haben wir das wirklich? Wer ist dieser andere Mann?

Kein Mitglied unseres Vereins möchte mit dem Spender den sozialen Vater ersetzen. Beide gehören zu uns, beide haben einen Platz im Familiengefüge und wir möchten deshalb auch beide kennen. Uns ist bewusst, dass genetische Verwandtschaft die Erfahrungen und Erlebnisse nicht ersetzen kann, miteinander aufzuwachsen. Der Spender und wir sind uns erst einmal fremd. Das schließt aber nicht aus, dass man sich trotzdem ähnlich ist oder gut versteht. Das kann so sein, muss aber nicht. Manchmal werden wir gefragt, ob wir den Spender auch kennenlernen wollten, wenn er ganz anders ist, als wir ihn uns vielleicht vorstellen. Das beinhaltet zwei falsche Annahmen: das wir uns überhaupt Vorstellungen machen, und dass wir eine Art idealen Vater finden möchten. Es geht uns aber darum, diesen Teil von uns in unser Selbstverständnis zu integrieren – egal wie der Spender ist. Die in den Medien vielbeschworenen Unterhaltsansprüche spielen dabei für die Spenderkinder, die ich kenne, überhaupt gar keine Rolle. Aus diesem Grund setzen wir uns auch für die rechtliche Absicherung der Spender ein.

Weil dieses Wissen so grundlegend für unser Selbstverständnis ist, halten wir es für sehr wichtig, dass Eltern ihre Kinder so früh wie möglich über eine Zeugung durch Samenspende aufklären. Es gibt Schätzungen, dass nur etwa 5 bis 10 Prozent der Eltern, die ihre Kinder mit einer Samenspende bekommen, diese tatsächlich hierüber aufklären. Genau weiß man dies aber natürlich nicht, da allgemein noch nicht einmal Daten vorhanden sind, wie viele Kinder in Deutschland tatsächlich durch eine Samenspende entstanden sind. Bei einer späten Aufklärung oder einer zufälligen Entdeckung droht ein Vertrauensbruch.5 Ich kann Ihnen aus eigener Erfahrung sagen, dass es ein sehr schmerzhafter, teilweise stark belastender Prozess sein kann, etwas so wichtiges wie die Abstammung im Erwachsenenalter noch revidieren zu müssen.6

Noch schmerzhafter wird er dadurch, dass die Menschen, die uns so verletzen, diejenigen sind, denen wir vorher vertraut haben: die eigenen Eltern. Diese Erfahrung eines Vertrauensbruchs haben zum Glück nicht alle Mitglieder unseres Vereins machen müssen, da einige bereits im Kindesalter von ihrer Zeugung durch eine Samenspende erfahren haben. Aber auch sie möchten wissen, von wem sie abstammen.7

Die Problematik der späten Aufklärung ist aus dem Bereich der Adoption gut bekannt.8 Dort ist die Aufklärungsrate in Deutschland mittlerweile mit geschätzten 90 Prozent deutlich höher – wahrscheinlich deswegen, weil die genetischen Eltern in einem amtlichen Dokument, dem Geburtenregister, festgehalten werden.9

2. Spenderkinder wurden in Deutschland rechtswidrig um einen Teil ihrer Identität gebracht

Fast alle Spenderkinder, die von der Klinik oder dem Arzt ihrer Eltern mehr über ihre Abstammung erfahren wollten, haben dieselbe Erfahrung machen müssen: Die Ärzte unserer Eltern behaupten, dass der Spender ein Recht auf Anonymität habe und dass die Daten wegen einer angeblichen Mindestaufbewahrungsdauer von 10 Jahren nicht mehr vorhanden seien. Persönliche Erinnerungen seien nach so langer Zeit natürlich nicht mehr vorhanden.

Wie fühlt man sich, wenn man erfährt, dass man ein Recht hat, dieses aber bereits faktisch zunichte gemacht wurde, als man selbst 9 Jahre alt war? Um es höflich auszudrücken: man fühlt sich in seinen Rechten missachtet und bevormundet.

Wir hören bis heute von vielen Ärzten, dass es eine ausdrückliche Aufbewahrungspflicht für Daten zu Samenspenden erst seit 2007 gibt. Das Recht auf Kenntnis der Abstammung sei auch erst 1988 festgestellt worden und dessen Reichweite außerdem unklar. Dazu kann ich auch als Juristin nur sagen: das ist rechtlich nicht haltbar.

Bis zum Jahr 1970 galt eine Samenspende in Deutschland durch Ärzte als standeswidrig. Das bedeutete, dass einem Arzt bei Zuwiderhandlung die Arztzulassung entzogen werden konnte. Dies wurde dann 1970 durch die Bundesärztekammer revidiert. Allerdings wurde in dem Beschluss der Ärztekammer darauf hingewiesen, dass Ärzte den betroffenen Kindern die Identität der Spender schon aus familienrechtlichen Gründen nennen müssen. Daher seien anonyme Spenden nicht erlaubt.10 Gleichzeitig wiesen, die damaligen Muster-Berufsordnungen der Ärzte auch darauf hin, dass Behandlungsdaten länger als 10 Jahre aufbewahrt werden müssen, wenn dies die ärztliche Erfahrung nahelegt.11

Trotz dieser Regelungen entschieden sich die Ärzte unserer Eltern, den Spendern vertraglich Anonymität zuzusichern und auch unseren Eltern eine entsprechende – rechtswidrige – Erklärung abzuverlangen.12

Dabei hören wir Geschichten, weswegen die Daten entweder nicht aufbewahrt werden mussten und was mit ihnen angeblich passiert ist: das reicht von einem Wasserrohrbruch zu einem Brand oder einer Aktenvernichtung wegen Selbstmordgedanken. Es fällt uns schwer, diese Geschichten zu glauben. Fast alle von uns müssen sich aber bis heute damit arrangieren, eine Lücke in ihrem Selbstverständnis zu akzeptieren.

Was wir von den Ärzten unserer Eltern jedoch bisher nie gehört haben, ist eine ernsthafte Entschuldigung dafür, dass unseren Interessen in der Vergangenheit so wenig Rechnung getragen wurde. Stattdessen wird uns entgegnet, dass der Spender ein Recht auf Anonymität habe und dass wir für unsere Existenz dankbar sein sollten. Das empfinden wir als Anmaßung.13

Aufgrund dieser Erfahrungen habe ich viel Hochachtung vor der Samenbank Erlangen, die von der Gründung an versucht hat, die Interessen der Kinder stärker zu berücksichtigen. Die Tatsache, dass sie Samenspender finden, obwohl sie keine Anonymität zusichern, zeigt dass die Anonymität von Samenspenden noch nie die Erfolgsbedingung war. Hierfür sprechen auch die Erfahrungen aus verschiedenen anderen europäischen Ländern wie Schweden, Großbritannien, den Niederlanden, die Schweiz und Österreich, die anonyme Samenspenden schon längst ausdrücklich verboten haben.14

3. Reproduktionsmediziner tragen eine Verantwortung für die mit ihrer Hilfe entstehenden Familien und Menschen

Das bringt mich zum nächsten Punkt: Auch Reproduktionsmediziner tragen eine Verantwortung für die mit ihrer Hilfe entstehenden Familien und Menschen. Diese wurde in der Vergangenheit nicht immer wahrgenommen. Teilweise wurde sie sogar ins Gegenteil umgekehrt, wenn Ärzte den Paaren die Geheimhaltung der Samenspende gegenüber ihren Kindern empfahlen.

Menschen mit unerfülltem Kinderwunsch befinden sich in einer emotional sehr schwierigen Situation – oft stellt eine Samenspende für sie die letzte Möglichkeit dar, doch noch ein Kind zu bekommen. Dazu kommt die Belastung durch Unfruchtbarkeit. Daher sind viele Paare in dieser Situation nicht in der Lage, über ihren Kinderwunsch hinaus an die Auswirkungen ihrer Entscheidung für ihre zukünftigen Kinder zu denken. Sie brauchen daher Beratung – und der die Samenspende durchführende Arzt ist der nächste Ansprechpartner. Die Eltern vertrauen ihm oft deswegen haben seine Ratschläge Auswirkungen auf ihr Verhalten.15

Meine Eltern sagten mir, dass es für sie ein langsamer Erkenntnisprozess war, zu der Feststellung zu gelangen, dass ich von der Art meiner Zeugung wissen sollte. Ausdrücklich dazu geraten haben ihnen die damals behandelnden Ärzte nicht. Sie wurden mit ihrer Entscheidung nach der Samenspende alleine gelassen. Das wird dieser Form der Familiengründung nicht gerecht. Leider gibt es bis heute Reproduktionsmediziner, die ausdrücklich vertreten, man sollte vor den Kindern die Zeugung durch Samenspende geheim halten, gerne begleitet durch den Zusatz: sie wollen doch schnell eine ganz normale Familie werden.16 Damit nehmen Sie ihre Verantwortung für die mit ihrer Hilfe entstehenden Familien nicht wahr, schaden der entstehenden Familie und verletzen die Rechte der Kinder.17 Das Verschweigen ist auch für die Eltern oft schwierig. Manche berichten von jahrelangen Gewissensbissen gegenüber ihren Kindern.18

Wir wünschen uns, dass Reproduktionsmediziner, die Samenspenden anbieten, die damit verbundene Verantwortung ernst nehmen. Das bedeutet, dass sie Eltern mit auf den Weg geben sollten, dass die Person des Spenders für ihr Kind einmal Bedeutung erlangen könnte. Sie sollten ihnen zu einer frühen Aufklärung raten, um das Kind nicht zu bevormunden und eine kontinuierliche Identitätsentwicklung zu ermöglichen. Sie sollten sie außerdem bestärken, dass Ehrlichkeit und Offenheit entscheidend zu einem langfristig guten Familienklima beitragen. Gleichzeitig könnten sie die Eltern beruhigen, dass eine enge soziale Bindung auch durch die genetische Verwandtschaft zum Spender nicht in Frage gestellt werden wird. Sie sollten aber betonen, dass eine soziale Bindung anders als bei biologischer Verwandtschaft aktiv hergestellt werden.

4. Spenderkinder-Familien sind keine ganz normalen Familien

Das knüpft wieder an den nächsten Aspekt an, der uns wichtig ist: Spenderkinder-Familien sind keine ganz normalen Familien. Sie sehen nur meistens von außen so aus, und daher ist die Verlockung möglicherweise groß, so zu tun als ob. Nicht normal zu sein ist aber nicht schlimm – wir Spenderkinder wünschen uns mehr Mut zu der Tatsache, anders zu sein und dazu zu stehen.

Natürlich kann man insgesamt darüber streiten, was „normal“ eigentlich bedeutet. Im Rahmen von Familienstrukturen kann man sich aber wahrscheinlich darauf einigen, dass „normal“ eine Familie ist, bei der das Kind mit beiden Eltern genetisch verwandt ist. Wenn ein Dritter an der Zeugung beteiligt ist, den die Eltern nicht kennen, handelt es sich um eine Ausnahmesituation. Ich glaube nicht, dass die Eltern diesen Aspekt je vergessen, auch wenn sie sich dazu entschließen, es zu einem Geheimnis zu machen.19 Für den Mann bedeutet die Familiengründung mit Samenspende, dass er genetisch nicht mit dem Kind verwandt ist, die Mutter aber schon. Das kann eine ungleiche Ausgangslage zu dem Kind herstellen, insbesondere wenn dieser Aspekt in der Familie nicht bewusst wahrgenommen wird.

Ab der Entscheidung für die Samenspende ist der Spender aber Teil des Familiengefüges. Er ist ein unsichtbarer Dritter, der auch auf das Verhalten der Eltern den Kindern gegenüber Einfluss nimmt. Viele Kinder spüren instinktiv, dass da „etwas nicht stimmt“.20 Viele unserer Mitglieder bestätigen dies.

Ein nicht offener Umgang mit der Samenspende bringt unserer Erfahrung nach Väter oft dazu, sich entweder von den Kindern zu distanzieren oder empfindlicher auf bestimmte Trübungen des Verhältnisses zum Kind zu reagieren. Ich bin mir sicher, dass meine Zeugung durch Samenspende das Verhältnis zu meinem Vater in der Vergangenheit negativ beeinflusst hat, weil er mir gegenüber eine unangenehme Mischung aus unsicher und eifersüchtig war. Seitdem ich von meiner Abstammung durch eine Samenspende weiß, ist unser Verhältnis wesentlich besser. Ich kann mich besser in in hinein versetzen und glaube, dass ich das auch als Kind schon hätte tun können. Ihm ist die Angst genommen worden, dass ich ihn ablehnen würde, sobald ich die Wahrheit weiß. Ehrlich gesagt bin ich jedoch traurig über die verpasste Chance, schon viel früher eine ehrlichere Beziehung zu ihm aufbauen zu können.

Wir verstehen natürlich die Ängste der Eltern und insbesondere der Väter. Ein offener Umgang bedeutet immer auch, dass Dritte von der Samenspende und der eigenen Unfruchtbarkeit erfahren. Manche befürchten eine Ausgrenzung ihrer Familie und der Kinder. Das ist unserer Erfahrung nach aber unbegründet. Keines unserer Mitglieder wurde bislang aus diesem Grund ausgegrenzt. Ein offener Umgang mit dem Thema und eine selbstbewusste Familie vermittelt dem Kind außerdem ein Selbstwertgefühl, das auch mit negativen Reaktionen umgehen kann.

5. Auch ein Samenspender trägt eine gewisse Verantwortung

Damit komme ich zu dem letzten Aspekt, der uns wichtig ist: auch der Samenspender trägt eine gewisse Verantwortung. Damit ist natürlich keine Verantwortung finanzieller oder sorgerechtlicher Art gemeint, sondern eine moralische Verantwortung. Er weiß, dass mit seinem Erbgut ein Mensch entsteht. Daher sollte ihm bewusst sein, dass dieses Kind sich möglicherweise irgendwann auch für seine Abstammung interessiert. Das Motiv, für die Spende Geld zu erhalten, sollte daher nicht ausschlaggebend sein. Entscheidend sollte viel mehr sein, dass er kinderlosen Paaren helfen und Leben schenken möchte.

Wir hatten im Laufe der Jahre unserer Arbeit Kontakt zu ganz unterschiedlichen Spender-Persönlichkeiten. Darunter waren absolut verantwortungslose Personen, die uns ganz klar gesagt haben, dass sie nur wegen des Geldes Samen gespendet haben und nicht möchten, dass ihre „Brut“ bei ihnen auftaucht. Andere haben auch zugegeben, dass sie bei mehreren Samenbanken spenden.

Auf der anderen Seite gab es aber auch sehr positive Kontakte zu Spendern, die bereit zu einem Kontakt sind. Einige konnten nachvollziehen, dass die genetische Abstammung wichtig für das Selbstverständnis ist. Andere wiederum sind selbst neugierig darauf, wie sich ihre Kinder entwickelt haben. Für einige war der Beweggrund, dass sie inzwischen eine eigene Familie haben und es schlimm fänden, wenn ihre Kinder sich so fühlen würden wie wir. Sie wiesen auch darauf hin, dass sie selbst damals keine offene Spende wählen konnten.21

Daher meine Bitte, insbesondere an die Reproduktionsmediziner: suchen sie solche verantwortungsbewussten und offenen Spender. Es gibt sie – man findet sie nur eher nicht durch Werbung wie „Kommen Sie bei uns“ oder „Geld verdienen mit einer Samenspende“, sondern indem man den Aspekt des Helfen und Leben schenken in den Vordergrund stellt.22 Und schließen sie nicht Gruppen wie Homosexuelle aus, die besonders interessiert an einem späteren Kontakt zu dem Kind sind.23 Und kommen Sie den Interessen solcher offener Spender entgegen. Diese hätten teilweise auch gerne nach der Spende mehr Informationen, zum Beispiel darüber, wie viele Kinder schon mit ihrer Hilfe gezeugt wurden und ob diese gesund sind.24 Viele sind auch durchaus bereit für einen offenen oder halb-anonymen Kontakt, bevor die Kinder 16 oder 18 Jahre alt werden.

III. Fazit

Damit komme ich zum Schluss meines Vortrags. Wir hören in Zusammenhang mit Samenspenden viel Negatives – von drohenden Unterhaltsverpflichtungen der Spender, Spenderkindern, die die Familie des Spenders zerstören könnten, und Familiengeheimnissen die notwendig sind um die Familie vor der Bedrohung durch einen Dritten zu schützen.

Wir Spenderkinder plädieren dafür, die Erweiterung der Familie durch Samenspenden bei aller Herausforderung, die sie darstellt, auch als Chance zu begreifen – für die gesamte Familie und die Spender. Grundsätzlich ist es eine schöne Sache, mehr Menschen in seinem Leben zu haben, mit denen man verwandt ist und potentielle Gemeinsamkeiten hat. Das gilt insbesondere für die Erweiterung der Familie durch Halbgeschwister. Für mich war das ein schöner Aspekt daran, durch eine Samenspende gezeugt worden zu sein, weil ich Einzelkind bin und mir immer Geschwister gewünscht habe. Jetzt muss ich sie nur noch finden. In den USA finden seit mehreren Jahren Treffen von ganzen Familien statt, die den selben Spender haben. Hierzu kann man sich bewegende Videos auf Youtube ansehen.25 Für sie ist die Familienerweiterung ein wunderschönes Ereignis, und oft finden sich interessante Gemeinsamkeiten. Auch für die Eltern ist es schön, Halbgeschwister ihrer Kinder kennenzulernen und andere Eltern, mit denen sie über ihre Kinder verbunden sind.26 Viele würden sich auch gerne bei dem Spender bedanken, dass er ihnen geholfen hat, ihre Kinder zu bekommen.

Und zuletzt kann es auch für den Spender ein gewinnbringendes und sogar bewegendes Ereignis sein, 17 Jahre später einen Menschen, ein Kind kennen zu lernen.27

Deswegen unser Wunsch: lassen sie uns Samenspenden in Deutschland mit einem menschlicheren – und damit meinen wir offeneren – Zugang regeln – im Sinne aller Beteiligten.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

  1. BVerfG NJW 1988 3010, NJW 1989, 891. []
  2. BGH NJW 1956, 668; OLG Oldenburg NJW 1956, 677; OLG Stuttgart, MDR 1956, 621; Neumann-Duesberg, NJW 1957, 1341, 1342; Pasquay, Die künstliche Insemination, Diss. Freiburg 1968, 155-156; Herzog, Die heterologe Insemination in verfassungsrechtliche Sicht, Diss. Würzburg 1971, 36-37; Kleineke, Das Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung, Diss. Göttingen 1976, 51, 299; Zimmermann, FamRZ 1981, 929, 932; Giesen, FamRZ 1981, 413, 419; Lauff/Arnold, ZRP 1984, 279, 282; Kollhosser, JA 1985, 553, 557; Benecke, Die heterologe künstliche Insemination im geltenden Zivilrecht, Frankfurt 1986, 66-67; Deutscher Juristinnenbund, JZ 1986, 777; Müller FamRZ 1986, 635; Harder, JUS 1986, 505, 508; Laufs JZ 1986, 769, 772; Schumacher FamRZ 1987, 313, 319. []
  3. Klotz M (2013) Genetic Knowledge and Family Identity: Managing Gamete Donation in Britain and Germany. Sociology 47: 939-956, S. 940; Rose J (2009) A Critical Analysis of Sperm Donation Practices: The Personal and Social Effects of Disrupting the Unity of Biological and Social Relatedness for the Offspring: 291, PhD Thesis 2009, Queensland University of Technology. []
  4. vgl. Rose 2009 S. 74, 93, 112 ff. []
  5. Turner A, Coyle A (2000) What does it mean to be a donor offspring? The identity experiences of adults conceived by donor insemination and the implications for counselling and therapy. Human Reproduction 15 (9): 2041-2051, 2045. []
  6. vgl. zu den Gefühlen der Spenderkinder in dieser Situation Daniels K, Meadows L (2006) Sharing information with adults conceived as a result of donor insemination. Human Fertility (2) 9, S. 93 – 99. []
  7. vgl. Scheib J, Riordan M, Rubin S (2005): Adolescents with open-identity sperm donors: reports from 12–17 year olds. Human Reproduction 20 (1): 239-252, 246: 82,2% der befragten früh aufgeklärten 12-17jährigen Spenderkinder mit einem open identity Spender haben vor, den Spender in der Zukunft zu kontaktieren. Die frühe Aufklärung führt zu einer positiveren Einstellung zur Zeugung durch Samenspende, so auch Jadva V, Freeman T, Kramer W, Golombok S (2009): The experiences of adolescents and adults conceived by sperm donation: comparisons by age of disclosure and family type. Human Reproduction 24 (8): 1909–1919,1917. []
  8. Knobbe W (2001) Psychologische Aspekte der Adoption. Familie Partnerschaft Recht S. 315-316, S. 309; zu anderen Gemeinsamkeiten zur Adoption vgl. Adams D (2013) Is a Donor Conceived Person „Half Adopted?“ Australian Journal of Adoption 7 (2). []
  9. §§ 21, 27 Abs. 3 Nr. 1, 62 Abs. 1, 63 Abs. 1 PStG. []
  10. Deutsches Ärzteblatt 1970, 1982. []
  11. zum Beispiel die Muster-Berufsordnung aus dem Jahr 1979, Deutsches Ärzteblatt 1979, 2442. []
  12. OLG Hamm, Urteil vom 06.02.2013, Az. I-14 U 7/12 = NJW-Spezial 2013, 165; AG Essen FamRZ 1992, 936. []
  13. sehr zutreffend hierzu Oelsner W (2013) Gespendet wird Samen. Heran wachsen Menschen. Kölner Stadtanzeiger 14.02.2013; Rose 2009 S. 103. []
  14. zu Großbritannien siehe die Darstellung der Regulierungsbehörde HFEA; zur Situation in Schweden Lalos A, Daniels K, Gottlieb C, Lalos O (2003) Recruitment and motivation of semen providers in Sweden. Human Reproduction 18 (1): S. 213-216, S. 216. []
  15. Lalos A, Gottlieb C, Lalos O (2007) Legislated right for donor-insemination children to know their genetic origin: a study of parental thinking. Human Reproduction 22 (6): 1759-1768, 1767. []
  16. siehe zum Beispiel die Internetseite von Dr. Poluda aus München: Die Anonymität ist eine wichtige und hilfreiche Maßnahme. Sie garantiert, daß der Samenspender keine Möglichkeit hat, über unsere Praxis den Weg zu den Kindern, die mit seinem Samen gezeugt wurden, zurückzuverfolgen.Andererseits ermöglicht sie einem betroffenen heterosexuellen Paar, sich ihren Kindern als biologische Eltern darzustellen. Damit werden emotionale Konflikte für das Kind, die ja bei dieser Konstellation vorstellbar sind, ausgeschlossen. []
  17. vgl. zu den Argumenten gegen Geheimhaltung McGee G, Brakman S, Gurmankin A (2001) Disclosure to children conceived with donor gametes should not be optional. Human Reproduction 16 (6): 2033-2038, 2034. []
  18. Daniels K, Grace V, Gillett W (2011) Factors associated with parents’ decisions to tell their adult offspring about the offspring’s donor conception. Human Reproduction (10) 26, S. 2783–2790. []
  19. vgl. Rose 2009, S. 171. []
  20. Turner A, Coyle A (2009), 2045. []
  21. vgl. zur Motivation und Gefühlen von ehemaligen Spendern Smith I (2013), Sperm donors – Moving out of the Shadows. Contact and connection between former sperm donors and their offspring – experiences and perspectives. Australian Journal of Adoption 7 (2). []
  22. vgl. Lalos A, Daniels K, Gottlieb C, Lalos O (2003) S. 216. []
  23. Riggs D, Russell L (2011) Characteristics of men willing to act as sperm donors in the context of identity-release legislation. Human Reproduction 26 (1): 266 – 272, 271. []
  24. Thorn P, Katzorke T, Daniels K (2008) Semen donors in Germany: A study exploring motivations and attitudes. Human Reproduction 23 (11): 2415–2420, 2417; Raes I, Ravelingien A, Pennings G (2013) The Right of the Donor to Information About Children Conceived From His or Her Gametes. Human Reproduction 28 (3): 560-565. []
  25. California Cryobank, Kids of Donor 5114. []
  26. Freeman T, Jadva V, Kramer W, Golombok S (2009) Gamete donation: parents’ experiences of searching for their child’s donor siblings and donor. Human Reproduction 24 (3): 505-516, 511. []
  27. Smith I. (2013) S. 7. ff. []

Jahresrückblick 2013

Das Jahr 2013 war sehr erfolgreich für unseren Verein Spenderkinder. Darüber freuen wir uns sehr und sehen dies als Bestätigung, dass unsere Arbeit wichtig ist und ernst genommen wird.

Zunächst war da natürlich das Urteil des OLG Hamm vom 6. Februar 2013, dass unserer Vorständin Sarah das Recht zusprach, von dem Arzt ihrer Eltern Auskunft darüber zu verlangen, wer ihr genetischer Vater – der Samenspender – ist. Erfreulicherweise schenkte das Gericht den Beteuerungen des Arztes keinen Glauben, er habe die Daten nicht mehr. Obwohl das Urteil absolut der bisher herrschenden Meinung in der juristischen Literatur entsprach, war es das erste Mal dass ein Spenderkind dieses Recht gerichtlich durchsetzte. Das Medienecho war deswegen groß und das Urteil war auf den Titelseiten vieler überregionaler Zeitungen. Die Zeitungsartikel waren größtenteils positiv, etwas überrascht hat uns jedoch das negative und teilweise sogar ausfallende Echo der Nutzerkommentare, in denen vor allem befürchtet wurde, dass es bei verpflichtender Offenheit der Samenspender nicht mehr genug Spender geben würde. Leider bilden sich immer noch viel zu viele Menschen ihre Meinung, ohne sich über das Thema ausreichend zu informieren. In dem Bereich gibt es für uns also noch viel Informationsarbeit zu leisten.

Um so schöner war deswegen, dass sich Sarahs genetischer Vater von selbst bei ihr gemeldet hat und sie sich seitdem einige Male getroffen haben. Das Urteil gegen den Arzt musste daher nicht vollstreckt werden. Angesichts des weiter ablehnenden Verhaltens dieses und anderer Ärzte werden aber wohl weitere Klagen erforderlich sein.

Vielleicht auch über das große Medienecho zu dem Urteil begründet, haben wir dieses Jahr die höchste Zahl neuer Mitglieder begrüßen können und sind nun über 50. Wir freuen uns sehr, dass unser Verein wächst. Damit steigen die Meinungen, die wir repräsentieren, und die Chance, dass wir Halbgeschwister finden.

Dementsprechend konnten wir dieses Jahr auch die ersten zwei Verwandten-Treffer über unseren DNA Test Family Finder feiern: einer zwischen einem Spender und einem Spenderkind und einer zwischen Halbgeschwistern.

Im November haben wir dann an dem 1. Erlanger Symposium zur Familiengründung durch Samenspende teilgenommen. Wir haben einen Vortrag dazu gehalten, was aus Sicht von uns Spenderkindern wichtig bei dieser Form der Familiengründung ist, an der Pressekonferenz und der Podiumsdiskussion teilgenommen und waren die ganze Zeit lang mit einem Stand präsent. Wir haben die Teilnahme als sehr positiv empfunden und es haben sich darüber sehr viele interessante Kontakte ergeben.

Zuletzt haben die Regierungsparteien CDU und SPD in den Koalitionsvertrag aufgenommen, dass das Recht von Spenderkindern auf Kenntnis ihrer Abstammung auch einfachgesetzlich geregelt wird. Das war schon lange eine Forderung von uns, damit dieses Recht nicht nur Menschen mit juristischer Vorbildung verstehen, sondern es wirklich jeder im Gesetz nachlesen kann.

Wie jedes Jahr haben wir auch an einigen Medienberichten mitgewirkt – besonders gut geworden sind unserer Meinung nach der Radiobeitrag „Eine Spende fürs Leben“ auf EinsLive und der Artikel „Samen on the Rocks“ in der FAZ.

Wir hoffen auf ein ähnlich erfolgreiches Jahr 2014 und wünschen allen unseren Mitgliedern und Lesern unserer Internetseite alles Gute fürs kommende Jahr!