Erfahrungsbericht von Thomas

Auch ich habe während meiner Studienzeit eine Zeitlang Samen gespendet. Zuvor hatte ich etwas darüber gelesen und auch, dass es zu wenige Spender gebe. Mich dafür zu entscheiden, hatte mich anfangs schon etwas Überwindung gekostet, denn ein wenig Scham war da zu Beginn durchaus dabei. Und was das später einmal mit sich bringen könnte, darüber habe ich auch erst mal ein wenig nachdenken müssen. Wesentlich für das Spenden war dann schon die Aufwandsentschädigung, die für einen Studenten recht viel Geld war. Ohne diesen finanziellen Anreiz und die zugesicherte Anonymität hätte ich es sicherlich nicht getan. Dass man kinderlosen Paaren durch die Spende bei der Erfüllung Ihres Kinderwunsches hilft, war ja klar; darum ging es bei der Spende ja letztlich.

In dem Gespräch mit dem damaligen Arzt vor der ersten Spende wurde das Thema Spenderkinder, und was das für diese später mal bedeuten könnte, nicht angesprochen. Zum einen war zu der damaligen Zeit (Ende 80er Jahre) vermutlich noch wenig Sensibilität hierfür vorhanden und falls doch, hatten die Ärzte wahrscheinlich auch Angst, potentielle Spender damit zu verschrecken. Aber hier kann ich nur spekulieren.

Da ich selber mit einem Stiefvater aufgewachsen bin und von diesem Umstand erst mit 19 erfahren habe, war mir damals aber durchaus bewusst, dass Kinder, die aus einer Samenspende entstehen und von diesem Umstand wissen, später einmal wissen wollen, wer ihr genetischer Vater ist. Ich hatte dieses Bedürfnis ja schließlich selber und hierfür reichte mir damals nicht der Name und wo er wohnt, sondern ich wollte mehr über ihn erfahren und ihm auch selber begegnen.

Inwieweit ich mich später mal finden lassen würde, darüber habe ich mir damals noch keine Gedanken gemacht. Das war zeitlich einfach viel zu weit weg.

Dieses Thema kam mir erst in den letzten Jahren immer mal wieder in den Sinn, ohne aber schon konkreter zu werden. In einer Fernsehsendung wurde ich das erste Mal auf DNA-Datenbanken aufmerksam und dass man hierüber nach genetisch Verwandten suchen kann und Kinder hierüber nach ihren leiblichen Eltern suchen.

Ohne in dieser Richtung bereits aktiv geworden zu sein, hat mich das Thema dann kürzlich völlig überraschend auf einer Familienfeier eingeholt, als mir eine Großcousine von ihrer Ahnenforschung erzählte und dass es auch Verwandte in Australien gäbe und sie Kontakt zu jemanden hätte, die mittels Samenspende gezeugt wurde und nach dem Spender suche. Da ich während meines Studienaufenthalts auch in Australien ein paar Mal gespendet habe, das Alter passte und auch noch die Stadt übereinstimmte, war es mehr als wahrscheinlich, dass ich der gesuchte Spender bin.

Dies musste ich dann erst einmal ein paar Tage sacken lassen und habe dann meine Großcousine um Kontaktvermittlung gebeten, die dann auch sehr schnell zustande kam.

Ich habe ihr dann umgehend geschrieben und dabei für mich neben einer gewissen Neugierde auch eine gewisse Berührtheit empfunden, zu wissen, da sucht jemand nach mir und es ist für diese Person sehr wichtig. Ich erzählte ihr von damals und den damaligen Umständen und dass ich vermutlich die Person bin, nach der sie suche. Ein erstes Foto habe ich direkt mitgesendet, auf dem ich mit meinen Geschwistern (wir im Alter von etwa 3 bis 5 Jahren) zu sehen bin. In ihrer Antwort schrieb sie dann, sie hätte sich sofort in mir wiedererkannt und ich hätte ihr nicht schreiben brauchen, wer ich auf dem Foto bin. Allein dies empfand ich als sehr berührend. Der Rest ihrer Antwort war es ebenfalls.

Mittlerweile habe ich ihr viel von mir erzählt und sie auch schon einiges von sich und wir lernen uns so langsam kennen.

Die durch sie als auch ihre Mutter ausgedrückte Dankbarkeit für das Kennenlernendürfen, haben mich noch weiter darin bestärkt, auch den anderen Spenderkindern diese Möglichkeit zu geben. Ich gebe damit nicht nur etwas, sondern bekomme auch viel dafür zurück.