Jahresbericht 2022

1. Verein

Am 15. Oktober fand unser offizielles Vereinstreffen in Berlin statt.

Als Ansprechpersonen für Infos über die größeren Kliniken haben wir einzelne Mitglieder, deren Kontaktdaten wir direkt an neue Spenderkinder weiterleiten können. Das wird gut angenommen.

In der ersten Jahreshälfte hatte die Arbeitsgruppe inklusive Sprache, einen Vorschlag für unsere künftige Wortwahl gemacht. Der Vorschlag wurde im Juli von der Mehrheit der Vereinsmitglieder angenommen. Jetzt steht die Überarbeitung der Texte auf der Internetseite an, das ist relativ zeitaufwendig.

2. Verwandtentreffer

Für Spenderkinder, die noch keinen DNA-Test gemacht haben, empfehlen wir weiterhin Ancestry, weil man die Rohdaten dieses Tests auch bei Family Finder und MyHeritageDNA kostenlos hochladen kann. Das geht zwar mit 23andMe auch, aber Ancestry hat die größere Datenbasis.

Dieses Jahr haben wir mindestens 8 weitere genetische Väter identifiziert (teilweise von größeren Halbgeschwistergruppen). Insgesamt haben wir 50 genetische Väter identifiziert. Außerdem haben wir 14 neue Halbgeschwistergruppen von insgesamt 70, die größte umfasst 9 Familien.

3. Internetseite

Folgende Beiträge auf unserer Internetseite aus diesem Jahr möchten wir besonders ans Herz legen:

Sunny hat auf ihrem YouTube Kanal Reagenzglasbaby einige spannende Beiträge veröffentlicht, die über die Playlist für Spenderkinder zu finden sind:

4. Öffentlichkeitsarbeit

  • Zwischen 2016 und 2017 hatte die Forscherin Amelie Baumann einige unserer Mitglieder für ihre kulturanthropologische Forschungsarbeit befragt. Im Frühjahr 2022 veröffentlichte sie die Ergebnisse ihrer Forschungsarbeit im freiverfügbaren Buch „Becoming Donor-Conceived“
  • Im März hat Anne bei der Fachtagung Sprache der Ethik – Ethik der Sprache der Universität Tübingen, der Hochschule St. Georgen Frankfurt a.M., der Katholischen Akademie Rabanus Maurus Frankfurt a.M., der Universität Mainz und der Evangelischen Akademie Frankfurt a.M. einen Vortrag „‘Altruismus‘ und ‚Spenden‘ – eine Frage der Perspektive? – Sprachbilder in ethischen Diskussionen am Beispiel der Reproduktionsmedizin“ eingebracht.
  • Im April war Anne bei der Medizinethischen Fachtagung in Vallendar zum Thema: Wer bin ich? Herkunft von Spenderkindern mit einem Vortrag „Ich bin keine Spende – Psychologische Herausforderungen bei Samenspende“.
  • Im Juni hat Anne im Seminar Herausforderungen für die Familiengründung im Kontext moderner Medizintechnologien (WPF), evangelische Hochschule Nürnberg, unter dem Titel „Eine Frage der Perspektive.“ Den Blick auf die Perspektive von Spenderkindern gerichtet.
  • Im Juli vertrat Anne uns bei der 1. Sitzung der Fokusgruppe des Kompetenzzentrums Kinderwunsch. Das Projekt KompKi läuft seit August 2021 unter der Leitung von Prof. Dr. Birgit Mayer-Lewis an der Evangelischen Hochschule Nürnberg. Ziel ist es, ein Konzept zur „Errichtung eines deutschlandweiten Kompetenzzentrums Kinderwunsch“ zu erarbeiten. Das Projekt wird für drei Jahre vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert. Anschließend soll das Kompetenzzentrum gestartet werden. Schwerpunktthemen konzentrieren sich auf die Bereiche Forschung, Beratung, Unterstützung, Information und Vernetzung rund um das Thema des „unerfüllten Kinderwunschs“. Dabei werden Expert*innen und Betroffene u.a. in Fokusgruppen einbezogen, um herauszuarbeiten, was wichtig ist. Diese Fokusgruppen treffen sich geplant 2x im Jahr. (mehr Infos unter www.kompki.de)
  • Im September hat Sandra einen Workshop über „Kinderwunsch in neuen Paar- und Familienkonstellationen“ bei der Jahresttagung von DonumVitae am 16./17.09.2022 in Karlsruhe gehalten, deren Hauptthema „Beratung all inclusive – Vielfalt in der Schwangerschaftsberatung“ war.
  • Im November hat Anne eine Online-Fortbildungseinheit für die Ruppiner Kliniken GmbH, Neuruppin, für Therapeut*innen und PädagogInnen der Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie übernommen.
  • Ebenfalls im November hat Anne beim Symposium „Aktuelle Entwicklungen in der Familienbildung mit Hilfe Dritter: Positionierungen – Rahmenbedingungen – Grenzen“ des Uniklinikums Heidelberg und BKiD einen Vortrag mit dem Titel „Aspekte zur Eizellvermittlung mit Fokus auf ihre Bedeutung für Spenderkinder“ gehalten.
  • Erste Ergebnisse der Spenderkinderstudie 2020 von Anne und Tobias Bauer wurden in den Vorträgen mündlich vorgestellt sowie als Poster und Postertalk beim DGPPN-Kongress in Berlin und bei der Jahreskonferenz der japanischen Bioethik-Vereinigung, beides im November 2021. Weitere Publikationen sind in Arbeit.
  • Infos zu Beiträgen von, über und mit uns oder unser Thema posten wir außerdem auf unserer Internetseite, Twitter, Facebook und Instagram.

5. Rechtliches

  • Es laufen weiterhin mehrere Gerichtsverfahren unserer Mitglieder gegen Novum.

Die rechtliche Beratung betraf in den letzten Monaten insbesondere die Gebühr für Auskunft. Anfang des Jahres kontrollierten wir die Internetseiten aller Samenbanken in Deutschland auf richtige Darstellung des Rechts auf Kenntnis der Abstammung, Impressum etc.

6. Beratung

  • Beratung von Wunscheltern: Die Beratung von Personen, die bereits Kinder durch Samen- oder Eizellvermittlung haben oder darüber nachdenken sowie über Embryonenabgabe, haben größtenteils Sandra und Martina übernommen. Dort zeigt sich nach wie vor ein großer Beratungsbedarf und unzureichende sonstige Unterstützungsmöglichkeit.
  • Kontakt zu ehemaligen „Samenspendern“/Beratung: Gelegentlich melden sich Männer bei uns, die in der Vergangenheit Samen „gespendet“ haben und mehr oder weniger offen für Kontakt sind. Wir informieren diese Männer über die Möglichkeiten der Suche über DNA-Datenbanken und unterstützen bei der Kontaktaufnahme zu genetischen Kindern.

7. Medienbeiträge

8. Internationales

Der Europarat hat im Dezember 2022 eine vergleichende Studie veröffentlicht zum Thema „Access of persons conceived by gamete donation to information on their origins“, die zu dem Ergebnis kommt, dass die meisten Mitgliedsstaaten inzwischen dazu tendieren, dem Kind ein Recht auf Kenntnis seiner Abstammung zu geben, so dass der Europarat empfehlen könnte, dass die Mitgliedsstaaten einen Mechanismus einführen, dass durch „Spender“ gezeugte Personen ein Recht auf Zugang zu Informationen über ihre Abstammungen haben. 

Auf europäischer Ebene wird derzeit der Vorschlag für die so genannte SoHO Verordnung verhandelt (Regulation on substances of human origin, welche die Geweberichtlinie aus dem Jahr 2004 (Tissues and cells Directive (2004/23/EC)) ablösen wird. Unter den Anwendungsbereich fällt auch der Umgang mit abgegebenen Ei- und Samenzellen. Die Verordnung richtet sich stärker als die Geweberichtlinie auch auf Reproduktionsmedizin und soll ausdrücklich die Sicherheit von „Spendern“ und Kinder sicherstellen, die aus „gespendeten“ Eizellen, Samen oder Embryonen entstehen.

9. Ausblick auf 2023

Im Januar findet die 2. Sitzung der KompKi-Fokusgruppe statt.

Die neue Bundesregierung aus SPD, Bündnis 90 / Die Grünen und FDP hat sich in den Bereichen Familienpolitik, Abstammungsrecht und Reproduktionsmedizin viel vorgenommen. Die Pläne im Koalitionsvertrag weisen dahin, dass genetische Abstammung und Elternschaft weiter voneinander gelöst werden sollen, weil die mit einer Mutter verheirateten Frau automatisch auch Mutter eines Kindes werden soll, soweit nichts anderes vereinbart worden ist. Außerdem sollen Vereinbarungen möglich werden, wer Elternteil eines Kindes werden soll. Positiv für Spenderkinder sind insbesondere zwei Vorhaben: es soll ein statusunabhängiges Feststellungsverfahren eingeführt werden, in dem ein Kind seine Abstammung gerichtlich klären lassen kann ohne zugleich die rechtliche Elternschaft anfechten zu müssen, und das Samenspenderregister soll auch für bisherige Fälle, private Samenspenden und Embryonenspenden geöffnet werden. Der Bundesminister der Justiz Marco Buschmann hat im Podcast Lage der Nation vor einigen Wochen angekündigt, dass der Entwurf für die Reform des Abstammungsrechts im Jahr 2023 veröffentlicht werden soll.