Social Freezing als neues Geschäftsmodell der Reproduktionsmedizin

Im Moment wird das Angebot von Apple und Facebook heiß diskutiert, für ihre weiblichen Angestellten das Einfrieren von Eizellen zu ermöglichen, damit diese mit ihrem Kinderwunsch nicht mehr ganz so festgelegt auf die fruchtbaren Jahre sind. Einige sehen dieses so genannte „social freezing“ als Akt weiblicher Selbstbestimmung, andere als Ökonomisierung auch der Fortpflanzung. Uns Spenderkinder betrifft das Thema nicht direkt, denn es werden ja die eigenen Eizellen für eine spätere Schwangerschaft eingefroren.

Was mich an social freezing in diesem Rahmen aber beunruhigt, ist die Festigung des Gedankens, dass Reproduktionsmedizin alles möglich mache und man die Realisierung des Kinderwunsches damit absichern könne

Genau dieser Gedanke, dass Reproduktion alles möglich macht, führt dazu, dass Paare mit Kinderwunsch häufig denken, sie müssten alle Möglichkeiten ausschöpfen, die ihnen die Reproduktionsmedizin bietet, um alles Machbare probiert zu haben: Samen-, Eizell- und Embryonenspende und am besten auch noch die Leihmutterschaft – auch wenn diese Verfahren in Deutschland – aus ethischen Gründen, abseits der technischen Machbarkeit – teilweise verboten sind. Mir fehlt dabei die Achtung davor, dass es nicht vollkommen planbar ist, Kinder ins Leben zu bringen. Entsprechend vermissen wir aufgrund dieses Machbarkeitsdogmas bei einigen Wunscheltern das Bewusstsein, dass die Würde der Kinder von manchen dieser Verfahren verletzt werden.

In der Süddeutschen Zeitung vom Wochenende war ein dazu passender Artikel über eine Frau, die erst im Alter von 40 Jahren ihren Kinderwunsch realisieren wollte. Als es dann nicht funktioniert hat, ist sie, als sei das ein probates Mittel, erfolglos auf eine anonyme Eizellspende im Ausland ausgewichen, für eine Leihmutterschaft fehlt ihr dann „leider“ das Geld. Sowohl bei der – zudem noch anonymen – Eizellspende als auch bei der Leihmutterschaft, werden die Rechte der dadurch entstehenden Menschen nicht gewahrt. Für eine Adoptionsbewerbung war sie zu alt. So begibt man sich durch den Aufschub des Kinderwunsches freiwillig in die Hände der Reproduktionsmedizin, die entgegen ihrer Versprechen kein Kind garantieren kann.

Auch bei social freezing ist nicht sicher, wie lange die Eizellen das Einfrieren überleben und ob eine Schwangerschaft überhaupt entstehen kann – die Erfolgsquoten bei künstlicher Befruchtung sind nicht so gut. Die Entnahme der Eizellen erfordert außerdem eine vorherige hormonelle Stimulierung und Entnahme unter Vollnarkose – Eingriffe in den Körper, die Risiken, auch für die eigene Fruchtbarkeit bergen. Wenn sich das durch social freezing geplante Kind dann doch nicht realisieren lässt, wird die Inanspruchnahme von Eizellspenden und Leihmutterschaft vermutlich steigen, denn das Kind ja war geplant und vermeintlich abgesichert. So schafft sich die Reproduktionsmedizin neue Geschäftsfelder auf Kosten der betroffenen Kinder und nennt es Selbstbestimmung der Frau – eine clevere Geschäftsidee.

Wir können jedem nur empfehlen, sein Bestes zu tun, um nicht auf Reproduktionsmedizin angewiesen zu sein – die Verfahren sind sowohl für die Eltern wie auch die Kinder belastend. Manche Menschen haben wirklich keine Wahl – aber wenn es nur den richtigen Zeitpunkt betrifft, kann man sich auch durchaus früher Gedanken darüber machen, wann man wie eine Familie gründen möchte.