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Kevin Staudt bei DRadio Wissen am 22. September 2015
Spenderkinder-Mitglied Kevin Staudt war am 22. September 2015 zu Gast in der Redaktionskonferenz von Deutschlandradio Wissen unter dem Titel „Samenspende – mein Sperma – dein Kind“. Im Interview mit Moderator Thilo Jahn berichtete Kevin von seiner kürzlich gestarteten Suchaktion nach seinem Spender, unter anderem mit Hilfe seines eigens dafür geschriebenen Songs „novum“, der über Youtube und Facebook verbreitet wird.
Gefragt nach seiner Motivation zur Suche, die von außen betrachtet ziemlich viel Aufwand bei sehr geringer Erfolgswahrscheinlichkeit bedeutet, erklärt Kevin: „Ungewissheit“ – „so lange ich lebe, werde ich mich fragen, wo ich herkomme.“ Kevin sagt auch, er wisse, dass er nichts erwarten könne, habe die Hoffnung aber noch nicht aufgegeben.
Diese Haltung teilt Kevin mit vielen Spenderkindern, die sich trotz minimaler Erfolgschancen auf die Suche begeben. Weil das mit Anstrengungen verbunden ist, kommt von Außenstehenden häufig die Frage nach Kriterien für einen Abschluss der Suche, oder die Idee, sich doch mit der Ungewissheit abzufinden. Nach diesem Interview ist hoffentlich etwas deutlicher geworden, dass all die suchenden Spenderkinder viel Stärke, Kreativität und Hoffnung mitbringen, auch wenn sie ihre Suche ihr Leben lang begleiten wird und dass Resignation keine wünschenswerte Alternative ist. Sicherlich gibt es Zeiten, in denen das Thema mal mehr und mal weniger präsent ist und die Suche mal aktiver und mal passiver verfolgt wird. Aber auch wenn es manchmal den Anschein hat, sind wir nicht auf der Suche nach Phantomen, sondern leibhaftigen Menschen, die irgendwo noch andere Spuren als uns hinterlassen haben.
Artikel in der SZ: Das Rätsel ihres Lebens
In der Süddeutschen Zeitung Online ist gestern der Artikel „Kinder von Samenspendern – Das Rätsel ihres Lebens“ erschienen, in dem Spenderkinder-Mitglieder Jule und Elisa ihre Geschichte erzählen sowie ihre Vermutung, dass sie Halbeschwestern sind. Die beiden haben sich über unseren Verein kennengelernt und stammen aus der Praxis von Herrn Dr. Kupka in Düsseldorf, der inzwischen verstorben ist.
Rezension Abstammungsrecht 2.0
Vor einigen Wochen ist die juristische Doktorarbeit „Abstammungsrecht 2.0 – ein rechtsvergleichender Reformvorschlag vor dem Hintergrund der Methoden der künstlichen Befruchtung“ von Marc Alexander Voigt erschienen.1 Auf 274 Seiten wird ein „interessengerechten Lösungsansatz“ im Abstammungsrecht für Samen-, Eizell- und Embryonenspende und Leihmutterschaft diskutiert. Zusammengefasst sieht der Autor nur punktuellen Änderungsbedarf im Abstammungsrecht zur Berücksichtigung von Reproduktionstechnologien und schlägt auch immer gleich eine entsprechende Formulierung vor.
Zusammenfassung der geforderten Änderungen im Abstammungsrecht
Bei Samenspenden sind außer der Normierung eines Auskunftsanspruchs des Kindes die wichtigsten im Übrigen geforderten Änderungen die Möglichkeit der präkonzeptionellen Anerkennung durch den Wunschvater (momentan erst ab Zeugung möglich), um zu verhindern dass ein nicht mit der Mutter verheirateter Mann das Kind nach der Samenspende abredewidrig nicht anerkennt. Durch Reproduktionsmedizin gezeugte Menschen sollen außerdem einen Anspruch auf Klärung der Abstammung gegenüber dem potentiellen genetischen Elternteil erhalten. Momentan beinhaltet § 1598a BGB nur einen Anspruch auf Einholung eines Abstammungsgutachtens gegen die rechtlichen Eltern.
Im Fall einer Eizellspende wird das Kind der Wunschmutter bereits jetzt über § 1591 BGB erreicht, wonach Mutter eines Kindes immer die Frau ist, die es zur Welt gebracht hat. Als Änderung sollte das mit Eizellspende gezeugte Kind ein Recht zur Anfechtung der Mutterschaft und Feststellung der Eizellspenderin als genetischer Mutter erhalten.
Bei einer Leihmutterschaft, bei der die Wunschmutter auch genetische Mutter ist, soll das Kind wie bisher primär der Leihmutter zugeordnet werden. Die Wunschmutter soll die Mutterschaft nur anfechten können, wenn die Beteiligten der Anfechtung zustimmen. Das würde verhindern, dass einer Leihmutter gegen ihren Willen das Kind weggenommen werden kann, um den geschlossenen Vertrag zu erfüllen. Allerdings soll das Kind in diesem Fall ein Recht zur Anfechtung der Mutterschaft und zur Auskunft über die genetische Mutter haben. Bei einer Zuordnung zu den Wunscheltern soll das Kind einen Anspruch auf Nennung der Identität der Leihmutter haben.
Keinen Reformbedarf sieht der Autor bei der Ersatzmutterschaft, bei der die Wunschmutter mit dem Kind nicht genetisch verwandt ist. Hier soll die Mutter wie bislang auf die Erlangung der Elternstellung über Adoption verwiesen werden bzw. der Vater auf die allgemeinen Regeln des Abstammungsrechts.
Kritik
Die geforderten Änderungen des Abstammungsrechts sind aus meiner Sicht tatsächlich interessengerecht, insbesondere weil sie das Recht des Kindes berücksichtigen, die Zuordnung zu einem nicht genetischen Elternteil anfechten zu können sowie Auskunft über den genetischen Elternteil oder die austragende Mutter zu erhalten. Die Darstellung der derzeitigen Rechtslage ist stringent und angenehm kurz gefasst. Je nach Regelungsgegenstand wird Rechtsvergleich mit anderen europäischen Staaten vorgenommen, die Ergebnisse aber stets einer kritischer Betrachtung der Übertragungsmöglichkeit ins deutsche Recht unterzogen. Positiv ist auch, dass der Autor zahlreiche psychologische Studien zur Situation von durch Reproduktionsmedizin gezeugten Menschen und ihren Familien in seine Darstellung einbezieht. Damit gelingt ihm eine vielschichtige Darstellung der Interessenlagen der Beteiligten. So wird zum Beispiel darauf hingewiesen, dass Spender teilweise Interesse an den durch sie gezeugten Kindern zeigen oder dass das Verbot von anonymen Samenspenden nicht zu einem Absinken der Spenderzahl führt.
Der Autor beweist bei einigen Fragen einen deutlichen Willen zu einer eigenen Position und stellt sich gegen die derzeitige vorherrschende juristische Meinung. Das zeigt sich besonders deutlich an der Diskussion um das Recht eines mit Samenspende gezeugten Kindes, die Vaterschaft seines rechtlich-sozialen Vaters anzufechten. Hier bezieht der Autor mit einer umfassenden eigenen Prüfung Stellung, dass der oft geforderte Ausschluss des Rechts zur Vaterschaftsanfechtung nicht mit den Rechten des Kindes zu vereinbaren sei. Er bemerkt sehr richtig, dass eine solche Statusbestandsgarantie für den rechtlich-sozialen Vater auf Kosten des Kindes gehen würde, dem jegliches Recht abgesprochen würde, seine rechtliche, wahrheitswidrige Zuordnung ändern zu lassen – ein Recht, das jedem natürlich gezeugten Kind ohne weiteres zusteht. Damit würden die Rechte des künstlich gezeugten Kindes gänzlich den Interessen der Eltern untergeordnet. Den oft gezogenen Vergleich zur Adoption lehnt er ab, weil diese auf einer gerichtlichen Entscheidung und einer Kindeswohlprüfung beruht. Nicht richtig ist in diesem Zusammenhang jedoch der vom Autor erweckte Eindruck, dass Vaterschaftsanfechtungen nicht vorkommen würden. In unserem Verein gibt es einige wenige Fälle, in denen Spenderkinder die Vaterschaft ihres rechtlichen Vaters erfolgreich angefochten wurde. Die Urteile wurden allerdings nicht veröffentlicht, da sie von der rechtlichen Seite her wenig interessant sind.
Ähnlich unabhängig bezieht der Autor zu der ebenfalls oft erhobenen Forderung Stellung, die Feststellung des Samenspenders als Vater des Kindes auszuschließen.2 Hier weist er auf das Recht hin, die genetische Vater-Kind Beziehung abbilden zu lassen, insbesondere da dem Kind die Umstände seiner Zeugung nicht zur Last gelegt werden könnten. Auch sei es inkonsequent, den Spender von jeglicher Verantwortlichkeit für das Kind zu befreien.
Komme ich zu den Punkten, die mir nicht so gut gefallen:
Am Anfang der Kapitel zu Eizellspenden, Leih- und Ersatzmutterschaft plädiert der Autor jeweils für die nicht-kommerzielle Zulassung der Verfahren.3 Dafür verwendet er fast ausschließlich Argumente der Befürworter von Reproduktionsmedizin – dass angeblich keine psychischen Schäden bei den Kinder entstehen, dass die Spenderinnen und Leihmütter selbst entscheiden müssten, ob sie ihre Gesundheit gefährden möchten, und es auch viele altruistische Spenderinnnen und Leihmütter gäbe. Hier fehlt eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Gegenargumenten – und bei der Leihmutterschaft insbesondere mit der Frage, ob sie das Kind nicht zum Handelsobjekt macht und damit gegen seine grundrechtlich geschützte Würde verstößt. Bei der Würde des Menschen handelt es sich um einen objektiven, unverfügbaren Wert, auf dessen Beachtung der einzelne nicht wirksam verzichten kann und zu dessen Schutz der Staat verpflichtet ist.4 Dagegen nur einzuwenden, dass das Kind ansonsten nicht existieren würde und schon deswegen seine Würde nicht verletzt werden könne, ist ein Argument, mit dem man auch Klonen rechtfertigen könnte. Es übersieht auch, dass nicht die Zeugung an sich die Würde verletzt, sondern die dieser vorhergehende und zugrundeliegende Absprache, das Kind nach der Geburt abzugeben, womit es zum Objekt gemacht wird.
Die Plädoyers für die Zulassung der Verfahren sind aber auch unnötig, weil der Autor am Anfang der Arbeit richtigerweise argumentiert, dass die Frage der Zulassung nichts mit der abstammungsrechtlichen Frage zu tun habe. Der Raum, den diese Ausführungen einnehmen, fehlt an anderer Stelle: der Beschränkung auf heterosexuelle Paarbeziehungen. Zwar hat der Autor wohl Recht, wenn er anführt, dass bei Befruchtungen in homosexuellen Paarbeziehungen völlig neue Probleme aufwirft. Aber angesichts der fast erreichten rechtlichen Gleichstellung von homosexuellen Partnerschaften kann man schlecht eine Neugestaltung des Abstammungsrechts vorschlagen, ohne die Auswirkungen auf homosexuelle Partnerschaften und ihren Familien zumindest zu diskutieren.
Auch an anderer Stelle wird die Arbeit der am Anfang geäußerten Intention, insbesondere die Interessen der mit Reproduktionsmedizin gezeugten Kinder zu berücksichtigen, aus meiner Sicht nicht immer ganz gerecht. Der Aussage, dass eine Dokumentation durch eine zentrale Behörde oder zumindest den behandelnden Arzt einem Vermerk im Geburtenbuch vorzuziehen sei, kann angesichts der immer noch niedrigen Aufklärungsquote von Spenderkindern und den häufig auftretenden Problemen bei der Dokumentation durch Ärzte nicht nachvollzogen werden. Für den Anspruch von durch Samenspende gezeugten Menschen auf Kenntnis ihrer Abstammung favorisiert der Autor stattdessen ein Modell, wonach der Spender der Bekanntgabe seiner Daten gegenüber dem Kind widersprechen kann, woraufhin der Arzt (oder ein Register) dann eine gerichtlich überprüfbare Interessenabwägung trifft. Der einzige Vorteil im Vergleich zur jetzigen Rechtslage wäre, dass es einen gesetzlich normierten Anspruch gibt.
Die Annahme, dass die Interessen der Eltern und des Spenders durch die Möglichkeit zum Widerspruch berücksichtigt werden müssen, ist meines Erachtens so nicht zutreffend. Der Autor begründet sie mit der Rechtsprechung über Auskunftsansprüche aus den Generalklauseln des §§ 242 und 1618 BGB sowie mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Auskunftsanspruch gegen die Mutter auf Nennung des genetischen Vaters. Gerade bei letzterer ist jedoch die Intimsphäre der Mutter betroffen – was bei dem Auskunftsanspruch gegen den Arzt zu einer künstlichen Befruchtung, auf die sich die Beteiligten bewusst eingelassen haben, wohl eher nicht der Fall ist. Der BGH lehnt außerdem in seinem Urteil vom Januar 2015 ein schützenswertes Interesse der Eltern ab, dass ein Kind, das bereits von seiner Zeugung durch Samenspende weiß, nicht die Personalien des Spenders erfährt. Deswegen ist überhaupt nicht ersichtlich, weswegen der Autor den Eltern ein Widerspruchsrecht zugestehen möchte. Nicht bedacht wird, dass der Gesetzgeber möglicherweise durch einen ausdrücklichen Auskunftsanspruch eine Interessenabwägung vorweg nehmen kann. Dafür würde zum Beispiel sprechen, dass in der Diskussion bislang kein Interesse des Spenders genannt wurde, bei dem man annehmen kann, dass es das Interesse des Kindes an Kenntnis der Abstammung überwiegen würden.
Zuletzt wäre es an einigen Stellen notwendig gewesen, die von Ärzten genannten Zahlen und rechtlichen Ansichten etwas kritischer zu hinterfragen – insbesondere bei dem Kapitel über die praktischen Probleme des Auskunftsanspruchs wird ein von einem Arzt verfasster Artikel mehrfach zitiert, der spätestens durch die Urteile des OLG Hamm vom Februar 2013 und des BGH vom Januar 2015 überholt sein dürfte.
Alles in allem handelt es sich aber um ein interessantes und engagiertes Buch, dem zu wünschen ist, dass es auch unter den Mitgliedern des Arbeitskreises Abstammung Leserinnen und Leser findet.
- Marc Alexander Voigt, Abstammungsrecht 2.0 – ein rechtsvergleichender Reformvorschlag vor dem Hintergrund der Methoden der künstlichen Befruchtung, Peter Lang Verlag 2015, ISBN 978-3-631-66363-9. [↩]
- In dem Zusammenhang werden die Forderungen unseres Vereins auf S. 116 etwas missverständlich wiedergegeben: wir schlagen einen Ausschluss von Unterhalts- und Erbansprüchen des Kindes gegenüber dem Samenspender vor, nicht aber einen Ausschluss der Möglichkeit, den Samenspender als Vater feststellen zu lassen. [↩]
- Interessant ist aber, dass er in dem Zusammenhang auf Großbritannien hinweist, wo nur nicht-kommerzielle Leihmutterschaft erlaubt ist, aber der Leihmutter eine Aufwandsentschädigung gezahlt wird. Bei der Bezifferung der Aufwandsentschädigung fällt allerdings auf, dass diese mit 10.000-15.000 Euro fast genauso hoch ist wie die übliche Bezahlung einer US-amerikanischen Leihmutter, wo kommerzielle Leihmutterschaft in einigen Staaten erlaubt ist. Ein solcher Betrag dürfte zumindest für Frauen mit keinem oder nur einem geringen Erwerbseinkommen einen hohen Anreiz ausüben. [↩]
- Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 15.12.1981 – 1 C 232/79 (Münster) = NJW 1982, 664 (Peep-Show); Verwaltungsgericht Neustadt, Beschluss vom 21.05.1992 – 7 L 1271/92 = NVwZ 1993, 98 (Zwergenweitwurf). [↩]
WDR Menschen hautnah “Anonym gezeugt” am 20. August um 22.30 Uhr (Wdh. vom 5.März 2015)
Die Spenderkindermitglieder Anja und Sunny wurden letztes Jahr für die WDR-Sendung “Menschen hautnah” begleitet. Die Dokumentation „Anonym gezeugt“ wurde bereits im März gesendet und wird am Donnerstag, 20.08.2015, um 22.30 Uhr im WDR erneut ausgestrahlt.
Leseempfehlung: Kind auf Bestellung von Eva Maria Bachinger
„Das Recht auf ein Kind ist kein Kampf um ein Menschenrecht, sondern ein Slogan des Konsumdenkens.“
Am 27. Juli 2015 ist das Buch „Kind auf Bestellung: Ein Plädoyer für klare Grenzen“ der österreichischen Journalistin Eva Maria Bachinger erschienen (Deuticke Verlag, 256 Seiten, ISBN-13: 978-3552062962), für das auch Spenderkinder-Mitglieder Greta und Anne interviewt wurden. Im Gegensatz zu den bislang erschienenen Büchern zu diesem Thema bezieht Eva Maria Bachinger wünschenswert klar zu den ethischen Fragen der Reproduktionsmedizin Stellung und zwar aus einer kindzentrierten und feministischen Perspektive. Sie spricht sich für klare moralische und ethische Grenzen aus und eine stärkere Beachtung des Kindeswohls.
Besonders hervorzuheben an ihrem Buch ist, dass es ihr nicht um ein – oft von konservativer Seite geäußertes – Unbehagen an der Ersetzung des Zeugungsaktes durch medizinisch unterstützte Verfahren geht. Sie prangert stattdessen die moralische Sehschwäche der Befürworter einer ungebremsten Ausweitung reproduktionsmedizinischer Verfahren wie Social Freezing, Eizellspende, Leihmutterschaft und PID an, die mit niedlichen Kinderfotos, glücklichen Elternbildern und einer Rhetorik der Selbstbestimmung und des Altruismus überdecken, dass es sich hierbei um eine globalisierte Industrie handle, die eine Ausbeutung ärmerer Frauen beinhalte und Kinder zur Ware degradiere. Sie führt dabei eine Reproduktionsmedizin vor, die je nach Bedarf mal mehr, mal weniger biologistisch argumentiert und die über medizinische Indikationen hinweg alle Dienstleistungen anbieten möchte, die möglich sind, und eine Öffentlichkeit, die dieses offensichtliche Machtgefälle nicht durchschaut und einer Ideologie des Alles-muss-möglich-sein folgt.
Die angebliche Absolutheit des Kindewunsches
Eva Maria Bachinger kritisiert an der Debatte zur Reproduktionsmedizin, dass der Kinderwunsch oft verklärt werde und Ambivalenzen ausgeblendet würden (hierzu ein Leseauszug bei Zeit online).
Bezeichnend dafür sei, dass der Kinderwunsch absolut und damit als resistent gegenüber Abwägungen und Grenzen gesetzt werde, indem er als genetisch veranlagt und natürlich beschrieben werde. Das Natürlichkeitsargument werde jedoch vor allem dann eingesetzt, wenn ein Standpunkt unumstößlich sein solle. Dass Ironische daran sei, dass gerade die Reproduktionsmedizin nichts mehr der Natur überlasse. Mit solchen Argumenten werde aber vor allem gerechtfertigt, dass es undenkbar sei, vom Kinderwunsch loslassen zu können und man diesen daher mit allen Mitteln weiterverfolgen müsse. Kinderlosigkeit werde teilweise mit einer lebensbedrohenden Krankheit gleichgesetzt, wenn Reproduktionsmediziner darauf hinweisen, dass Krebspatienten und Diabetikern auch mit allen verfügbaren Mitteln geholfen werde. Bei dieser Machbarkeitsdogmatik werde jedoch kaum thematisiert, dass bei einer IVF die Schwangerschaftsrate nicht einmal 30 Prozent beträgt.
Fehlende öffentliche Kritik an der Kinderwunschindustrie
Ironischerweise würden Methoden von Social Egg Freezing bis Leihmutterschaft geradezu als feministischer Sieg gefeiert. Die legitime Frage, wo die Selbstbestimmung von Eizellspenderinnnen und Leihmüttern bleibt, bleibe dabei außen vor. Besonders tragisch für Feministinnen sei, dass sie mit ihrem Wunsch nach Selbständigkeit diese neuen Märkte beflügelt hätten, weil gerade die Reproduktionsmedizin die Nachfrage berufstätiger und älterer Frauen befriedigt. Auch wenn vor allem Frauen, die frühzeitig in die Wechseljahre gekommen seien oder aufgrund einer Krebserkrankung unfruchtbar seien, als Nutznießerinnen von Eizellspende genannt werden, sei klar, dass vor allem der Anteil von älteren Frauen zunehme und sie in Wahrheit die primäre Zielgruppe seien.
Bachinger weist zu Recht darauf hin, dass Fortpflanzungsmedizin ein absolutes Elitenthema ist. Es sei vor allem eine Minderheit wohlhabender Weißer, die sich mit dieser Methode fortpflanze, deren einziger Vorteil darin bestehe, dass sie über mehr Geld verfügten. Grenzen würden überschritten, Fortpflanzung aufgeteilt, eine Art Zulieferkette ermögliche das Auslagern von Risiken und Gefühlen sowie geringe Kosten. Die soziale Kluft zu Billiglohnländern werde wie in vielen Branchen geschickt genutzt und mit Autonomierhetorik schöngeredet. Dabei gehe es nicht nur darum, dass nationale Gesetze bestimmte Methoden verbieten würden, sondern darum, dass es in ärmeren Ländern auch mehr Spender und Leihmütter gebe. Man gehe dahin, wo das Angebot am billigsten ist, auch wenn die eigenen Gesetze liberal seien.
Da die Reproduktionsmedizin den Gesetzen eines globalisierten Marktes folge, sei es insbesondere erstaunlich, dass kaum Kritik von linker Seite geäußert werde – Kritik an der Kinderwunschindustrie gelte als ewiggestrig, homophob, fortschrittsfeindlich.
Das Märchen vom Altruismus
Bemerkenswert klar arbeitet Eva Maria Bachinger dabei die widersprüchliche Argumentation einer Kinderwunschindustrie heraus, die die reine Menschenfreundlichkeit von Eizellspenderinnen und Leihmüttern beschwört. Zwar möge dies durchaus vorkommen, aber der Anteil sei marginal.
Dabei sei, so Bachinger, bei der Eizellspende eine Aufwandsentschädigung, die die tatsächlichen Mühen und Risiken für die Spenderin miteinbeziehe, so hoch, dass sie einen eindeutigen finanziellen Anreiz zur Spende und Gesundheitsgefährdung ausübe. Mit einer unabhängigen Aufklärung der Spenderin über die Gesundheitsgefahren könne man kaum rechnen, so lange dieser mit einer Eizellspende erheblich verdiene.
Auch bei der in Österreich und Deutschland verbotenen Leihmutterschaft wird stets der angeblich vorhandene Altruismus der Leihmutter bemüht. Angaben über die Motive von Leihmüttern müssten jedoch mit Vorsicht zur Kenntnis genommen werden, da sie meist durch Ärzte und Auftraggeber gefiltert seien. Gegen die Selbstlosigkeit sprächen aber viele andere Faktoren: wieso sollen Verträge mit Klagemöglichkeiten nötig sein? Leihmutterschaft im privaten Bereich ist in Österreich und Deutschland nicht verboten, sie ist nur nicht einklagbar. Da eine Leihmutter ihre Selbstbestimmung erheblich einschränkt und eine Schwangerschaft physisch stark belastend und immer noch nicht völlig ungefährlich ist, sei es aber logisch, dass so eine Vereinbarung meistens nur mit Vertrag und Geld funktioniere. Bezeichnend sei auch, dass die Leihmütter stets an der unteren Einkommensskala angesiedelt seien, während die Inanspruchnahme einer Leihmutter nur eine Option für Wohlhabende sowohl aus dem Westen als auch aus dem Land selbst sei.
Richtigerweise ist, so Bachinger, Leihmutterschaft wie Kinderarbeit ein Phänomen der Armut. Würde man den Frauen die Möglichkeit eröffnen, sinnvolle, erfüllende Aufgaben anzunehmen, mit fairen Arbeitsbedingungen und akzeptablen Löhnen, würden sie wohl zugreifen. Die Realität sei, dass sie diese Möglichkeiten nicht haben. Diese Tatsache mit dem Gerede von Altruismus oder Autonomie zu beschönigen, sei aber unverfroren und zynisch.
Bei der Beschwörung der altruistischen Spende geht es nach Bachinger eigentlich darum, das Unbehagen über die Kommerzialisierung und das Machtgefälle aufzulösen zwischen denen, die es sich leisten können, Reproduktionstechnologien in Anspruch zu nehmen und jenen, die ihre Körper und ihre Gesundheit hierfür zur Verfügung stellen. Die Vorstellung, dass der Zeugung des Kindes der Erwerb des Samens oder einer Eizelle vorangeht, dass man ein Kind also kaufen kann, widerspräche in höchstem Maße dessen Würde. Dass viele die Degradierung des Kindes zur Ware nicht mehr als schlimm empfänden, zeige nur, wie nutzenorientiert und ökonomisch die Gesellschaft inzwischen denke.
Und die Kinder?
Anhand der Debatte und ihrer Darstellung in den Medien kommt Eva Maria Bachinger zu dem Schluss: Die Interessen der Kinder werden bei der Debatte über reproduktive Freiheit und Kinderwunsch in den Hintergrund gedrängt. In Sonnntagsreden seien alle für die Rechte der Kinder, aber wenn es konkret werde, scheinen die Rechte der Erwachsenen wichtiger zu sein. Nur das könne die wiederkehrende Forderung eines Rechts auf ein Kind oder die Verteidigung von anonymen Spenden erklären.
Ein Recht auf ein Kind gebe es aber genauso wenig wie ein Recht auf einen Ehemann oder eine Ehefrau.
Wo bleibt die öffentliche Debatte?
Insofern kann man diesem hervorragenden Buch nur so viele Leser wie möglich wünschen. Eva Maria Bachinger stellt die richtigen Fragen und gibt gut durchdachte Denkanstöße – – und man fragt sich unweigerlich, warum das bislang so wenige getan haben.
Mein einziger Kritikpunkt an diesem hervorragenden Buch ist, dass an den Stellen, in denen auf Äußerungen, Artikel und Studien verwiesen wird, Fußnoten wünschenswert gewesen wären, um diese auch selbst nachlesen zu können.
Zu der Beobachtung, dass von linker Seite kaum Kritik an der Reproduktionsmedizin geäußert wird, passt leider, dass Eva Maria Bachingers Buch bislang nur in der FAZ und der Welt besprochen wurde. Dabei sollten die hierin angesprochenen Themen gerade auch eher links orientierte Medien wie die Süddeutsche, die Zeit oder die taz interessieren. Vermutlich würde dies aber bedeuten, dass gerade diese Zeitungen dann einige in der Vergangenheit erschienen Artikel über Eizellspende und Leihmutterschaft kritisch hinterfragen müssten.
Insofern bleibt zu hoffen, was die Welt in ihrer hervorragenden Kritik des Buches als Schlusssatz schreibt: „Wer als Anbieter oder Kunde problematischer reproduktionsmedizinischer Dienstleistungen in Zukunft weiterhin so gewollt blauäugig zu Werke geht wie bisher, hat nach Bachingers Buch keine Entschuldigung mehr.“
Super Dad Rezension
Am 26.05.2015 lief die deutsche Spielfilmkomödie „Super Dad“ im privaten Fernsehen. Es geht darin um einen Spender, dessen 99 Spenderkinder ihn verklagen und kennenlernen wollen. Im Zusammenhang mit dem Titel kann man leider nicht von einem ernst zu nehmenden Film reden. Im Großen und Ganzen ist er zwar unterhaltsam, entspricht aber in vielerlei Hinsicht nicht der Realität in Deutschland und ist von Stereotypen überfüllt. Als selbst so entstandener Mensch fällt das Lachen schwer. Die Geschichte kommt Ihnen auch bekannt vor? Richtig. Wir kennen eine ähnliche französische Produktion namens Starbuck, der wirklich sehenswert war. Muss man „Super-Dad“ also unbedingt gesehen haben?
Der Spender
Es ist der Spender, wie ihn sich der Großteil der Gesellschaft ausmalt: Ein gut aussehender Macho, der als Student Geld brauchte und kein bisschen Interesse an seinen Kindern hat. Es wurde alles dafür getan, den Spender Mark als eine absolute anti-Vater-Figur zu konstruieren. Der Alkohol fließt in Mengen, ob privat oder beim Fussball, wo er am lautesten schreien kann, Party ist als Barkeeper seine Lieblingsbeschäftigung und Kinder behandelt er schlecht.
Privat hat Mark eine Freundin, der er einen Heiratsantrag macht, wenn auch unspektakulär. Auf ihren Wunsch hin eine Familie zu gründen, erwidert er nur, dass die beiden schon genug Familie seien – Kinder brauche man nicht, und er sowieso nicht. Als seine Verlobte plötzlich schwanger ist, ist er einer Abtreibung gegenüber nicht abgeneigt, so dass der Termin in der Klinik schnell gemacht wird. Erst gegen Ende des Filmes kommt Mark zu einer anderen Meinung und freut sich letztlich auch über seine Zwillinge.
Abgesehen davon, dass ein Spender, der so viel Alkohol trinkt, schon Probleme haben müsste, überhaupt geeignetes Sperma zu haben, wurde wirklich alles daran gesetzt die Vorstellung des „Mr. Big“ so unsympathisch wie möglich zu konstruieren. Auch wenn er eine Entwicklung durchmacht, ist der Film voll von Stereotypen und Meinungen, die einen vermeintlichen Großteil der Gesellschaft widerspiegeln sollen. An dieser Stelle wäre ein Gleichgewicht von Vorurteilen und Realität wünschenswert gewesen. Auch die starken Widersprüche des Spenders sind zu überstrapaziert. So wird von dem Mann, der seinem Spenderkind bei der ersten Begegnung sagt: „Hätte ich einen Sohn haben wollen, hätte ich wohl kaum in einen Becher gewichst“, der „Super Dad“.
Lüge
Um kurz auf das Thema der Verheimlichung einzugehen, ist auch in diesem Film Mark heimlich zur Samenbank gegangen. Niemand wusste von seiner Tätigkeit und auch seine Verlobte soll es auch nach Eingang der Klagen nicht erfahren. Warum? Die Frage wird nicht wirklich beantwortet. Das Prinzip „Was sie nicht weiß, macht sie nicht heiß“ scheint vorzuherrschen. Am Ende kommt jedoch immer alles raus und es war eben genau die Lüge, die Marks Freundin enttäuschte. Sie selber solle abtreiben, aber er hat bereits 99 Kinder. Nicht die Tatsache an sich, sondern eben der Umgang damit ist ausschlaggebend für eine kurzzeitige Beziehungskrise. Diese Tatsache unterstützt die Forderung transparent und offen mit der Samenspende umzugehen. Innerhalb einer so entstandenen Familie und auch innerhalb der Familie des Spenders – Spenderkinder wird oft vorgeworfen, durch ihr Auftauchen die Familie zu zerstören. Dabei ist es eben meistens die Lüge der Spender. So reagieren die Frauen verständlicherweise ähnlich, wie Spenderkindern ihren Eltern gegenüber, wenn sie teilweise mehr als 20 Jahre angelogen wurden.
Die Spenderkinder
Unter den 99 Klägerinnen und Klägern lässt sich eine bunte Mischung finden. Neben verschiedenen Hautfarben und Religionen, sind auch wieder behinderte und kranke Menschen dabei. Letzteres entspricht natürlich der Realität, denn auch ein „künstlich gezeugtes Kind“ ist leider nicht frei davon. In Starbuch hatte man gut sehen können, dass genau diese Kinder von den Eltern nicht akzeptiert wurden und eine Enttäuschung darstellten. In „Super Dad“ fehlt es. Interessant und gut ist der Bezug auf Krankheiten, die durch einen Organ- bzw. Knochenmarkspender besiegt werden können. So wird der Spender zum Lebensretter durch seine Knochenmarkspende an eine seiner an Leukämie erkrankten Tochter.
Dass so viele verschiedene Hautfarben und Religionen zustanden kommen ist eher unrealistisch. Denn ein Spender wird dem sozialen Vater angeglichen und auch gerade bei anderen Religionen achten die Paare sehr darauf, dass es die selben sind.
Ein weiterer Junge fiel auf, der von seinem sozialen Vater schlecht behandelt und sogar geschlagen wurde. Mark setzte sich gegen Ende des Film für ihn ein und wagte es sogar, vor dem sozialen Vater zu äußern, dass er der „echte“ Vater sei. An dieser Stelle war die Entwicklung des Spenders endgültig über’s Ziel hinausgeschossen. Denn auch wenn er der „echte“ – wohl leiblich gemeinter – Vater ist, ist er nicht der Papa, der sich über Jahre zu einer sozialen Bezugsperson entwickelte und die Rolle einnahm. Trotzdem zeigt die Beziehung zwischen Kind und sozialen Vater, dass auch ein „Wunschkind“ von seinem Eltern enttäuscht werden kann und die Beziehung zwischen Elternteil und Kind distanziert oder gar nicht vorhanden sein kann. Dieser Aspekt ist in soweit wichtig, da ein so sehr ersehntes Kind nicht das Garant für eine intakte Familie ist. Oft sind diese Probleme sogar durch die Zeugungsweise begründet – so fühlte sich der soziale Vater vom Spender bedroht und empfand eine Konkurrenz. Diese Bedenken sind nicht selten und führen oft zu Missverständnissen in einer Ehe und Familie, was einen offenen Umgang mit dem Thema und eine psychologische Beratung oder Betreuung nur noch stärker begründet. Denn die Angst, dass Spenderkinder einen „neuen“ oder gar „besseren“ Vater suchen entspricht nicht der Realität.
Dass lediglich der Mensch hinter einer Nummer oder eines Pseudonyms gesucht ist, wird in anderen Szenen deutlich. Fragen wie „Warum hast du überhaupt gespendet?“ und vererbte Gemeinsamkeiten wie ein auffälliges Muttermal am Handgelenk begründen die Suche nach dem leiblichen Vater. Mehrmals betonen die Kinder ihren Spender lediglich kennenlernen zu wollen. Trotzdem fällt auf, dass der Spender verklagt wird und nicht der Arzt bzw. die Klinik, die die Daten über die Identität des Spenders bewahrt. Es war nicht ganz deutlich, ob nun der Arzt die Daten rausgegeben hat oder nicht. Wenn dem so wäre, müssten die Spenderkinder ihren Spender nicht verklagen, sondern versuchen mit ihm Kontakt aufzunehmen.
Es überwiegt jedoch leider durchgehend die Ansicht der Spenderkinder: „Wir sind eine Familie“ – so richtig das auch genetisch sein mag, so falsch und respektlos ist es der eigenen sozialen und damit echten Familie gegenüber. Eventuell entsteht eine Gemeinschaft, aber keine Familie, so wir es im Verein auch sind.
Gesetzliche Situation
Nachdem die Klagen eingingen wurde auch direkt der Arzt der Samenbank kontaktiert. Mark wunderte sich über die 99 Kinder, die doch eigentlich nur 15 sein dürften – und so ist es auch. Obwohl natürlich höhere Geburtenzahlen nicht ausgeschlossen werden können, aufgrund mangelhafter Dokumentation, ist es für eine Komödie natürlich wie gemacht 99 Kinder durch Samenspenden zu haben und dann die Hundertermarke mit privaten Kinder noch zu topen. Nichtsdestotrotz wird deutlich, wie Samenbanken mit Sperma umgehen und wie Kinder „produziert“ werden. Die dadurch entstehende Inzestgefahr wird durch einen Flirt zwischen Tochter und Spender deutlich – wenn auch wieder sehr überspitzt aufgrund des Altersunterschiedes, aber passend für das Genre.
Der Arzt und anscheinend auch die Produzenten gehen jedoch von einer falschen „neuen Rechtsprechung“ aus. In einer Szene zwischen Spender und Arzt behauptet der Mediziner, dass seit einem Urteil am Oberlandesgericht aus dem Jahr 2013, Kinder das Recht hätten ihren Spendern kennenzulernen. Das ist schlichtweg falsch. Aus einer Klage, die geltendes Recht nur umzusetzen versuchte, entsteht keine neue Rechtslage. Bereits 1989 bestätigte das Bundesverfassungsgericht, dass jedes Kind ein Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung hat. Das ist also nichts Neues. Jedoch wird deutlich, dass wohl erst durch den Medienrummel um das OLG-Urteil die Idee aufkam einen Film dazu zu drehen – Schade, dass es kein erstzunehmender Film werden konnte.
Dass sich Spender und Mediziner sehr angeregt miteinander im Arztzimmer unterhalten zeugt davon, wie parteiisch die Beziehungen wirklich sind. So sehen Ärzte den Spender wohl eher wie einen guten „Geschäftspartner“ und Spenderkinder als „ungewollte Reklamation“. Das Gesetz, durch das sich alle immer in einer vermeintlich sichreren „Grauzone“ bewegten, teilt nun die Parteien in schwarz und weis. Um die Meinung des Filmes zu zeigen hier ein Ratschlag, den Mark von seinem Vater bekam: „Wenn dein Auto geklaut wird und jemand baut damit einen Unfall, musst du ja auch nicht für den Schaden aufkommen.“
Dass sich 99 Kinder von einem Spender finden ist ebenso unrealistisch wie die Tatsache 99 Halbgeschwister zu haben an sich. Im Film wird nicht gesagt, wie sie sich gefunden haben. Da jedoch nur 4% überhaupt von ihrer Entstehung wissen – vor allem in dem Alter – ist es wohl eher eine Wunschvorstellung. Durch ein Register, wie es in den USA existiert wäre es umsetzbar, aber in Deutschland nicht.
Muss man ihn sehen?
Nein, muss man nicht. Es ist ein purer Unterhaltungsfilm, der nur sehr bedingt und bei genauer Betrachtung zum Nachdenken anregt. Wirklich schade, dass die Grundidee geklaut und auch noch schlechter umgesetzt ist. Gerade weil er in Deutschland spielt hätten wir uns einen an die deutsche Rechtslage angepasste Variante gefreut. Nur das Urteil vom OLG zu erwähnen und dann noch falsch auszulegen ist leider enttäuschend. Die Komödie ist völlig überfüllt von Vorurteilen und bringt in Dialogen die teilweise schlimmsten und unreflektiertesten Aussagen überhaupt. Teilweise fragt sich der Zuschauer: „Hat er das jetzt wirklich so gesagt?“
Fairerweise muss gesagt werden, dass der Film wahrscheinlich auch nicht die Absicht hatte eine Frage zu stellen oder für ein gesellschaftlich tabuisiertes und ernstes Thema zu sensibilisieren.
Akte 20.15 mit Anja auf SAT1
Spielfilm ‚Super-Dad‘ – am 26.05.2015 um 20.15 Uhr auf Sat.1
Die Spielfilmkomödie ‚Super-Dad‘ greift das Thema Samenspende auf. Darin geht es um einen Samenspender, dessen Leben sich ändert, als ihn 99 seiner Spenderkinder kennenlernen möchten. Eine solche Anzahl sollte im wirklichen Leben die Ausnahme darstellen. Die Bundesärztekammer weist in ihrer Musterrichtlinie zur Durchführung medizinisch assistierter Reproduktion (dazu gehört auch die ärztlich vermittelte Samenspende) darauf hin, dass nicht mehr als 10 Schwangerschaften durch einen Spender entstehen sollen. Fraglich bleibt jedoch, wie diese Vorgabe ohne zentrales Spenderregister und Rückmeldepflicht über eingetretene Schwangerschaften umgesetzt werden kann.
WDR Menschen hautnah „Anonym gezeugt“ am 5. März um 22.30 Uhr
Die Spenderkindermitglieder Anja und Sunny wurden letztes Jahr für die WDR-Sendung “Menschen hautnah” begleitet. Am Donnerstag, 05.03.2015, wird die Dokumentation Anonym gezeugt um 22.30 Uhr im WDR gesendet.