Elsa

Mit 15 Jahren erfuhr ich, dass ich nicht von meinem Vater abstamme, weil meine Mutter den Eindruck hatte, mein Bruder hätte gemerkt, dass etwas nicht stimmt. Daraufhin fiehl ich in eine Identitätskrise, u.A. weil ich mich vorher sogar mehr mit meinem sozialen Vater identifizierte als mit meiner Mutter.  Doch plötzlich war ich nur noch zur Hälfte meine Mutter und zur Hälfte Unbekannte. War ich wohl möglich zur Hälfte ein unsymphatisches Arschloch, jemand, den ich nicht mögen würde? Ich fragte mich auch, was wohl mein Eigenanteil dazwischen ist. Ich spürte Ekel gegenüber mir selbst, weil sich das Unbekannte in mir plötzlich so fremd anfühlte. Tatsächlich malte ich damals ein Bild von ihm und schrieb gute Charaktereigenschaften auf, um meiner unbekannten Hälfte ein Gesicht zu geben. Auch identifizierte ich mich umso mehr mit meiner Mutter. Das half für’s Erste.  

Als ich mit 24 in Absprache mit meinem Bruder einen DNA-Test machte, fand ich direkt einen Halbbruder (+4 weitere Halbgeschwister) und meinen Erzeuger. Nach dem Telefonat und ersten Informationen durch den Halbbruder stellte ich mir vor allem die Frage: Was muss das für ein Mensch sein, der über 20 Jahre lang so oft seine Gene verantwortet?  

Mein erstes Telefonat mit dem Erzeuger war schrecklich, u.A. weil er sich kaum für meine Situation interessierte. Anschließend fühlte ich mich als wäre ich wie mit einem Tornado durch die Luft geschleudert worden. Zum Glück war ich bereits so gefestigt mit mir selbst, dass ich wieder auf beiden Füßen landete. Plötzlich spürte ich denselben Ekel wie damals in mir. Oft lehnt man die Dinge an anderen ab, die man an sich selbst nicht mag, erinnerte ich mich. Also formulierte ich die Eigenschaften, die mich bei ihm in dem Gespräch störten. U.A. sprach er bspw. zu viel über sich selbst. Es fiehl mir wie Schuppen von den Augen, als ich die Eigeschaften wiederfand, gegen die ich seit Jahren bei mir ankämpfte. Ein Knoten löste sich und ich fühlte mich wie erlöst. Seither bin ich meinem Selbst so nah wie nie zuvor und ich kann mich endlich selber akzeptieren und damit arbeiten, wer ich bin ohne mich selbst abzulehnen.  

Ich bin dem Spender deshalb unendlich dankbar, dass er mir die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme gegeben hat, selbst wenn das alles sehr aufwühlend war und ich auch nach einem Treffen mit allen kein großer Fan von ihm geworden bin. Doch man muss seine Abstammung nicht lieben. Man sollte sie jedoch definitiv akzeptieren können!