Archiv des Autors: stina

Plötzlich Eltern – Trend Leihmutterschaft

Bei den Prominenten boomen die Leihmutterschaften: Elton John und sein Partner John Furnish (übrigens 63 bzw. 48 Jahre alt) haben es getan, Ricky Martin, Nicole Kidman, Sarah Jessica Parker auch.

Manche Klatschzeitschriften sprechen schon von einem "Leihmuttertrend". Bild.de beschreibt die Vorteile: "Keine Übelkeit, kein Baby-Bauch, keine überflüssigen Kilos nach der Geburt!" Und alle freuen sich über die süßen Babys. Nun ist kritische Berichterstattung bei Klatschzeitschriften und der Panorama-Seite auch nicht die Regel, es sei denn es geht um modische Fehlgriffe oder ein paar Kilo Gewichtzunahme.

Trotzdem, ein bisschen moralische Verortung könnte man auch bei solchen Magazinen erwarten. Für mich ist Leihmutterschaft in den meisten Fällen Kinderkauf und damit Menschenhandel. Anders als bei einer Eizellspende wird das Kind 9 Monate ausgetragen und dann gegen Geld weggegeben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man als Mutter/Leihmutter in dieser Zeit nicht irgend eine Beziehung zu dem Kind aufbaut. Und zumindest bei den homosexuellen Auftraggebern handelt es sich nicht um eine Leihmutter, sondern höchstwahrscheinlich um die Mutter, denn irgendwo muss die Eizelle ja herkommen. Ist eines eine eingesetzte Eizelle, gibt es neben der Leihmutter noch eine Eizellspenderin. Ob die Kinder zu dieser Frau je eine Beziehung aufbauen können, wird nicht angesprochen. Und wie werden sich die Kinder fühlen, wenn sie erfahren, dass sie von einer Frau zur Welt gebracht wurden, die sie dann gegen Geld abgegeben hat?

Dazu kommt noch: In Deutschland ist Leihmutterschaft nicht möglich, der Trend kann also nicht so einfach mitgemacht werden. Nach dem Embryonenschutzgesetz macht sich ein Arzt strafbar, der eine künstliche Befruchtung bei einer Leihmutter vornimmt. Wunscheltern und Leihmutter bleiben nach dem Embryonenschutzgesetz strafbar, es kann sich aber immer noch um Kinderhandel nach § 236 Strafgesetzbuch handeln. Wenigstens die Süddeutsche hat hierauf hingewiesen und angesprochen, dass die Bezeichnung der Leihmutter durch Nicole Kidman als "Brutmaschine" ziemlich fragwürdig ist. Ansonsten werden jetzt wohl die Anfragen bei Kinderwunschkliniken nach diesem Service zunehmen….
Stina

EGMR stärkt Rechte leiblicher Väter

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in einem Kammerurteil am 21. Dezember 2010 entschieden, dass Deutschland das Recht auf Familie aus der Europäischen Menschenrechtskonvention verletzt hat, indem es einem Vater kein Umgangsrecht mit seinen leiblichen Töchtern gestattete, weil nach deutschem Recht als Vater unanfechtbar der Ehemann der Mutter gilt. Ein Gutachter hatte in dem deutschen Verfahren betont, es sei besonders wichtig für die Identität der Kinder, ihren Vater kennen zu lernen, da dieser Nigerianer sei. Das Gericht führt aus, selbst wenn man davon ausginge, dass die Beziehung des Vaters zu seinen Kindern in diesem Fall nicht an ein "Familienleben" heranreiche, so betreffe seine Beziehung zu den Kindern doch einen wichtigen Teil seiner Identität und damit sein "privates Leben", da er mit der Mutter zusammen gelebt habe und Interesse an der Kindern zeige.

Das Urteil ist natürlich positiv für die leiblichen Väter. Zu wissen, dass man ein Kind hat, und keine Beziehung zu ihm haben zu dürfen, muss schrecklich sein. Funktioniert es aber auch anders herum – haben Kinder auch aus dem Recht auf Familie der Europäischen Menschenrechtskonvention ein Recht darauf zu wissen, wer ihr genetischer Vater ist? Das hat das Gericht noch in dem Odievre Urteil, in dem es um die Praxis der anonymen Geburt in Frankreich ging, ganz anders gesehen und geurteilt, dass Frankreich die EMRK nicht verletzt, indem es eine anonyme Geburt und Adoption erlaubt. Vielleicht würde diese Entscheidung heute anders ausfallen.

Positiv ist auch, dass das Urteil anerkennt, dass es wichtig für die Identität der Kinder ist, ihren leiblichen Vater zu kennen. Ich hoffe aber, dass das nicht nur gilt, wenn der Vater ausländischer Abstammung ist. Für mich ist es wichtig, obwohl mein genetischer Vater vermutlich Deutscher ist.

Heribert Prantl sieht in der Süddeutschen in dem jetzigen Urteil einen Sprengsatz für Zehntausende Familien, in denen Kinder aus früheren nichtehelichen Beziehungen aufwachsen. Ich frage mich dagegen, warum ein Umgangsrecht des leiblichen Vaters unbedingt ein Sprengsatz sein soll. Ist es nicht eher an der Zeit darüber nachzudenken, ob ein Kind nicht mehr als 2 Elternteile haben kann und dass Besitzdenken dem Kindeswohl entgegen läuft?
Stina

Samenspende als Fall in Boston Legal

In der US-amerikanischen Serie Boston Legal habe ich die erste wirklich gute Darstellung der Problematik von Samenspende für die Kinder gesehen. Die Folge heisst "Geschwisterliebe" (Englisch: The bad seed) und ist die 5. Folge der 5. Staffel. Auf Anwalt Jerry Espensen kommt seine Schwester zu, die ihren sechzehnjährigen Sohn mit einer Samenspende bekommen hat. Dessen erste Freundin ist durch eine Samenspende der selben Klinik gezeugt worden und sieht im ähnlich. Um herauszufinden, ob die beiden Halbgeschwister sind, erheben sie Klage gegen die Klinik auf Herausgabe der Unterlagen. In der mündlichen Verhandlung beruft sich die Klinik vor allem auf die mit den Müttern getroffenen Anonymitätsvereinbarungen. Daraufhin sagt der Sohn, dass er nie irgendeinen Vertrag unterschrieben hat, jetzt aber die Konsequenzen des Handelns derer tragen muss, die den Vertrag geschlossen haben. Das Gericht verurteilt die Klinik wegen der Anonymitätsvereinbarungen lediglich zur Auskunftserteilung darüber, ob die beiden Jugendlichen den gleichen Spender als genetischen Vater haben – im Ergebnis leider ja.

Hier besteht übrigens ein großer Unterschied des amerikanischen zum deutschen Recht: im deutschen Recht können Verträge nicht zu Lasten Dritter, des Kindes, geschlossen werden. Anonymitätsvereinbarungen sind daher unwirksam. Insgesamt aber, besonders wegen der Darstellung der Auswirkung auf die Kinder, die beste Darstellung die ich bisher gesehen habe. Ein bisschen schade finde ich nur, dass es gleich an dem Tabu-Thema Inzest aufgezogen wurde, denn das Recht auf Kenntnis der Herkunft besteht nicht nur wegen der Möglichkeit, sich zufällig in den Halbbruder zu verlieben.
Stina

Zeit-Dossier über Spenderkind Sonja

In dem heutigen Dossier der Zeit ist ein Artikel über unser Mitglied „Sonja“ mit dem Titel „Ich will wissen, wer er ist“. Sonja hat vor einem Jahr von ihrer Zeugung durch eine Samenspende bei der Praxis novum in Essen erfahren. Der Artikel von Henning Sussebach handelt von ihren Gefühlen nach dieser Offenbarung, aber auch, wie sie bisher vergeblich versucht, die Identität ihres genetischen Vaters von novum zu erfahren.

Sehr interessant sind wieder einige Aussagen von Prof. Katzorke, Mitbegründer von novum, der vor 1981 auch an der Uniklinik Essen tätig war. Besonders schlimm ist folgende Machtdemonstration: „Manchmal, auf Empfängen, stehen ihm junge Menschen gegenüber, und Katzorke denkt: Du ahnst gar nicht, dass auch du in meinem Labor entstanden bist.“ Schön auch, dass sein Hintergrund ein bisschen dargestellt wird: selbstverständlich Millionär, eine große private Kunstsammlung, für die er extra ein neues Haus gebaut hat, und er fährt einen Jaguar. Da fällt es doch leicht, anderen Menschen zu helfen, auch wenn die erzeugten Produkte, die Kinder, eine „Zeitbombe“ sind und irgendwann mit Fragen auf ihn zukommen.

Fortsetzung der eigenen Person im Kind

Ich habe heute in einem juristischen Aufsatz (Eser, Klin Med 1990, 1281) ein sehr wahres Zitat gefunden: .. "der Spender einer Keimzelle wird sich fragen müssen, inwieweit er sich von der genetischen Verantwortung von seinem zum Menschen gewordenen Erbgut freizeichnen kann. Keimspende ist nicht gleich Blutspende: Blut geht im fremden Körper restlos auf, die Keimzelle geht dort nicht nur auf, sondern setzt die eigene Person im Kind fort."
Stina

Nobelpreis für künstliche Befruchtung

Das Nobelpreiskommittee hat den diesjährigen Nobelpreis für Medizin an den Entdecker der künstlichen Befruchtung Robert Edwards mit der Begründung verliehen, seine zunächst sehr umstrittene Technik habe einem Großteil der Menschen geholfen, für die Unfruchtbarkeit eine große Enttäuschung oder sogar ein lebenslanges psychologisches Trauma bedeutet hätte.

Preis und Begründung sind wie leider so oft sehr elternzentriert und berühren uns teilweise. Eine Befruchtung mit Samenspende ist als Methode nicht so schwierig und daher wesentlich älter, eine In-Vitro-Fertilisation kann aber auch mit einer Samenspende geschehen. Auch Samenspende ist aber eine Methode der künstlichen Befruchtung.

Leider setzen sich die meisten Artikel über die Preisverleihung sehr wenig mit den Konsequenzen auseinander, die diese Entdeckung hatte. Dass 4 Millionen Menschen der Methode ihr Leben verdanken, soll anscheinend genug sein – wie sie sich dann damit fühlen, interessiert nicht. In diesem Zusammenhang finde ich auch den Begriff "Retorten- oder Reagenzblasbaby", der in fast jedem Zeitungsartikel auftaucht, wirklich nicht schön, das klingt nach "auf Bestellung zusammengemixt" – ein Gefühl übrigens, das einige von uns teilen.
Stina

Talkshow Markus Lanz

Am Mittwoch den 19. Mai moderierte Markus Lanz das Thema "40 Jahre Samenspende". Zu Gast waren die Familientherapeutin Dr. P. Thorn, der Reproduktionsmediziner, Prof. T Katzorke, ein Samenspender namens Carsten Uhr und Anna, die uns Spenderkinder vertrat.
Die Sendung ist im Internet als Livestream zu sehen.

Der Ankündigungstext des ZDF's lautet wie folgt:
Über 100.000 Menschen wurden in den vergangenen 40 Jahren in Deutschland durch eine Samenspende gezeugt. Die meisten von ihnen ahnen gar nicht, dass ihr Vater nicht ihr Erzeuger ist. Anna Wagner erfuhr mit 25 Jahren, dass sie Nachkomme einer Samenspende ist – seither leidet sie darunter, dass ihr 50 Prozent der genetischen Herkunft unbekannt sind – und sucht ihren Erzeuger.

Außerdem zu Gast: Gynäkologe und Reproduktionsmediziner Prof. Thomas Katzorke, die Familientherapeutin Dr. Petra Thorn und Carsten Uhr, der offen über seine Nebentätigkeit spricht.

Leider wurde uns nicht die Zeit gegeben das Thema umfassend und tiefgründig zu behandeln. Ich denke jedoch, dass das Gespräch die Situation im Allgemeinen skizziert und Menschen, die sich noch nie mit dem Thema der Familiengründung durch Samenspende beschäftigt haben, einen Einblick gibt.
Anna

Plan B für die Liebe

Diesen Donnerstag ist der Film "Plan B für die Liebe"(The Backup Plan) angelaufen. In diesem spielt Jennifer Lopez die 40jährige New Yorkerin Zoe, die mit 40 noch nicht den Mann fürs Leben gefunden hat und deswegen beschliesst, sich den Kinderwunsch mit Samenspende zu erfüllen (was in den meisten Rezensionen meist mit künstlicher Befruchtung beschönigt wird). Der Spender wird aus dem Katalog ausgesucht. Gerade als sie schwanger ist, findet sie den Mann fürs Leben, und die üblichen Komplikationen der romantischen Komödie beginnen. Ich bin fast versucht, mir den Film anzuschauen, um zu sehen, ob vielleicht doch ein paar Gedanken an die Umstände einer Samenspende gewidmet wurden – kann man dem zukünftigen Kind den Vater bewusst vorzuenthalten? Was, wenn das Kind den Erzeuger gerne kennenlernen würde? Ist es okay, den Vater eines Kindes in einem Katalog auszusuchen? Aber das lenkt vermutlich zu sehr von den Problemen der "Erwachsenen" in einer romantischen Komödie ab, um deren Lebensglück es ja geht. Und ich habe bisher so viele schlechte Kritiken über den Film gelesen, dass ich es besser sein lasse.
Stina

Dokumentation im Schweizer Fernsehen SF 1

Am Donnerstag, 29. April 2010, läuft um 20.05 im Schweizer Fernsehen SF 1 die Dokumentation "Die Kinder von der Samenbank – ein Tabu und seine Folgen", an der unter anderem unser Mitglied Bille mitgewirkt hat.

Hier der Ankündigungstext von SF1:
"«Ich wünsche mir zu erfahren, wer mein Erzeuger ist» – das sagt die 34-jährige Sibylle. Sie ist ein Kind von der Samenbank – dank des Samens eines unbekannten Spenders. Mindestens 1000 Kinder kommen in der Schweiz jedes Jahr durch eine Samenspende zur Welt. Nur fünf Prozent der Kinder wissen allerdings, dass sie so gezeugt worden sind. Samenspende ist in der Schweiz noch immer ein Tabu.

Obwohl oder vielleicht gerade weil ein Spenderkind ein Wunschkind ist, wird es über seine Herkunft meistens nicht informiert. Aber immer wieder geht etwas schief, und die Kinder erfahren es doch. Die Nachfrage nach Spendersamen von der Samenbank oder auch im Internet durch Privatpersonen ist sehr gross.

Im «DOK»-Film «Die Kinder von der Samenbank» geht die Autorin Andrea Pfalzgraf der Frage nach, weshalb das Thema Samenspende in der Schweiz immer noch so ein grosses Tabu ist. Sie macht sich auf die Suche nach einem Paar, welches dank einer Samenspende zu Nachwuchs gekommen ist, befragt Samenspender zu ihrer Motivation und will von Spenderkindern wissen, weshalb die Suche nach dem biologischen Vater zur Obsession werden kann – ein nicht ganz einfaches Unterfangen, denn wer spricht schon gerne darüber. Ein Spender hat bereits 67 Kinder gezeugt und denkt nicht ans Aufhören. Und das Paar Yvonne und Roger ist überglücklich mit seinem Spenderkind und hofft, dass sie bald ein zweites Kind vom gleichen Spender bekommen.

Auf der anderen Seite zeigt das Beispiel von Sibylle, was passieren kann, wenn man als Kind meint, seinen Vater zu kennen, und erst als Erwachsene durch Zufall erfährt, dass der biologische Vater ein unbekannter Spender ist. Und es illustriert, wie die Hoffnung aufkeimt, als Sibylle im Internet eine Frau findet, die in der gleichen Praxis gezeugt wurde.

Andrea Pfalzgraf begleitet in ihrem Film die beiden jungen Frauen zu einer ersten Begegnung und weiter, bis sie dank eines DNA-Tests bestätigt bekommen, ob sie Halbschwestern sind oder nicht."

Stina