Archiv für den Monat: Januar 2017

Dokumentation „Sehnsuchtsziel Wunschkind – Deutsche Baby-Touristen“ am 11. Januar 2017 im Bayerischen Fernsehen

Am 11. Januar 2017 wurde im Rahmen der Sendereihe „DokThema“ im Bayerischen Fernsehen die Dokumentation „Sehnsuchtsziel Wunschkind – Deutsche Baby-Touristen“ ausgestrahlt.

Spenderkindermitglied Kerstin und ihr jüngerer Bruder Marco haben sich dafür bei der Suche nach ihrem Samenspender ein Stück weit begleiten lassen.  Beide erfuhren erst Mitte 2016 – mit 34 und 31 Jahren – von ihrer Mutter, dass ihr Vater nicht ihr leiblicher Vater ist. Diese Nachricht kam zwar überraschend, hat jedoch nicht zu einem Bruch in der Familie geführt, da beide eine sehr glückliche Kindheit hatten und der realen Beziehung zu ihrem sozialen Vater eine höhere Bedeutung beimessen, als der genetischen Abstammung. Dennoch haben sie sich auf die Suche nach ihrem Spender gemacht …

Die Geschichte von Kerstin und Marco zeigt in der Dokumentation die Seite der Kinder, die durch Leihmutterschaft, Samenspende oder Eizellspende zur Welt kommen. Erfreulicherweise schimmerte an einigen Stellen der Sendung auch die problematische Seite, insbesondere von Leihmutterschaft, durch, wenn zum Beispiel eine Leihmutter ankündigte, dass sie ihren Bauch während der Schwangerschaft nicht streicheln und auch nicht mit dem Kind im Bauch sprechen wolle, weil es ja nicht ihr Kind sei.

Am Ende der Sendung fällt der Satz, dass ungewollt Kinderlose in Deutschland keine Lobby hätten. Das erscheint uns angesichts des breitgefächerten Angebots der Reproduktionsmedizin – zur Not im Ausland – doch fraglich. Den Wunsch, ein Kind zu bekommen, können die meisten Menschen intuitiv gut nachempfinden. Die Verbote, die es in Deutschland und anderen Ländern gibt, wurden nicht formuliert um ungewollt Kinderlose zu bestrafen, sondern um dafür zu sorgen, dass bei der Entstehung von Menschen die Würde aller Beteiligten gewahrt bleibt. Eizellspende und Leihmutterschaft werden nicht allein dadurch ethisch und psychologisch unbedenklich, wenn Spenderinnen und Leihmüttern Freiwilligkeit garantiert und eine Kommerzialisierung verhindert würde. Schon die konkrete Umsetzung dieser beiden Forderungen dürfte schwierig sein.

Regierung verabschiedet Entwurf für Samenspenderregistergesetz

Kurz vor Weihnachten hat die Bundesregierung in der Kabinettsitzung am 22. Dezember 2016 den Gesetzentwurf zur Regelung des Rechts auf Kenntnis der Abstammung bei heterologer Verwendung von Samen beschlossen.

Erfreulicherweise wurden

einige der von uns in der Verbändeanhörung im November 2016 geäußerten Kritikpunkte aufgenommen:

  • Daten von Samenspenden vor Inkrafttreten des Gesetzes müssen 110 Jahre aufbewahrt werden (Artikel 1 § 13 Absätze 3 und 4 des Gesetzentwurfs). Damit können sich Ärzte und Reproduktionskliniken nicht mehr auf die lediglich 30jährige Aufbewahrungsdauer aus § 15 Absatz 2 des Transplantationsgesetzes berufen.
  • Die Spender haben die Möglichkeit, zusätzlich zu den vorgesehenen Pflichtangaben freiwillig zusätzliche Daten speichern zu lassen, zum Beispiel über ihre Persönlichkeit oder ihre Motivation zur Spende. Diese Daten können sie zu einem späteren Zeitpunkt auch wieder löschen lassen (Artikel 1 § 2 Absatz 3 des Gesetzentwurfs).
  • Bei der Verwendung von Samenspenden aus anderen Staaten muss der Arzt oder die Reproduktionsklinik sicherstellen, dass die Samenbank, von der sie den Samen erhalten hat, dem DIMDI auf dessen Anforderung die Pflichtangaben über den Samenspender zukommen lässt (Artikel 1 § 5 Absatz 1 Satz 2 des Gesetzentwurfs). Damit können die Regelungen nicht umgangen werden, indem anonyme Samenspenden aus anderen Staaten bestellt werden (zum Beispiel Dänemark).
  • Klar gestellt wurde außerdem, dass auch Personen einen Anspruch auf Auskunft aus dem Samenspenderregister gegen das DIMDI haben, die lediglich vermuten, durch eine Samenspende gezeugt worden zu sein (Artikel 1 § 10 Absatz 1 Satz des Gesetzentwurfs).
  • Fallen gelassen wurden zum Glück die recht strengen Vorschriften des Vorentwurfs zum Löschen der beim DIMDI gespeicherten Daten des Spenders. Diese hätten dazu führen können, dass ein Spenderkind, das ein Mal Auskunft über die Daten des Spenders vom DIMDI erhalten hat, diese Auskunft aber verloren hat, die Daten nicht ein weiteres Mal hätte anfordern können.

Es bleiben dennoch einige deutliche Regelungslücken:

  • Das Gesetz findet nur Anwendung auf Kinder, die voraussichtlich ab Mitte des Jahres 2018 gezeugt werden, weil es erst ein Jahr nach Verkündigung in Kraft tritt. Die Daten von Spenderkindern, die vor Inkrafttreten des Gesetzes gezeugt wurden, werden nicht in das Samenspenderregister aufgenommen, sondern die betroffenen Spenderkinder müssen sich nach wie vor mit dem Arzt oder der Reproduktionsklinik ihrer Eltern auseinandersetzen. Diese müssen die Daten zwar nun immerhin für 110 Jahre ab Verwendung bzw. Gewinnung aufbewahren (Artikel 1 § 13 Absätze 3 und 4 des Gesetzentwurfs), aber es wurden keine Regelungen getroffen, was bei einer Praxisaufgabe bzw. Erlöschen der Gesellschaft mit den Daten passieren soll.
  • Durch so genannte Embryonenadoptionen (oder Embryonenspenden) gezeugte Kinder werden nicht im Register erfasst, obwohl diese Verfahren bereits in Deutschland angeboten und durchgeführt werden.
  • Die Zahl der durch einen Samenspender gezeugten Kinder wird nicht begrenzt.
  • Über das Register können Spenderkinder keinen Kontakt zu Halbgeschwistern aufnehmen. Die einzige Möglichkeit hierzu wird durch einen Vergleich der Spendenkennungssequenz oder der eindeutigen Spendennummer bestehen, bei denen allerdings nicht klar ist, ob sich der Auskunftsanspruch auch auf diese richtet, oder ob Halbgeschwister durch einen DNA-Test selbst identifiziert werden müssen.
  • Es werden weiterhin keine Maßnahmen gegen die geringe Aufklärungsquote von durch Samenspende gezeugten Menschen vorgesehen. Zumindest muss der Arzt oder die Reproduktionsklinik die Empfängerin der Samenspende aber hinweisen auf das Auskunftsrecht des Kindes über den Samenspender und die Bedeutung, die die Kenntnis der Abstammung für die Entwicklung eines Menschen hat sowie die Möglichkeit, sich über die Folgen einer Samenspende beraten zu lassen (Artikel 1 § 4 Satz 1 Nummer 1 des Gesetzentwurfs).

Wie es jetzt weiter geht: Der Regierungsentwurf geht zunächst zur Stellungnahme an den Bundesrat, dann zurück zur Bundesregierung, die ggf. eine Gegenäußerung verfassen kann. Dann kommt der Entwurf in den Bundestag. Es ist zu hoffen, dass einige Schwächen des Entwurfs in den dortigen Beratungen noch behoben werden.

Pressemitteilung: Ethische und rechtliche Bedenken gegenüber der Veranstaltung „Kinderwunschtage“ am 18./19. Februar 2017 in Berlin

Am 18. und 19. Februar 2017 findet die Veranstaltung „Kinderwunsch-Tage“ in Berlin statt.

Der Verein Spenderkinder, der sich für die Rechte und Bedürfnisse von durch Keimzellspende entstandenen Menschen einsetzt, sieht diese Veranstaltung kritisch. Laut Ankündigung auf der Internetseite werden unter anderem die spanische Reproduktionsklinik „IVFSpainAlicante“, die tschechische Reproduktionsklinik „Karlsbad Fertility“ sowie die amerikanische Reproduktionsklinik „OregonReproductiveMedicine“ an der Veranstaltung teilnehmen. Diese Kliniken bieten Verfahren wie die Eizellspende und die kombinierte Eizell- und Samenspende an, die gegen das Embryonenschutzgesetz verstoßen. Die spanische und tschechische Klinik weisen außerdem auf die Anonymität ihrer Spender hin. Auch die ebenfalls teilnehmende dänische Samenbank „Cryos International Denmark ApS“ bietet anonyme Samenspenden an. Das widerspricht eindeutig dem in Deutschland geltenden Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung, das auch für Spenderkinder 2015 höchstrichterlich bestätigt wurde (Urteil des BGH vom 28.01.2015).

Die amerikanische Klinik bietet sogar Leihmutterschaft als Dienstleistung an. Leihmutterschaft ist in Deutschland und vielen anderen europäischen Ländern verboten, weil es gegen die Würde eines Menschen verstößt, gegen Geld gehandelt zu werden.

Der Verein Spenderkinder findet es außerordentlich bedenklich, dass eine öffentliche Veranstaltung stattfinden soll, bei der ganz offensichtlich Methoden angeboten werden, die gegen die deutsche Rechtslage verstoßen. Die Veranstaltung wird durch den auf Verbrauchermessen spezialisierten Organisator „F2F Events“ ausgerichtet. Es scheint dabei allein um die Erfüllung des Kinderwunsches von Menschen zu gehen, ohne die Grenzen der geltenden Rechtslage zu respektieren oder gar eine Auseinandersetzung mit ethischen Aspekten zu wagen.

Bedenklich ist auch, dass mit Frau Dr. Petra Thorn ein Mitglied des Deutschen Ethikrates als vermeintliche Expertin zum Beratungsausschuss der Veranstaltung gehört. Erst im März 2016 veröffentlichte der Deutsche Ethikrat eine Stellungnahme zur Embryonenspende/-adoption, in der er auf die Unvereinbarkeit der Eizellspende mit dem Embryonenschutzgesetz verweist.