Archiv für den Monat: September 2015

BGH: Wenn ein Mann in die Zeugung eines Kindes mit Samenspende einwilligt, ist er unterhaltsverpflichtet

Ein weiterer Samenspende-Fall hat heute den Bundesgerichtshof (BGH), Deutschland höchstes Gericht in Zivilsachen, beschäftigt. Ein siebenjähriges durch Samenspende gezeugtes Mädchen wurden gegen den ehemaligen Lebensgefährten ihrer Mutter Unterhaltsansprüche zugesprochen, weil er in die Samenspende eingewilligt hat (Pressemitteilung des BGH, Artikel in der FAZ).

Der Fall ist etwas atypisch: die Samenspende erfolge bei einem Hausarzt,  der Wunschvater besorgte die Samenspende selbst und vermerkte nur auf einem seitens des Hausarztes vorgelegten „Notfall-/Vertretungsschein“ handschriftlich: „Hiermit erkläre ich, dass ich für alle Folgen einer eventuell eintretenden Schwangerschaft aufkommen werde und die Verantwortung übernehmen werde!“

Der Fall zeigt eine weitere Rechtslücke bei Samenspenden auf. Sind die Wunscheltern verheiratet, gilt der Ehemann nach § 1592 Nr. 1 als Vater. Die Vaterschaft kann er bei einer Einwilligung in die Samenspende nicht anfechten (§ 1600 Absatz 5 BGB). Sind die Eltern aber nicht verheiratet, muss der Mann die Vaterschaft anerkennen. Das ist vor der Geburt möglich, aber nicht vor der Zeugung des Kindes (§ 1594 Absatz 4 BGB) – und damit auch nicht zeitgleich zur Einwilligung in die Samenspende. Überlegt es sich der Wunschvater also nach Zeugung des Kindes durch Samenspende anders und erkennt die Vaterschaft nicht an, hat das Kind keinen rechtlichen Vater – und damit auch keinen direkt Unterhaltsverpflichteten.

Der BGH hat die Einwilligung in die Samenspende nun gleichzeitig als Vertrag zu Gunsten des Kindes gewertet, aus dem sich für den Mann gegenüber dem Kind die Pflicht ergibt, wie ein rechtlicher Vater für dessen Unterhalt zu sorgen. Für die Einwilligung in die Samenspende bestehe kein Zwang zu einer besonderen Form.

Es ist positiv, dass der Bundesgerichtshof diese Lücke nun halbwegs geschlossen hat. Eine völlige Gleichberechtigung zu in eine Ehe hineingeborene Kinder wird damit aber nicht erreicht, denn das Kind wird nicht erbberechtigt sein. Und leider ist es ein weiterer Beispielsfall dafür, dass manche Menschen zu leichtfertig in eine Samenspende einwilligen, ohne die psychosozialen Herausforderungen zu sehen. Leidtragende ist vor allem das siebenjährige Mädchen das vom Wunschvater doch nicht so gewollt war, vermutlich ohne Vater aufwächst und mehrere Jahre keinen Unterhalt erhielt. Hoffentlich wird es einmal herausfinden können, wer der Samenspender war – Anspruchsgegner wird hier erneut der Wunschvater sein.

Der Gesetzgeber sollte daher endlich Samenspenden umfassend regeln (bis nächstes Jahr tagt noch der Arbeitskreis Abstammung, der hierzu Vorschläge machen soll). Dieser Fall zeigt, dass zu einer solchen Regelung unbedingt die Möglichkeit einer präkonzeptionellen Anerkennung bei Samenspende gehören, eine verpflichtende Beratung der Wunscheltern vor einer Samenspende sowie dass nur speziell für Samenspende zugelassene Ärzte diese durchführen können.

Kevin Staudt bei DRadio Wissen am 22. September 2015

Spenderkinder-Mitglied Kevin Staudt war am 22. September 2015 zu Gast in der Redaktionskonferenz von Deutschlandradio Wissen unter dem Titel „Samenspende – mein Sperma – dein Kind“. Im Interview mit Moderator Thilo Jahn berichtete Kevin von seiner kürzlich gestarteten Suchaktion nach seinem Spender, unter anderem mit Hilfe seines eigens dafür geschriebenen Songs „novum“, der über Youtube und Facebook verbreitet wird.

Gefragt nach seiner Motivation zur Suche, die von außen betrachtet ziemlich viel Aufwand bei sehr geringer Erfolgswahrscheinlichkeit bedeutet, erklärt Kevin: „Ungewissheit“ – „so lange ich lebe, werde ich mich fragen, wo ich herkomme.“ Kevin sagt auch, er wisse, dass er nichts erwarten könne, habe die Hoffnung aber noch nicht aufgegeben.

Diese Haltung teilt Kevin mit vielen Spenderkindern, die sich trotz minimaler Erfolgschancen auf die Suche begeben. Weil das mit Anstrengungen verbunden ist, kommt von Außenstehenden häufig die Frage nach Kriterien für einen Abschluss der Suche, oder die Idee, sich doch mit der Ungewissheit abzufinden. Nach diesem Interview ist hoffentlich etwas deutlicher geworden, dass all die suchenden Spenderkinder viel Stärke, Kreativität und Hoffnung mitbringen, auch wenn sie ihre Suche ihr Leben lang begleiten wird und dass Resignation keine wünschenswerte Alternative ist. Sicherlich gibt es Zeiten, in denen das Thema mal mehr und mal weniger präsent ist und die Suche mal aktiver und mal passiver verfolgt wird. Aber auch wenn es manchmal den Anschein hat, sind wir nicht auf der Suche nach Phantomen, sondern leibhaftigen Menschen, die irgendwo noch andere Spuren als uns hinterlassen haben.

Artikel in der SZ: Das Rätsel ihres Lebens

In der Süddeutschen Zeitung Online ist gestern der Artikel „Kinder von Samenspendern – Das Rätsel ihres Lebens“ erschienen, in dem Spenderkinder-Mitglieder Jule und Elisa ihre Geschichte erzählen sowie ihre Vermutung, dass sie Halbeschwestern sind. Die beiden haben sich über unseren Verein kennengelernt und stammen aus der Praxis von Herrn Dr. Kupka in Düsseldorf, der inzwischen verstorben ist.

Song „novum“ – eine Antwort an Samenbanken auf der ganzen Welt, die sich weigern, Spenderkinder über deren Herkunft zu informieren

Spenderkinder-Mitglied Kevin hat vor zwei Tagen seine neue Single ’novum‘ veröffentlicht. In dem Song, der nach der Klinik benannt ist, in der Kevin gezeugt wurde, schildert er seine Gefühle über den unbekannten genetischen Vater und die Ohnmachtsgefühle aufgrund dieses Nichtwissens. Es ist ein wunderschönes Lied, und Kevin hat eine unglaublich tolle Stimme.

Gleichzeitig hat Kevin eine Online-Suchaktion gestartet, um seinen Spender zu finden. Bitte teilt sein Suchvideo auf Youtube, damit er auf diesem Weg vielleicht Informationen über seinen Spender findet. Als kleines Dankeschön bietet Kevin allen, die seinen Appell über facebook oder andere sozialen Netzwerke teilen und ihm davon über facebook einen screenshot schicken, ’novum‘ kostenlos als MP3 or WAV an. Und was sehr berührend ist: unter beiden Videos finden sich sehr viele unterstützende Botschaften für Kevin.

Hier die Lyrics zu ’novum‘:

Verse 1:
Undercover for so long,
what have i become?
Empty, desolate I waste away in the bitterness.
In the broken dreams
in which i always seek my identity
that you stole from me.
What a nice design, Dr. Frankenstein!
Indeterminate, unidentified.

Pre-Chorus 1:
Strangers for so long.
Tell me where I belong.

Chorus 1:
I’m not gonna fall in line! (Who are you to own us all?)
No I’m not gonna waive this right! (Always wondering what if i knew…)
What if I knew…

Verse 2:
I’ve tried to let it go
but it numbs me not to know.
Yeah it numbs me! It haunts me!
In the mirrors! In the diaries!
All the compliments, the accomplishments
never weighed as much as the silence…

Pre-Chorus 2:
…of uncertainty for so long, but i will hold on.

Repeat Chorus 1

Bridge:
Who you really were – so familiar.
To look into the eyes that look just like mine…

Chorus 2:
No I’m… I’m gonna chase this light! (all the way until the end!)
I’m… I’m gonna win this fight! (no more wondering what if I knew)
What if I knew (the truth)

 

Rezension Abstammungsrecht 2.0

Vor einigen Wochen ist die juristische Doktorarbeit „Abstammungsrecht 2.0 – ein rechtsvergleichender Reformvorschlag vor dem Hintergrund der Methoden der künstlichen Befruchtung“ von Marc Alexander Voigt erschienen.1 Auf 274 Seiten wird ein „interessengerechten Lösungsansatz“ im Abstammungsrecht für Samen-, Eizell- und Embryonenspende und Leihmutterschaft diskutiert. Zusammengefasst sieht der Autor nur punktuellen Änderungsbedarf im Abstammungsrecht zur Berücksichtigung von Reproduktionstechnologien und schlägt auch immer gleich eine entsprechende Formulierung vor.

Zusammenfassung der geforderten Änderungen im Abstammungsrecht

Bei Samenspenden sind außer der Normierung eines Auskunftsanspruchs des Kindes die wichtigsten im Übrigen geforderten Änderungen die Möglichkeit der präkonzeptionellen Anerkennung durch den Wunschvater (momentan erst ab Zeugung möglich), um zu verhindern dass ein nicht mit der Mutter verheirateter Mann das Kind nach der Samenspende abredewidrig nicht anerkennt. Durch Reproduktionsmedizin gezeugte Menschen sollen außerdem einen Anspruch auf Klärung der Abstammung gegenüber dem potentiellen genetischen Elternteil erhalten. Momentan beinhaltet § 1598a BGB nur einen Anspruch auf Einholung eines Abstammungsgutachtens gegen die rechtlichen Eltern.

Im Fall einer Eizellspende wird das Kind der Wunschmutter bereits jetzt über § 1591 BGB erreicht, wonach Mutter eines Kindes immer die Frau ist, die es zur Welt gebracht hat. Als Änderung sollte das mit Eizellspende gezeugte Kind ein Recht zur Anfechtung der Mutterschaft und Feststellung der Eizellspenderin als genetischer Mutter erhalten.

Bei einer Leihmutterschaft, bei der die Wunschmutter auch genetische Mutter ist, soll das Kind wie bisher primär der Leihmutter zugeordnet werden. Die Wunschmutter soll die Mutterschaft nur anfechten können, wenn die Beteiligten der Anfechtung zustimmen. Das würde verhindern, dass einer Leihmutter gegen ihren Willen das Kind weggenommen werden kann, um den geschlossenen Vertrag zu erfüllen. Allerdings soll das Kind in diesem Fall ein Recht zur Anfechtung der Mutterschaft und zur Auskunft über die genetische Mutter haben. Bei einer Zuordnung zu den Wunscheltern soll das Kind einen Anspruch auf Nennung der Identität der Leihmutter haben.

Keinen Reformbedarf sieht der Autor bei der Ersatzmutterschaft, bei der die Wunschmutter mit dem Kind nicht genetisch verwandt ist. Hier soll die Mutter wie bislang auf die Erlangung der Elternstellung über Adoption verwiesen werden bzw. der Vater auf die allgemeinen Regeln des Abstammungsrechts.

Kritik

Die geforderten Änderungen des Abstammungsrechts sind aus meiner Sicht tatsächlich interessengerecht, insbesondere weil sie das Recht des Kindes berücksichtigen, die Zuordnung zu einem nicht genetischen Elternteil anfechten zu können sowie Auskunft über den genetischen Elternteil oder die austragende Mutter zu erhalten. Die Darstellung der derzeitigen Rechtslage ist stringent und angenehm kurz gefasst. Je nach Regelungsgegenstand wird Rechtsvergleich mit anderen europäischen Staaten vorgenommen, die Ergebnisse aber stets einer kritischer Betrachtung der Übertragungsmöglichkeit ins deutsche Recht unterzogen. Positiv ist auch, dass der Autor zahlreiche psychologische Studien zur Situation von durch Reproduktionsmedizin gezeugten Menschen und ihren Familien in seine Darstellung einbezieht. Damit gelingt ihm eine vielschichtige Darstellung der Interessenlagen der Beteiligten. So wird zum Beispiel darauf hingewiesen, dass Spender teilweise Interesse an den durch sie gezeugten Kindern zeigen oder dass das Verbot von anonymen Samenspenden nicht zu einem Absinken der Spenderzahl führt.

Der Autor beweist bei einigen Fragen einen deutlichen Willen zu einer eigenen Position und stellt sich gegen die derzeitige vorherrschende juristische Meinung. Das zeigt sich besonders deutlich an der Diskussion um das Recht eines mit Samenspende gezeugten Kindes, die Vaterschaft seines rechtlich-sozialen Vaters anzufechten. Hier bezieht der Autor mit einer umfassenden eigenen Prüfung Stellung, dass der oft geforderte Ausschluss des Rechts zur Vaterschaftsanfechtung nicht mit den Rechten des Kindes zu vereinbaren sei. Er bemerkt sehr richtig, dass eine solche Statusbestandsgarantie für den rechtlich-sozialen Vater auf Kosten des Kindes gehen würde, dem jegliches Recht abgesprochen würde, seine rechtliche, wahrheitswidrige Zuordnung ändern zu lassen – ein Recht, das jedem natürlich gezeugten Kind ohne weiteres zusteht. Damit würden die Rechte des künstlich gezeugten Kindes gänzlich den Interessen der Eltern untergeordnet. Den oft gezogenen Vergleich zur Adoption lehnt er ab, weil diese auf einer gerichtlichen Entscheidung und einer Kindeswohlprüfung beruht. Nicht richtig ist in diesem Zusammenhang jedoch der vom Autor erweckte Eindruck, dass Vaterschaftsanfechtungen nicht vorkommen würden. In unserem Verein gibt es einige wenige Fälle, in denen Spenderkinder die Vaterschaft ihres rechtlichen Vaters erfolgreich angefochten wurde. Die Urteile wurden allerdings nicht veröffentlicht, da sie von der rechtlichen Seite her wenig interessant sind.

Ähnlich unabhängig bezieht der Autor zu der ebenfalls oft erhobenen Forderung Stellung, die Feststellung des Samenspenders als Vater des Kindes auszuschließen.2 Hier weist er auf das Recht hin, die genetische Vater-Kind Beziehung abbilden zu lassen, insbesondere da dem Kind die Umstände seiner Zeugung nicht zur Last gelegt werden könnten. Auch sei es inkonsequent, den Spender von jeglicher Verantwortlichkeit für das Kind zu befreien.

Komme ich zu den Punkten, die mir nicht so gut gefallen:

Am Anfang der Kapitel zu Eizellspenden, Leih- und Ersatzmutterschaft plädiert der Autor jeweils für die nicht-kommerzielle Zulassung der Verfahren.3 Dafür verwendet er fast ausschließlich Argumente der Befürworter von Reproduktionsmedizin – dass angeblich keine psychischen Schäden bei den Kinder entstehen, dass die Spenderinnen und Leihmütter selbst entscheiden müssten, ob sie ihre Gesundheit gefährden möchten, und es auch viele altruistische Spenderinnnen und Leihmütter gäbe. Hier fehlt eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Gegenargumenten – und bei der Leihmutterschaft insbesondere mit der Frage, ob sie das Kind nicht zum Handelsobjekt macht und damit gegen seine grundrechtlich geschützte Würde verstößt. Bei der Würde des Menschen handelt es sich um einen objektiven, unverfügbaren Wert, auf dessen Beachtung der einzelne nicht wirksam verzichten kann und zu dessen Schutz der Staat verpflichtet ist.4 Dagegen nur einzuwenden, dass das Kind ansonsten nicht existieren würde und schon deswegen seine Würde nicht verletzt werden könne, ist ein Argument, mit dem man auch Klonen rechtfertigen könnte. Es übersieht auch, dass nicht die Zeugung an sich die Würde verletzt, sondern die dieser vorhergehende und zugrundeliegende Absprache, das Kind nach der Geburt abzugeben, womit es zum Objekt gemacht wird.

Die Plädoyers für die Zulassung der Verfahren sind aber auch unnötig, weil der Autor am Anfang der Arbeit richtigerweise argumentiert, dass die Frage der Zulassung nichts mit der abstammungsrechtlichen Frage zu tun habe. Der Raum, den diese Ausführungen einnehmen, fehlt an anderer Stelle: der Beschränkung auf heterosexuelle Paarbeziehungen. Zwar hat der Autor wohl Recht, wenn er anführt, dass bei Befruchtungen in homosexuellen Paarbeziehungen völlig neue Probleme aufwirft. Aber angesichts der fast erreichten rechtlichen Gleichstellung von homosexuellen Partnerschaften kann man schlecht eine Neugestaltung des Abstammungsrechts vorschlagen, ohne die Auswirkungen auf homosexuelle Partnerschaften und ihren Familien zumindest zu diskutieren.

Auch an anderer Stelle wird die Arbeit der am Anfang geäußerten Intention, insbesondere die Interessen der mit Reproduktionsmedizin gezeugten Kinder zu berücksichtigen, aus meiner Sicht nicht immer ganz gerecht. Der Aussage, dass eine Dokumentation durch eine zentrale Behörde oder zumindest den behandelnden Arzt einem Vermerk im Geburtenbuch vorzuziehen sei, kann angesichts der immer noch niedrigen Aufklärungsquote von Spenderkindern und den häufig auftretenden Problemen bei der Dokumentation durch Ärzte nicht nachvollzogen werden. Für den Anspruch von durch Samenspende gezeugten Menschen auf Kenntnis ihrer Abstammung favorisiert der Autor stattdessen ein Modell, wonach der Spender der Bekanntgabe seiner Daten gegenüber dem Kind widersprechen kann, woraufhin der Arzt (oder ein Register) dann eine gerichtlich überprüfbare Interessenabwägung trifft. Der einzige Vorteil im Vergleich zur jetzigen Rechtslage wäre, dass es einen gesetzlich normierten Anspruch gibt.

Die Annahme, dass die Interessen der Eltern und des Spenders durch die Möglichkeit zum Widerspruch berücksichtigt werden müssen, ist meines Erachtens so nicht zutreffend. Der Autor begründet sie mit der Rechtsprechung über Auskunftsansprüche aus den Generalklauseln des §§ 242 und 1618 BGB sowie mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Auskunftsanspruch gegen die Mutter auf Nennung des genetischen Vaters. Gerade bei letzterer ist jedoch die Intimsphäre der Mutter betroffen – was bei dem Auskunftsanspruch gegen den Arzt zu einer künstlichen Befruchtung, auf die sich die Beteiligten bewusst eingelassen haben, wohl eher nicht der Fall ist. Der BGH lehnt außerdem in seinem Urteil vom Januar 2015 ein schützenswertes Interesse der Eltern ab, dass ein Kind, das bereits von seiner Zeugung durch Samenspende weiß, nicht die Personalien des Spenders erfährt. Deswegen ist überhaupt nicht ersichtlich, weswegen der Autor den Eltern ein Widerspruchsrecht zugestehen möchte. Nicht bedacht wird, dass der Gesetzgeber möglicherweise durch einen ausdrücklichen Auskunftsanspruch eine Interessenabwägung vorweg nehmen kann. Dafür würde zum Beispiel sprechen, dass in der Diskussion bislang kein Interesse des Spenders genannt wurde, bei dem man annehmen kann, dass es das Interesse des Kindes an Kenntnis der Abstammung überwiegen würden.

Zuletzt wäre es an einigen Stellen notwendig gewesen, die von Ärzten genannten Zahlen und rechtlichen Ansichten etwas kritischer zu hinterfragen – insbesondere bei dem Kapitel über die praktischen Probleme des Auskunftsanspruchs wird ein von einem Arzt verfasster Artikel mehrfach zitiert, der spätestens durch die Urteile des OLG Hamm vom Februar 2013 und des BGH vom Januar 2015 überholt sein dürfte.

Alles in allem handelt es sich aber um ein interessantes und engagiertes Buch, dem zu wünschen ist, dass es auch unter den Mitgliedern des Arbeitskreises Abstammung Leserinnen und Leser findet.

  1. Marc Alexander Voigt, Abstammungsrecht 2.0 – ein rechtsvergleichender Reformvorschlag vor dem Hintergrund der Methoden der künstlichen Befruchtung, Peter Lang Verlag 2015, ISBN 978-3-631-66363-9. []
  2. In dem Zusammenhang werden die Forderungen unseres Vereins auf S. 116 etwas missverständlich wiedergegeben: wir schlagen einen Ausschluss von Unterhalts- und Erbansprüchen des Kindes gegenüber dem Samenspender vor, nicht aber einen Ausschluss der Möglichkeit, den Samenspender als Vater feststellen zu lassen. []
  3. Interessant ist aber, dass er in dem Zusammenhang auf Großbritannien hinweist, wo nur nicht-kommerzielle Leihmutterschaft erlaubt ist, aber der Leihmutter eine Aufwandsentschädigung gezahlt wird. Bei der Bezifferung der Aufwandsentschädigung fällt allerdings auf, dass diese mit 10.000-15.000 Euro fast genauso hoch ist wie die übliche Bezahlung einer US-amerikanischen Leihmutter, wo kommerzielle Leihmutterschaft in einigen Staaten erlaubt ist. Ein solcher Betrag dürfte zumindest für Frauen mit keinem oder nur einem geringen Erwerbseinkommen einen hohen Anreiz ausüben. []
  4. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 15.12.1981 – 1 C 232/79 (Münster) = NJW 1982, 664 (Peep-Show); Verwaltungsgericht Neustadt, Beschluss vom 21.05.1992 – 7 L 1271/92 = NVwZ 1993, 98 (Zwergenweitwurf). []